Über 800 Schülerinnen und Schüler gehen auf das Max-Born-Gymnasium in Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis). Unterrichtet werden sie von 76 Lehrkräften plus Studienreferendare. Damit ist die Schule "gut" aber nicht "sehr gut" versorgt, sagt Schulleiter Joachim Philipp. Vor allem in den Fächern Physik, Informatik und Kunst fehlen Lehrerinnen und Lehrer.
"[Der Lehrermangel] hat die Konsequenz, dass man ein Jahr mal kein Leistungsfach Informatik anbieten kann."
Lehrer appellieren: "Ich wünsche mir kleinere Klassen!"
Kurz nach der Corona-Hochphase mit Home-Schooling und den Problemen der Digitalisierung kommen nun neue Probleme hinzu: Die Klassen werden immer größer - auch durch Schulkinder, die in Folge des Krieges in der Ukraine in die Region gekommen sind. Für Klaus Oestreicher heißt das: Weniger Zeit für die einzelnen Schülerinnen und Schüler. Der Lehrer unterrichtet seit 15 Jahren die Fächer Mathematik und Physik am Gymnasium in Neckargemünd.
"Ich finde die Klassen zu groß. [...] Und es ist nicht so, dass da eine Änderung absehbar wäre [...]. Das macht es natürlich nicht attraktiver, da noch Lehrer zu werden."
Schüler wünschen sich mehr Unterstützung
Die Folgen des Lehrermangels für Schüler: Stundenausfall und vor allem weniger Betreuung. Das zeigt sich auch bei dieser Schülerin der Abschlussklasse:
"Vielleicht, dass man sich dann doch nicht meldet, weil man Angst hat, dass man mit der Zeit nicht mehr hinkommt und man den Unterricht aufhält."
Lehrermangel: Gewerkschaft GEW fordert unter anderem mehr Studienplätze
Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rhein-Neckar-Heidelberg (kurz GEW) sind vor allem sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (kurz SBBZ) und Grundschulen im ländlichen Bereich, wie etwa im Neckar-Odenwald-Kreis, stark vom Lehrermangel betroffen - und das fächerübergreifend. An den Gymnasien fehle es hingegen vor allem an Lehrern der sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Im Kampf gegen den Lehrermangel fordert der Vorsitzende der Gewerkschaft GEW Rhein-Neckar-Heidelberg, Frank Orthen, mehr Studienplätze und die Weiterbildung von Seiten- und Quereinsteigern, die nicht auf Lehramt studiert haben. Klassenzusammenlegungen und Hybrid-Unterricht in der Oberstufe seien keine Lösung.
PH Heidelberg ist bereit, mehr Studienplätze anzubieten
An der Pädagogischen Hochschule Heidelberg (PH Heidelberg) studieren im Wintersemester 2022/2023 über 3.800 Studierende einen lehramtsbezogenen Studiengang. Nach Angaben der Rektorin, Karin Vach, sind damit alle Studienplätze belegt.
"Wir haben derzeit Lehrkräftemangel. Und da sind wir als pädagogische Hochschule gefragt, hier auch zur Lösung des Problems beizutragen."
Die PH Heidelberg sei grundsätzlich dazu bereit, mehr Studierende aufzunehmen. Dazu brauche es aber entsprechende Ressourcen. Die eigentliche Anzahl an Studienplätzen wird bedarfsabhängig und entsprechend der finanziellen Möglichkeiten vom Regierungspräsidum, Kultus- und Wissenschaftsministerium festgelegt, so Karin Vach.
In Zukunft möchte die PH Heidelberg auch Konzepte und Fortbildungen für Quer- und Seiteneinsteiger gestalten. Das könne allerdings nur in Absprache mit den Ministerien gelingen.