Blick aus dem Fenster in Ekbatan (Foto: SWR)

Messenger-Austausch zwischen Teheran und Mannheim

Einblicke aus Iran: Eine Sprachnachricht aus Ekbatan

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AUTOR/IN
Martina Senghas
Patrick Figaj
Natalie Akbari

Seit dem Tod von Mahsa Amini reißen die Unruhen und Proteste in Iran nicht ab. Täglich Bilder der Gewalt und der Wut. Der Mannheimer Künstler Mehrdad Zaeri steht in Kontakt mit einer iranischen Schriftstellerin. Ihre Schilderungen geben einen unverstellten Einblick.

Seit rund sechs Wochen gehen die Menschen auf die Straße: Sie stellen sich offen gegen die iranische Regierung und riskieren damit ihr Leben. Dem SWR ist ein Audio-Dokument zur Verfügung gestellt worden. Eines, in dem eine Teheraner Schriftstellerin und Journalistin ihren Alltag beschreibt. Sie tut das gegenüber dem Künstler und Illustrator Mehrdad Zaeri, dessen Eltern mit ihm und seinen Geschwistern in den 1970er Jahren aus dem Iran geflohen sind.

Mehrdad Zaeri hat in Heidelberg seine Jugend verbracht, er lebt derzeit in Mannheim und ist über soziale Netzwerke mit zahlreichen Menschen in Iran in Kontakt.

Er und seine Schwester Mehrnoush Zaeri- Esfahani, die die Übersetzung spricht, haben die Audio-Datei zur Verfügung gestellt, die hier in übersetzter und leicht gekürzter Form vorliegt. Sie ist zum besseren Verständnis redaktionell moderiert.

"Die Fahrer pressen ihre Hand unablässig auf die Hupe. Das ist eine Protestform, die man zurzeit überall in Iran sehen kann."

Der Stadtteil Ekbatan - Ruhelose Blicke aus dem Fenster

Immer wieder ist es der Blick aus dem Fenster des Stadtteils Ekbatan, mit dem Shirani* das Geschehen um sie herum verfolgt. Ekbatan ist ein fast schon modern anmutender Stadtteil in Teheran, im Westen der Stadt. Bekannt auch für junge Rapper, die dort über die Musik in der Vergangenheit ihre Erlebnisse verarbeiten.

"Draußen skandieren sie ihre Parolen. Laden die Bewohner ein, sich anzuschließen."

Mehrdad Zaeri erreichte Shirani über Tage nicht. Damit ging es ihm wie vielen, die in den vergangenen Wochen versucht haben, Bekannte, Freunde in Iran zu sprechen. Um mehr über die Situation zu erfahren. Den Protest, den Alltag. Die Sicherheitslage.

Proteste und Flammen in Teheran

So schwer es ist, sichere, eindeutige - auch verifizierte Nachrichten aus dem Iran zu bekommen, so aufschlussreich können Berichte von Menschen sein, die direkt aus ihrem Umfeld erzählen. Nicht immer, nicht in jedem Satz direkt und unmittelbar nachvollziehbar. Manchmal sind es Sätze, die fast lyrisch anmuten - dafür aber mit umso klarerer und deutlicher Botschaft: Es gibt eine große Sehnsucht nach Veränderung. Nicht zum ersten Mal.

"Draußen ist es finster. Hier und da flackern Lichtnebel im Himmel. Ich schließe das Fenster, um meine Katze vor dem Tränengas zu schützen."

Shiranis Beschreibungen geben ein Gefühl, wie die Protest-Nächte von Teheran wirken. Die Gegensätze von moderner Jugend und Sittenpolizei. Aber auch die Ängste und Sorgen, die immer wieder mitschwingen. Jeder Satz wird auch mit der eigenen Sozialisation reflektiert. Dem Erlebten aus den vergangenen Jahren. Jahrzehnten.

"Es ist halb zehn. Die Nacht beginnt zu explodieren. Sie gehen auf die Straße, einer nach dem anderen. Sie verhüllen ihre Gesichter mit den dünnen Schals, die Zigarettenschachteln stecken in den Taschen der schwarzen Jeans. Niemand spricht."

Am Ende ist es eine Stimme. Die nicht für alle stehen kann. Aber vielleicht ein Gefühl dafür vermittelt, wie viele sich Ende Oktober 2022 in Teheran, in der Hauptstadt von Iran fühlen. Was sie denken. Und welche Hoffnungen sie in sich tragen.

*Shirani: Der Name der Frau ist geändert.

Rhein-Neckar

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