Sozialverbände sind besorgt

Kommunen müssen sparen: Frauennotruf in Heidelberg von Einsparungen bedroht?

Stand

Von Autor/in Philipp Behrens

Die Stadt Heidelberg muss sparen. Und plant, dies auch im sozialen Bereich zu tun. Dagegen haben Sozialverbände am Dienstag demonstriert. Bedroht unter anderem: der Frauennotruf.

Im Heidelberger Haupt- und Finanzausschuss ging es am Dienstag um den Doppelhaushalt. Die Stadt muss im laufenden und im kommenden Jahr sparen. Es fehlen rund 100 Millionen Euro, der Spielraum für freiwillige Leistungen ist gering. Sozialverbände haben Alarm geschlagen und am Dienstagnachmittag in Heidelberg demonstriert, während im Rathaus der Hauptausschuss tagte. Mit dabei beim Protest: Mitarbeiterinnen und Unterstützer des Frauennotrufs. Rund 150 Menschen haben sich bei der Demonstration versammelt.

Frauennotruf in Heidelberg befürchtet Kürzungen

Wenn Frauen und Mädchen Opfer von sexualisierter Gewalt werden, gibt es für sie in Heidelberg seit 1978 eine Anlaufstelle: den sogenannten Frauennotruf. Sicher wichtig, aber eine sogenannte freiwillige Leistung. So wie viele andere Beratungsstellen im sozialen Bereich. Bedeutet: Städte und Kommunen müssen diese Leistungen nicht finanzieren, anders als sogenannte Pflichtleistungen wie Wasserversorgung oder Straßenbau. Neun hauptamtliche Mitarbeiterinnen, eine Werkstudentin und zwei Verwaltungskräfte arbeiten bei dem gemeinnützigen Verein Frauennotruf in der Bergheimer Straße.

Sparmaßnahmen könnten dazu führen, dass wir wichtige Leistungen einschränken müssten.

Sorgen machen vor allem Personalkosten

Renate Kraus, Geschäftsführerin des Frauennotrufs, macht vor allem eines große Sorgen: die gestiegenen Personalkosten. Um die Löhne und Sachkosten aufzufangen, hat die Stadt Heidelberg in der Vergangenheit einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 2,5 Prozent zugesichert. Nach derzeitigem Stand der Haushaltsplanung könnte dieser aber im kommenden Jahr wegfallen. Für den Frauennotruf bedeutet dies, dass rund 36.000 Euro fehlen würden. Ohne den Zuschuss könnte es dazu kommen, dass fast eine ganze Stelle wegfällt. Schon jetzt sei es üblich, dass viele Mitarbeiterinnen unbezahlte Überstunden machen.

Wir müssten dann Wartelisten einführen.

In der Beratungsstelle könne dies gravierende Folgen haben, befürchtet Renate Kraus. Frauen, die sich nach einer Vergewaltigung melden, müssten dann eventuell wochenlang auf einen Termin warten. Für die erfahrene Erziehungswissenschaftlerin wäre das eine Katastrophe. Der Frauennotruf ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die Stadt Heidelberg finanziert rund 80 Prozent der Gesamtkosten. Spenden und ein kleiner Zuschuss durch das Land decken den Rest.

Auch Tübingen von Kürzungen freiwilliger Leistungen betroffen?

In anderen Kommunen des Landes sieht es allerdings noch schlechter aus als in Heidelberg. In Tübingen übernimmt die Anlaufstelle sexualisierte Gewalt in Tübingen für Frauen - kurz AGIT - die Aufgabe des Frauennotrufs und ist von weitaus drastischeren Einschnitten bedroht. Rund ein Viertel des Budgets soll in Tübingen dem Rotstift zum Opfer zu fallen. Und bereits jetzt habe der Verein große Probleme, allen Hilfsanfragen nachzukommen, sagt Micha Schöller von AGIT.

Dann müssten wir vielen Betroffenen sagen, dass wir sie nicht beraten können.

Einigen Opfern sexualisierter Gewalt könne die Beratungsstelle in Tübingen eventuell dann gar nicht mehr helfen, befürchtet Micha Schöller. Keine Beratung, keine Begleitung in die Klinik und zur Polizei.

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