Ein Mitarbeiter im Lkw-Werk Wörth ist hinter der Radaufhängung eines Lastkraftwagens zu sehen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Uwe Anspach)

Rohbau-Fertigung soll nach Tschechien verlagert werden

EvoBus in Mannheim: IG Metall sieht "gesamten Standort in Gefahr"

Stand

Schock für die Beschäftigten bei EvoBus in Mannheim. Laut IG Metall will Daimler Truck den Bus-Rohbau ins Ausland verlagern. Betroffen wären rund 1.000 Jobs.

Die Mitarbeiter habe die Nachricht völlig unerwartet getroffen, dass sie ihren Job bald verlieren könnten, sagt Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender bei Daimler in Mannheim. Viele von ihnen arbeiten als Mechaniker in der Produktion und schweißen Tag und Nacht Busse zusammen.

Laut Daimler Trucks & Buses soll die Rohbau-Produktion komplett an einen Standort in Tschechien verlagert werden.

IG Metall: Standort ist in Gefahr

Der Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, Thomas Hahl, sieht den gesamten Standort Mannheim in Gefahr.

"Wir hatten mal 14.000 Beschäftigte in Spitzenzeiten und sind jetzt noch bei 8.500."

Es gehe nicht nur um die Zukunft von EvoBus, sondern den gesamten Industriestandort Mannheim, so Hahl. Er wirft dem Management Fehler vor. Aktuell sei es Konsens, weniger ins Ausland zu verlagern. Genau das werde jetzt in Frage gestellt.

IG Metall: 1.000 Jobs in Mannheim auf der Kippe

Laut IG Metall wären von der Verlagerung etwa 1.000 Beschäftigte in Mannheim betroffen. Am Standort Neu-Ulm stünden ebenfalls bis zu 600 Arbeitsplätze auf der Kippe.

Mannheim

Kommentar zu EvoBus in Mannheim "Ziel ist das Überleben am Markt"

Bei EvoBus in Mannheim könnten bis zu 1.000 Arbeitsplätzen wegfallen. Die Produktion soll teilweise ins Ausland verlagert werden. Ein Kommentar von SWR-Redakteur Christian Scharff.

Pläne bestätigt, aber keine endgültige Entscheidung

Laut IG Metall waren die Beschäftigten in Mannheim am Mittwoch in einer kurzfristig anberaumten Infoveranstaltung über die Pläne informiert worden. Dem Sprecher von Daimler Trucks & Buses zufolge sei noch nichts endgültig entschieden, man gehe jetzt in Gespräche mit dem Betriebsrat.

Betriebsrat und Gewerkschaft wollen um Jobs kämpfen

Betriebsrat und IG Metall wollen an den Verhandlungstisch. Gemeinsam fordern sie ein Zukunftskonzept. Stellen einfach zu streichen, sei keine Option.

"Wir versuchen alles abzuwenden was mit Personalabbau zusammenhängt."

Laut dem Mannheimer IG-Metall-Geschäftsführer Hahl sei der Karosserierohbau das Herzstück von EvoBus in Mannheim. Man werde nicht zulassen, dass das komplett ins Ausland verlagert werde.

Bruno Buschbacher (Betriebsratsvorsitzender bei Daimler in Mannheim),  Thomas Hahl (Geschäftsführer IG Metall Mannheim), Stefan Höß (stellv. Betriebsratsvorsitzender bei Daimler in Mannheim) - von links nach rechts (Foto: SWR)
Bruno Buschbacher (Betriebsratsvorsitzender bei Daimler in Mannheim), Thomas Hahl (Geschäftsführer IG Metall Mannheim), Stefan Höß (stellv. Betriebsratsvorsitzender bei Daimler in Mannheim) - von links nach rechts

Daimler will Kosten senken

Grund für die Verlagerung ins Ausland sei ein massives Kostensenkungs-Programm des Unternehmens. Der Konzern müsse seine "jährlichen Kosten bis 2030 um 100 Millionen Euro aus dem Produktionsverbund in Deutschland reduzieren." Das führe dazu, dass Daimler Trucks & Buses künftig weniger Fahrzeuge in Deutschland produzieren lassen wolle.

Stuttgart

Wachstumsziele bei Hauptversammlung bestätigt Volle Auftragsbücher und Lieferprobleme bei Daimler Truck

Daimler-Truck-Chef Martin Daum verbreitet bei der ersten Hauptversammlung des Unternehmens Optimismus. Die Auftragsbücher sind demnach voll - das dürfte die Beschäftigten in Wörth und Gaggenau freuen. Doch die steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie trüben die Aussichten.

"Das Markt- und Wettbewerbsumfeld ist dynamisch wie nie zuvor und der Wettbewerb unserer Branche wird sich immer weiter verschärfen."

Dabei geht es vor allem um die Transformation von konventionellen hin zu elektrischen Antrieben, so Daimler. Je weiter diese Umwandlung fortschreite, "desto rechtzeitiger müssen wir handeln", heißt es.

Daimler Truck will Standorte Mannheim und Neu-Ulm erhalten

Daimler Truck teilte dem SWR mit, der Konzern wolle auch künftig Busse in Deutschland fertigen, man stehe zu seinen Standorten in Mannheim und Neu-Ulm.

"Alle Maßnahmen, alle Planungen, alle Diskussionen führen wir immer mit Blick auf den Erhalt unserer Standorte in Deutschland."

Entsetzen und überraschte Reaktionen in der Landespolitik

Auch in der Landespolitik schlug die Nachricht hohe Wellen. Die SPD im Landtag sprach von einem "Schlag in das Gesicht der Beschäftigten" durch den vorgesehenen Wegfall des kompletten Stadtbusrohbaus. "Das ist so nicht zu akzeptieren", sagten die Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch. Der Vorstand von Evobus müsse mit den Beschäftigtenvertretern eine Alternative zur Sicherung von Arbeitsplätzen erarbeiten.

Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) zeigte sich überrascht über die Pläne von Evobus. Für sie habe die Erhaltung von Arbeitsplätzen oberste Priorität, teilte sie dem "Mannheimer Morgen" (Freitagsausgabe) mit. Sie werde zeitnah Kontakt mit Evobus aufnehmen, "um zu eruieren, wo wir seitens des Landes unterstützen können, um die bestmögliche Lösung für den Standort und die Beschäftigten zu finden". Die CDU-Gemeinderatsfraktion zeigte sich entsetzt. Sie forderte Kurz und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf, um den Erhalt der Jobs zu kämpfen.

Großer Arbeitgeber in Mannheim: Die EvoBus GmbH

Die EvoBus GmbH ist eine Tochter der Daimler Truck AG. Am Standort Mannheim-Waldhof/Luzenberg arbeiten der Gewerkschaft zufolge derzeit rund 3.500 Menschen für EvoBus. Im Motorenbau bei Daimler-Truck gibt es den Angaben zufolge aktuell etwa 5.000 Beschäftigte. Der Daimler-Standort Mannheim ist damit einer der größten Arbeitgeber der Stadt Mannheim.

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