Das Landeskriminalamt in Stuttgart (LKA), das die Ermittlungen in diesem Fall übernommen hat, teilte auf SWR-Anfrage am Dienstag mit, zentraler Bestandteil der Ermittlungen sei die Rekonstruktion des gesamten Ablaufs, vor allem die Anwendung des unmittelbaren Zwangs der Polizeibeamten und der Gesundheitszustand des Mannes, der nach dem Polizeieinsatz am Mannheimer Marktplatz im Krankenhaus starb.
Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen des Einsatzes in Mannheim
Am Dienstagnachmittag teilte das LKA mit, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim ein Ermittlungsverfahren gegen die beiden beteiligten Polizeibeamten des Polizeipräsidiums Mannheim wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge eingeleitet hat.
ZI-Arzt hatte Polizei in Mannheim alarmiert
Laut LKA ist der Mann am Montagmittag von zwei Polizeibeamten überprüft worden. Zuvor hatte demnach ein Arzt des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) die Polizei alarmiert, weil ein ZI-Patient möglicherweise Hilfe brauche. Dabei handelte es sich um den 47-Jährigen.
Mann leistete Widerstand und brach zusammen
Zwei Beamte und der Arzt machten sich auf die Suche nach dem Mann, bis sie ihn in der Mannheimer Innenstadt entdeckten. Als die Polizisten den Mann kontrollieren wollten, habe er Widerstand geleistet, sei von den Beamten überwältigt worden und plötzlich leblos zusammengebrochen. In den sozialen Netzwerken im Internet kursierten später Videos, auf denen zu sehen sein soll, wie ein Beamter auf den Kopf des Mannes einschlägt. Die Polizei Mannheim twitterte dazu am Dienstag: "Natürlich werden LKA und Staatsanwaltschaft auch die diversen Videos zu den weiteren Ermittlungen heranziehen."
Im sozialen Netzwerk Facebook rief die Polizei Zeuginnen und Zeugen dazu auf, sich zu melden:
"Wenn Ihr aber vor Ort wart oder gar das Geschehene gefilmt habt: Zeugenhinweise nimmt das LKA BW unter der Telefonnummer 0800-503 503 533 entgegen. Videos können über das Hinweisportal der Polizei Baden-Württemberg unter https://bw.hinweisportal.de/ übermittelt werden."
Polizei wendete "einfache körperliche Gewalt" an - Todesursache unklar
Laut LKA haben die beiden Polizisten unmittelbaren Zwang oder "einfache körperliche Gewalt" angewandt, um den 47-Jährigen unter Kontrolle zu bringen, also körperliche Gewalt ohne Hilfsmittel oder Waffen. Details dazu nannten Staatsanwaltschaft und LKA nicht. Warum der Mann plötzlich zusammenbrach, war nach ersten Erkenntnissen unklar. Nach verlässlichen SWR-Informationen war der Mann seit 20 Jahren wegen Angstzuständen in Behandlung, ein Verwandter beschreibt ihn als gutmütigen Menschen. Der Mann ist laut Polizei Deutscher mit kroatischem Migrationshintergrund.
Mann stirbt in Krankenhaus, Leiche soll laut LKA bald obduziert werden
Der 47-Jährige sei, so ein LKA-Sprecher, von den Beamten und dem ebenfalls anwesenden Arzt des ZI wiederbelebt worden. Herbeigerufene Rettungskräfte versorgten den bewusstlosen Mann und brachten ihn ins Mannheimer Uniklinikum. Dort sei der Mann dann gestorben. Die Leiche des Mannes soll am Mittwoch obduziert werden. Mit ersten Ergebnissen rechnet das Landeskriminalamt Baden-Württemberg Ende der Woche. Es sei ein "besonderer Fall", sagte ein Sprecher.

Video kursiert im Netz - Demonstrierende fordern Klarheit
Nach dem Vorfall kamen nach Angaben eines Polizeisprechers am Montagabend rund 100 bis 150 Menschen auf dem Marktplatz in der Mannheimer Innenstadt zusammen. Die Demonstrierenden warfen der Polizei auf Schildern rassistische Gewalt vor. Linke Gruppen forderten in sozialen Medien Aufklärung. In einem Video, das im Internet kursierte und das den Vorfall zeigen soll, ist zu sehen, wie ein Polizist Schlagbewegungen an einem am Boden liegenden Mann verübt.
Weitere Demonstrationen in Mannheim und Heidelberg
Auch am Dienstagabend versammelten sich in Mannheim erneut einige Demonstrierende. Laut Polizei waren es 150 Menschen, die gegen Polizeigewalt protestieren wollten. Aufgerufen dazu hatte die Studierendenschaft in Mannheim. In Heidelberg kamen gar 400 Menschen auf Einladung der lokalen Antifaschistischen Initiative zusammen. Sie gedachten dem 47-jährigen Verstorbenen und zogen durch Teile der Innenstadt.
Pressekonferenz der Polizei Mann stirbt nach Polizeikontrolle in Mannheim: Polizei prüft eingegangene Videos
Beim Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart sind mittlerweile rund 70 Videos zum Polizeieinsatz am Montag eingegangen, der für einen 47-Jährigen tödlich endete.
Am Dienstag nahm der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) zum Polizeieinsatz am Montag Stellung.
Kritik der Polizeigewerkschaft (GDP) an Hass- und Hetzbotschaften im Internet
Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) hat Hass- und Hetzbotschaften in den sozialen Medien scharf verurteilt. GdP-Landeschef Gundram Lottmann sagte am Dienstag, solche Reaktionen seien nicht nur völlig unangemessen, sondern auch menschenverachtend.

"Wir alle sind betroffen von dem traurigen Vorfall, vor allem die eingesetzten Beamten selbst. Derzeit ist weder die Todesursache bekannt, noch liegen konkrete Ermittlungsergebnisse vor."
Die Gewerkschaft forderte, von eventuellen Vorverurteilungen und Diffamierungen abzusehen. "Hass und Hetze im Internet, ebenso wie Gewaltandrohungen und Verunglimpfungen dürfen in unserer Gesellschaft keinen Raum bekommen."
Opfer laut LKA deutscher Staatsangehöriger
Im Netz wird heftig über Polizeigewalt und auch über die Nationalität des Verstorbenen debattiert. Das LKA schrieb auf Twitter: "Um Falschmeldungen vorzubeugen, es handelt sich bei dem Verstorbenen NICHT um einen türkischen Staatsbürger." Stattdessen sei das Opfer deutscher Staatsangehöriger. Die Nationalität des Mannes sei jedoch für die Ermittlungen irrelevant, so das LKA.