Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, betonte, das Archiv verwahre das Gedächtnis der Jüdischen Gemeinden und sei daher ein großer Schatz.

"Ein solches Archiv ist von zentraler Bedeutung, um sich der eigenen Vergangenheit zu vergewissern. Gleichzeitig steht es allen Nichtjuden offen, um mehr über jüdisches Leben zu erfahren."
Denn fast immer führe "mangelndes Wissen gerade über eine Minderheit zu gefährlichen Vorurteilen." Das Archiv ist eine Einrichtung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das Bundesinnenministerium trägt die Kosten der Einrichtung mit jährlich rund 900.000 Euro.
Theresia Bauer: Jüdische Kultur in Deutschland sichern
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sagte, die Neueröffnung trage dazu bei, die jüdische Kultur in Deutschland für die Zukunft zu sichern. Das Archiv sei von unschätzbarem Wert. Nur wer wisse, woher er komme, könne auch darüber nachdenken, wer er künftig sein wolle.
"Ich bin davon überzeugt, dass das Zentralarchiv auch der Ort ist, an dem in Zukunft weiteres Wachstum jüdischen Lebens dokumentiert werden wird."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der ebenfalls erwartet worden war, hatte wegen anderer Verpflichtungen seine Teilnahme abgesagt.
Spannende Dokumente der jüdischen Geschichte in Deutschland
Seit Anfang des Jahres hat das Zentralarchiv, das zuvor in verschiedenen Außenstellen untergebracht war, seinen Sitz in einer ehemaligen Tabakfabrik in der Nähe des Heidelberger Hauptbahnhofes.

Das Archiv enthält Akten und Aufzeichnungen jüdischer Bürger ab 1945 sowie Literatur über das Judentum in Deutschland, außerdem Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus und dem Holocaust. Protokolle von Vorstandssitzungen, alte Handwerkerrechnungen, Familiennachlässe und Baupläne bilden jüdisches Gemeindeleben in der deutschen Nachkriegszeit ab.
"Wie hat man aus dem Nichts wieder jüdisches Leben in Deutschland entwickeln können - das spiegelt sich in den Beständen dieser Einrichtung."
SWR-Reporter Eberhard Reuß über das Archiv und seinen Leiter, Ittai Joseph Tamari:
Neben der Geschichte der Juden im Kraichgau finden sich in dem Archiv Sammlungen Frankfurter Juden sowie Berichte von Holocaust-Überlebenden, die in den ersten Nachkriegsjahren in Polen aufgezeichnet wurden.
Von dem früheren Indienkorrespondenten der "Süddeutschen Zeitung", Peter Sichrovsky, sind Manuskripte, Rezensionen und Leserbriefe zum Leben junger Juden in Deutschland archiviert.

Für das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat erinnerte Staatssekretärin Anne Katrin Bohle bei dem Festakt daran, dass bis 1933 ein Drittel aller Nobelpreisträger Juden gewesen seien.
"Dieser Esprit wurde mit den Nationalsozialisten ausgelöscht."
In dem Archiv finde sich dieses "blühende, intellektuelle Leben" wieder, sagte die Staatssekretärin. Insgesamt umfasst die Sammlung nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland mehr als 2.300 Regalmeter Kartons.
Aufbau digitaler Datenbank zum Austausch geplant
Neben der Sammlung von Dokumenten ist in dem Zentralarchiv auch der Aufbau einer digitalen Datenbank zur Erweiterung des weltweiten Austauschs mit anderen Archiven geplant. Der Präsident des Bundesarchivs, Michael Hollmann, sagte seine Unterstützung zu.
"Archive benötigen einen langen Atem und man richtet sie nur ein, wenn man bleiben will. Insofern danke ich dem Zentralrat sehr, dass Sie uns mit der Neueröffnung dieses wichtige Zeichen geben."
Weltweites Interesse am Bestand
Die Bestände des Archivs werden nach eigenen Angaben vor allem von Studenten für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Darüber hinaus gebe es Bitten um Akteneinsicht von Geschichtsvereinen, Museen, Familienforschern - zuletzt zunehmend auch aus den USA, so der Zentralrat der Juden in Deutschland in seiner Mitteilung.