Mückenjäger Kabs (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/ dpa/ dpa-Zentralbild/ Patrick Pleul)

Interview mit KABS-Direktor

Stechmückenjäger am Rhein: "Die Tigermücke ist ein Problem"

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Die Stechmückenjäger sind in der Region in die Saison gestartet. KABS-Direktor Dirk Reichle erklärt die Einsatzgebiete - und was er für den Sommer erwartet.


SWR Aktuell: Können wir uns alle heute Abend entspannt in den Garten, auf die Terrasse oder den Balkon setzen, ohne von Mücken gestochen zu werden?  

Dirk Reichle: Ja, das würde ich mal pauschal so sagen. Wir haben zu Beginn der Saison die Waldstechmücken in den Flächen abseits des Rheins bekämpft, das war Ende März. Als es dann nochmal in ersten Aprilhälfte starke Niederschläge gab, haben wir weitere erfolgreiche Bekämpfungsansätze gehabt. Im Mai gab es dann eine sehr kleine Welle, die nur lokal zu Überflutungen geführt hat. Da hatten wir Einsätze zu Fuß, aber nicht mehr mit dem Hubschrauber.  

Wo am Oberrhein schlüpfen denn aktuell die meisten Mücken aus ihren Eiern? Wo ist die KABS besonders massiv im Einsatz? 

Momentan an keiner Stelle. Das liegt daran, dass wir die letzten Wochen sehr trockene Verhältnisse hatten. Der Rheinpegel ist relativ niedrig. Wir haben jetzt über Pfingsten teilweise stärkere Niederschläge gehabt. Natürlich sind wir draußen, um die Flächen zu kontrollieren und herauszufinden, ob es lokal zu Flutungen der Brutstätten gekommen ist. Aber vom Rheinpegel her sieht es so aus, dass die Niederschläge keine Wirkung gezeigt haben. 

Wie stark ist denn zurzeit die Tigermücke in der Region hier entlang des Rheins vertreten? Die hat sich in den vergangenen Jahren ja mehr und mehr breitgemacht...

Ja, die Tigermücke ist ein Problem. Es gibt hier einige Bereiche am Oberrhein, wo auch im KABS-Gebiet Tigermücken bekämpft werden. Zum Beispiel in Germersheim, auf der Melm in Ludwigshafen, in Ketsch oder in Hockenheim. Und wir haben noch eine Population im Rheingau in Oestrich-Winkel.  

Wie sehr hat die KABS die Tigermücke im Moment im Griff? 

Die Bekämpfungsaktivitäten laufen teilweise schon ein, zwei Jahre - und sie laufen sehr gut an. Wir haben eigentlich in den Bereichen, wo wir im letzten Jahr zu Beginn der Saison Nachweise hatten, am Ende der Saison keine mehr gehabt. Bei den Tigermücken gibt es aber das Problem, dass sie oftmals passiv verschleppt werden. Das heißt, man hat ein sozusagen "sauberes“ Gebiet, in das die Tigermücke durch ein Auto oder ähnliches an eine andere Stelle transportiert wird und dort wieder Eier ablegt. Dann hat man ein angrenzendes Gebiet, wo man wieder Tigermücken nachweisen kann. Aber insgesamt hat es eigentlich sehr gut funktioniert die letzten Jahre. Jetzt sind wir am Anfang der Saison. Seit Mitte April sind wir zugange und informieren die Bürger in einzelnen Gemeinden mit Handwurfzetteln über unsere Aktionen. Wir stimmen uns auch mit den Kommunen und Gesundheitsämtern ab.

Sie sind zu Fuß und mit dem Helikopter im Einsatz. Wie gehen Sie konkret gegen die Mücken vor? 

Gegen die Tigermücken gehen wir natürlich zu Fuß vor, weil sie nur im Siedlungsbereich brüten. Bei den Überschwemmungsmücken gibt es vor jeder Bekämpfung eine intensive Kontrolle. Das fängt damit an, dass man den Pegel täglich überwacht. Wenn dann in einem Gebiet der Pegel so hoch steigt, dass die tiefstgelegenen Brutzellen betroffen sind, geht man raus. Wir haben am ganzen Oberrhein die Stechmückenbrutstätten in digitaler Form kartiert. Man geht raus und weiß dann anhand des Pegelstandes, welche Brutstätten betroffen sind. Dann kontrolliert man jede Brutstätte und nimmt dort zahlreiche Proben. Wenn in einer Probe ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird, ist die Notwendigkeit der Bekämpfung gegeben. Wenn die Brutstätte gut zugänglich und kleinflächig ist, kann man sie in der Regel zu Fuß bekämpfen. 

Bekämpft werden die Mücken mit BTI. Was ist das für ein Stoff, ist er biologisch abbaubar? 

BTI - der Name steht für “Bacillus thuringiensis israelensis”. “Israelensis” deshalb, weil man diesen Wirkstoff 1976 in Israel in der Negev-Wüste erstmals entdeckt hat. Man hat festgestellt, dass dieses Bakterium unter bestimmten Lebensbedingungen einen Proteinkristall bildet. Dieser wirkt toxisch gegen Mückenlarven. Was wir ausbringen, sind keine Bakterien, sondern dieses Eiweiß. Es wirkt selektiv, also nur auf wenige Mücken und insbesondere Stechmücken. Dem liegt ein sehr komplexer Wirkungsmechanismus zugrunde. Zum anderen hat man bis heute noch keine Resistenz im Freiland nachweisen können. Da es ein Eiweiß ist, wird es natürlich auch im Gewässer sehr schnell wieder abgebaut.

Kleiner Blick voraus: Wird der Sommer in diesem Jahr ein nerviger Stechmückensommer oder bleibt er insgesamt im Rahmen? 

Wenn ich das wüsste, wäre ich froh. Das hängt natürlich von den Witterungsbedingungen ab. Vom Rheinpegel her sieht momentan alles sehr gut aus, weil die Brutstätten trocken sind. Bei trockenen Brutstätten gibt es keine Schlupf- und Überschwemmungsmückenlarven. Aber das kann sich natürlich sehr schnell wieder ändern. Wir sind auf jeden Fall gerüstet, sowohl was Wirkstoff angeht, als auch, was die Helikopterverfügbarkeit angeht. 

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SWR