SWR Aktuell: Bei den Bilder aus dem Reichstagsgebäude denkt man spontan an den ersten Schultag?
Isabel Cademartori: Ja, das beschreibt es eigentlich ganz gut. Wir waren alle ein bisschen aufgeregt wie am ersten Schultag. Viele neue Leute, aber eben auch eine freudige Aufregung und viele, viele neue Eindrücke.

Neu im Bundestag
SWR Aktuell: Wie lief denn der erste Tag in Berlin ab? Gab es ein Willkommensgeschenk?
Isabel Cademartori: Es gab sehr viele Informationen, Mappen, Broschüren, Papierkram. Der erste Tag begann mit einer Fraktionssitzung der alten und neuen Fraktion gemeinsam. Es war sehr beeindruckend. Wir saßen im Plenarsaal des Bundestages, der dann auch ziemlich voll war. Alle Neuen durften sich vorstellen. Das sind über hundert Abgeordnete bei der SPD-Fraktion. Da sind ganz, ganz spannende Persönlichkeiten dabei.
SWR Aktuell: Die SPD hat deutlich zugelegt an Sitzen. Geht da jetzt zwischen Ihnen allen schon der Kampf um die besten Büros los?
Isabel Cademartori: Ich glaube, der ist schon im Gange. Allerdings wird das nicht jeder Einzelne, sondern die parlamentarische Geschäftsführung zwischen den Fraktionen verhandeln, wie die Büros verteilt werden. Wir werden dann irgendwann erfahren, wie es ausgegangen ist.
SWR Aktuell: Haben Sie eigentlich schon realisiert, dass Sie jetzt als Abgeordnete im Deutschen Bundestag sitzen?
Isabel Cademartori: Nicht so wirklich, muss ich sagen. Es ist schon sehr surreal, und man hat auch einen gewissen Schlafmangel noch vom Wahlkampf. Aber ich versuche trotzdem bewusst auch innezuhalten und diese Momente aufzusaugen.
"Es ist schon sehr besonders und historisch, was wir erleben."
Politik: Traum in Erfüllung gegangen
SWR Aktuell: Wenn man ihre politische Familienvergangenheit anschaut, ist es für Sie umso mehr ein bedeutendes Signal, diese Demokratie als Abgeordnete verteidigen zu dürfen?
Isabel Cademartori: Ja, genau. Mein Großvater musste in Chile das Land verlassen, als es dort einen faschistischen Putsch gab. Das zeigt eben, dass es sich lohnt, weiterzukämpfen auf allen Ebenen, egal, wo man gerade ist, für die Demokratie einzutreten. Das war auch für mich immer die Motivation, in der SPD gerade auch aktiv zu sein, weil ich die Partei am meisten damit verbinde.
SWR Aktuell: Wie hat Sie diese Vergangenheit Ihrer Familie denn politisch geprägt?
Isabel Cademartori: Die hat mich sehr stark geprägt. Das ist sicherlich auch der Grund, wieso ich in die Politik gegangen bin. Ich habe schon als Kind auch davon geträumt, Politik zu machen, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was das bedeutet. Insofern ist schon ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen.
"Ich habe das als sehr bewegend empfunden, als ich im Plenarsaal des Bundestags stand."
Allein in diesem Raum zu stehen, wo man immer im Fernsehen die Debatten verfolgt, war schon etwas Besonderes.
Für Mannheim etwas erreichen
SWR Aktuell: Wie sehen Sie denn Ihre Rolle als Abgeordnete in Berlin?
Isabel Cademartori: Ich will natürlich für Mannheim viel erreichen und mich schnell einarbeiten. Ich habe schon relativ viele Kontakte knüpfen oder alte reaktivieren können. Ansonsten muss man alles Weitere mal abwarten. Ich versuche einfach sehr schnell alle wichtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir erfolgreich arbeiten.
SWR Aktuell: Die Sondierungsgespräche laufen jetzt an. Das Ziel der SPD ist es, dass Olaf Scholz Kanzler wird. Das geht nur in einer Ampel. Ihre Prognose: Sind Sie bald Team "Bundeskanzler“?
Isabel Cademartori: Ich glaube schon. Ich bin da relativ optimistisch, dass sich die drei Partner bald zusammenfinden werden. Wir alle sind Wahlgewinner: Grüne, FDP und SPD. Wir sind drei Parteien, die in die Zukunft blicken, die Fortschritt gestalten wollen. Ich glaube, da ließe sich ein spannendes Projekt für die Modernisierung des Landes formulieren.