Die Sorge vor einem Versorgungsengpass treibt die Gaspreise nach oben. Energiemarktexperten sprechen von "Panikstimmung" an den Märkten. Dahinter stecken Befürchtungen über drohende Importverbote aus Russland, der Krieg in der Ukraine könnte den Transport des fossilen Energieträgers unterbrechen. Auch in Nordbaden fließt durch die kilometerlangen Pipelines viel Gas aus dem Osten. Stellt sich die Frage: wie stabil ist eigentlich die Versorgung, drohen Engpässe?
Viele Menschen in der Region kochen und heizen mit Gas. Über ein Drittel aller Wohnungen in Baden-Württemberg werden mit dem fossilen Energieträger warmgehalten. Angesichts der anhaltenden Kriegshandlungen in der Ukraine sind Gaskunden äußerst besorgt. Viele rechnen mit zusätzlichen Kosten im nächsten Winter.
"Wir haben einen hohen Versorgungsanteil mit Gas und müssen uns wappnen. Der Preis wird weiter steigen, und vielleicht muss Gas schon bald rationiert werden."
Baden-Württemberg bezieht einen Großteil seines Erdgases aus Russland. Der Import liegt aktuell bei über 40 Prozent. Kleinere Anteile werden aus den Niederlanden und Frankreich zugekauft. Überschüssiges Gas wird zwischengelagert. 47 Erdgas-Speicher gibt es bundesweit, sie sind derzeit zu etwa 30 Prozent gefüllt. Einer von insgesamt zwei unterirdischen Erdgasspeichern in BW liegt im nordbadischen Sandhausen (Rhein-Neckar-Kreis). Das 600 Meter tief eingelagerte Gas wird genutzt, um Schwankungen im Transportnetz auszugleichen. Über 60 Millionen Kubikmeter umfassen die Vorräte, ausreichend um 150.000 Haushalte einen Monat lang zu versorgen. Derzeit bestehe aber keine Notwendigkeit, an die Reserven zu gehen, sagt der Betreiber. Die Anlage gehört "terranets bw", einem Tochterunternehmen des Energieversorgers EnBW
"Stand heute ist die Versorgung mit Gas gesichert"

Neben den Privathaushalten ist auch die Industrie ein großer Abnehmer. Über 85 Milliarden Kilowattstunden Erdgas verbraucht Baden-Württemberg im Jahr. Im Maschinenbau, bei der Papierproduktion, in der Chemischen Industrie – überall wird Gas benötigt. Noch gebe es ausreichend Nachschub, sagt Torsten Höck vom Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Wüttemberg. Aber die Lage sei äußerst "instabil", eine seriöse Prognose kaum möglich. Bis zum Sommer reichten aber die Vorräte.
"Im nächsten Winter müssen wir uns auf den „worst case“ vorbereiten."

Sollte Russland den Gashahn für Europa zudrehen, erwägt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verstärkt auf Kohle zu setzen und die Kraftwerke länger als ursprünglich geplant in Reserve zu halten. Außerdem will die Bundesregierung mehr Flüssiggas (LNG) per Schiff aus Katar, Australien oder den USA importieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich den Bau von zwei eigenen LNG-Terminals in Deutschland angekündigt und dabei Brunsbüttel und Wilhelmshaven als Standorte genannt. Um energietechnisch unabhängiger zu werden, setzt die Politik aber vor allem auf einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien.