SWR Aktuell: Wie bewerten Sie die Situation in der Mannheimer CDU?
Marc Debus: Das sind massive innerparteiliche Konflikte, die offenbar in Mannheim schon jahrelang bestehen und im Kontext dieser Mitgliederversammlung jetzt noch einmal hochgekocht sind. Parteien haben natürlich ein Interesse daran, nach außen hin möglichst einheitlich aufzutreten. Denn das erhöht die Kompetenz aus Sicht der Wählerschaft und steigert die Chancen, dass man bei Wahlen möglichst viele Stimmen gewinnen kann.
SWR Aktuell: Einheitlich wirkt die CDU in Mannheim nach außen nicht mehr?
Marc Debus: Sie wirkt komplett zerstritten, war es aber auch in den letzten Jahren schon. Daraus erklärt sich möglicherweise auch, warum Herr Löbel 2017 kein allzu gutes Erststimmenergebnis bekommen hat.
"Die Menschen bekommen natürlich mit, dass da tiefe Gräben innerhalb der Partei bestehen."
Die wenig transparente Vorgehensweise hilft wahrscheinlich auch nicht, diese Gräben schnell zuzuschütten.
Ohne Transparenz kein Neuanfang
SWR Aktuell: Was denken sie über das Verhalten der Partei nach den Ereignissen, die passiert sind?
Marc Debus: Es liegt ja ein entsprechendes Gutachten vor. Insofern versucht die CDU in Mannheim und auch der Landesverband, möglichst transparent vorzugehen. Da mögen auch andere Faktoren mit rein spielen, wie der Datenschutz, dass eben nicht alles preisgegeben werden kann. Aber allein die Tatsache, dass man bis nach Stuttgart fahren musste, um das Gutachten einzusehen und dass man eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben muss - das macht quasi diese Möglichkeit, massiv Transparenz zu schaffen, von vornherein zunichte.
SWR Aktuell: Der Rechenschaftsbericht war mangelhaft. Das Gutachten haben wir angesprochen. Trotzdem wurde der Vorstand ja entlastet. Wie kann das sein?
Marc Debus: Ein Ziel der Mannheimer CDU ist sicherlich, diese Krise rasch hinter sich zu lassen, auch weil bald wieder Wahlen anstehen. Da muss man als Partei einheitlich auftreten. Hierfür ist es natürlich zielführend, einen neuen Vorstand zu haben, der dieses Problem abarbeiten kann und will. Dafür war die Entlastung des Vorstandes nötig. Die Tatsache, dass der Vorstand entlastet wurde, deutet darauf hin, dass ein Großteil der Partei versuchen möchte, diese Problematik hinter sich zu lassen.
SWR Aktuell: Inwiefern erschüttert das, was jetzt bei der CDU Mannheim passiert, das demokratische Verständnis?
Marc Debus: Es wirft kein allzu tolles oder gutes Bild auf die Arbeit einer großen, relevanten politischen Partei. Auch der Umgang vor allen Dingen mit der Presse, der ja bundesweit Beachtung gefunden hat, wirft kein gutes Bild auf die Mannheimer CDU und mag natürlich auch dazu führen, dass sich manche Bürgerinnen und Bürgern von politischen Parteien insgesamt abwenden oder zumindest das Vertrauen in parteipolitische Akteure sinkt.
Nach Abbruch von SWR-TV-Schalte in Mannheim Hornung entschuldigt sich bei Partei und CDU-Fraktion im Gemeinderat
Nach der abgebrochenen Liveschalte des SWR hatte die Mannheimer CDU-Fraktion Hornung in einer schriftlichen Erklärung gebeten, sich zu entschuldigen. Bei Facebook schrieb er am Dienstag, dass für seine Partei ein Schaden entstanden sei.
SWR Aktuell: Ist es politisch klug, was die CDU da macht oder schadet sie sich selbst?
Marc Debus: Solange das Thema in den Medien und nicht komplett aufgearbeitet ist und die innerparteilichen Kritiker quasi bedient werden, solange wird das Thema die Union verfolgen und für die Öffentlichkeit von Interesse sein. Insofern wäre es eigentlich klug gewesen, sehr offensiv und sehr transparent dieses Thema anzugehen. Das hat in den letzten Wochen oder Monaten eigentlich nie stattgefunden, da es schwer oder sogar unmöglich, konkret über Inhalte des Gutachtens zu sprechen und dies dann auch konkret auf dem Parteitag der CDU in Mannheim zu thematisieren.
SWR Aktuell: Kann sich die CDU daraus jetzt noch einmal befreien?
Marc Debus: Wenn man überlegt, wie intensiv die Konflikte zwischen den einzelnen Fraktionen innerhalb der Partei geführt werden, wird es sicherlich eine Zeit lang dauern, so etwas wieder in den Griff zu bekommen. Das Ganze hat sehr wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Chancen der Mannheimer CDU bei Wahlen hier gut abzuschneiden.
Auswirkungen auf Landespartei?
SWR Aktuell: Ist das Alles denn einfach "nur" ein Mannheimer Thema oder auch landesweit relevant? Inwiefern sollte der Landesverband da jetzt eingreifen?
Marc Debus: Der Landesverband ist ja schon durchaus eingeschaltet, indem er ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das die Finanzen der Mannheimer CDU jeweils geprüft hat. Natürlich hat die CDU in Baden-Württemberg ein großes Interesse daran, dass einer ihrer nicht ganz unbedeutenden Kreisverbände, nämlich der der zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg, geordnet auftritt - weil auch die Landes-CDU indirekt von dem schlechten Image der Mannheimer CDU betroffen sein kann.
SWR Aktuell: Was hat es denn allgemein mit einem Rechenschaftsbericht auf sich?
Ein Rechenschaftsbericht wird von Vereinen oder Parteien vorgelegt, um über deren Aktivitäten und die finanziellen Aktivitäten in der jeweiligen Amtsperiode zu informieren. Auf dieser Grundlage stimmen die Mitglieder einer Partei oder eines Vereins darüber ab, ob man den Vorstand aufgrund seiner Tätigkeiten seines Umgangs mit den jeweiligen Mitteln entlasten kann. Wenn dies der Fall ist, dann ist der Vorstand und die entsprechenden Personen nicht mehr alleine verantwortlich für den Umgang.