Ralf Schepp, Forstdirektor Forstamtsleiter Forstamt Lampertheim  (Foto: SWR)

Interview mit Leiter des Forstamts

Trockene Wälder in Lampertheim: Wie reagieren Pflanzen und Tiere?

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Felder und Wälder in der Region sind staubtrocken. Der Leiter des Forstamtes Lampertheim Ralf Schepp erklärt, wie Pflanzen und Tiere mit diesen Bedingungen klarkommen.

Der Sommer hat gerade angefangen. Die Trockenheit macht Landwirten, Kleingärtnern und Waldbesitzern aber schon seit Wochen große Sorgen. Ralf Schepp ist Leiter des Forstamtes in Lampertheim (Kreis Bergstraße). Er erklärt, was Hitze und Trockenheit für die Tierwelt bedeuten.

SWR Aktuell: Wann fangen Sie an, den Wald zu bewässern?

Ralf Schepp: Das haben wir uns auch schon überlegt und die ganze Zeit haben wir es nicht getan. Wenn wir überhaupt bewässern würden, dann die Kulturen, die wir dieses Jahr gepflanzt haben - also da, wo wir im Frühjahr Bäume in die Erde gesetzt haben. Die haben zunächst einen "Pflanzschock", so nennen wir das. Sie müssen sich anpassen. Die Wurzeln müssen sich ausbreiten. Sie haben da Stress. Da ist es natürlich immer gut, wenn wir genügend Wasser im Frühjahr zum Anwachsen zur Verfügung haben.

Da geht es aber ja vor allem um die Bäume und Pflanzen im Wald, nicht um die Tiere. Würden Sie für die Tiere den Wald nicht bewässern?

Nein. Die Tiere sind vollkommen der Natur ausgesetzt, wenn ich das so sagen darf. Wir machen da keinerlei Anstrengungen. Weder im Winter noch im Sommer. Es wird nicht gefüttert und in Dürrephasen wird nicht gewässert.

Leiden Tiere unter Trockenheit? Zum Beispiel Rehe, Füchse oder Wildschweine?

Mit Sicherheit. Sie haben allerdings einige Anpassungsstrategien, um auch das zu überleben. Man muss unterscheiden zwischen den einzelnen Wildtieren. Wildschweine haben die Möglichkeit, relativ weite Strecken in einer Nacht zu überbrücken. Sie sind in der Lage, auch die letzten Wasserstellen, die da sind, zu erreichen. Sie sind darauf angewiesen, Wasser aufzunehmen. Bei Rehwild ist das etwas anders. Sie können sehr gut Tau aufnehmen, der auf Gras und Kräutern morgens in der Regel immer da ist, auch in Trockenphasen. Rehe nehmen allein über die Nahrungsaufnahme am Morgen genügend Feuchtigkeit auf. Ähnlich ist es auch bei Hasen.

Sie müssen also keine vorhandenen Trinkstellen regelmäßig auffüllen?

Nein, das machen wir nicht. Einfach um an der Stelle nicht gut gemeint in die Natur einzugreifen. Wir akzeptieren ganz bewusst, dass gewisse Engpässe entstehen. Das kann im Winter Nahrungsmangel sein, im Sommer Wassermangel. Das führt dazu, dass die Population sich insgesamt anpasst. Die Sterblichkeit wird größer, sowohl im Winter als auch im Sommer. Das führt dazu, dass die Population insgesamt sich vital und gesund erhält.

Ein bisschen drastischer ausgedrückt: Gilt in der Natur: Die Starken überleben, die Schwachen nicht?

Ganz genau: "Survival of the fittest“. Das sind immer die Extremtemperaturen oder die extremen Witterungsbedingungen. Die führen dazu, dass eine gewisse Selektion stattfindet.

Warum sehen Sie das bei den Tieren so? Aber nicht bei den Bäumen?

Das ist eine etwas andere Situation, weil wir ja große Probleme haben, überhaupt wieder Wald zu etablieren. Wir haben hier im Raum "Hessisches Ried" extreme Klimaveränderungen. Im Bereich Karlsruhe sind es ähnliche Verhältnisse. Im Gegensatz zum Durchschnitt der Bundesrepublik ist es hier besonders lange trocken. Es gibt hohe Durchschnittstemperaturen und eine lange Vegetationszeit. Da hat sich die Klimaveränderung besonders deutlich bemerkbar gemacht. Speziell im Hessischen Ried haben wir zusätzlich das Phänomen der Grundwasserabsenkung durch Grundwasserförderung. Es steht also auch kein Grundwasser mehr zur Verfügung, das ursprünglich da war. Hier haben wir extrem stressige Bedingungen. Andererseits sind wir auf den Wald hier sehr angewiesen, was die Schutzfunktion angeht. Wir müssen also auf jeden Fall diese Etablierung von Wald wieder in irgendeiner Form garantieren. Wenn diese Frühjahrstrockenheit immer stärker und ausgeprägter wird, muss man auch überlegen, ob man nicht an der Stelle ein bisschen unterstützt durch Bewässerung der Kulturen.

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