Wer am Ende eines Gottesdienstes die kirchliche Arbeit oder Hilfsorganisationen wie "Brot für die Welt" unterstützen möchte, kann das in der Regel mit Bargeld machen. Um das zu ändern, setzt eine Mannheimer Kirche seit Dezember auf die digitale Kollekte. In der evangelischen Christuskirche am Rand der Mannheimer Innenstadt geht Spenden auch per Karte oder Smartphone. Ein einfaches Tablet mit Kartenlesegerät macht das nun möglich. Das Tablet steht im Eingangsbereich der Christuskirche, auf einer schmalen, knapp anderthalb Meter hohen Säule. Statt Bargeld zu geben, können Spenderinnen und Spender hier den gewünschten Betrag individuell eintippen, mit Karte oder Smartphone bezahlen und auf Wunsch eine Spendenbescheinigung anfordern.
Pilotprojekt: Digitales Spenden in Mannheimer Christuskirche
Sebastian Carp, "Fundraiser" (Spendensammler) der Evangelischen Kirche Mannheim, hat das Pilotprojekt für die digitale Kollekte auf den Weg gebracht. Der 53-jährige Pfarrer beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit Kirchenspenden. Auf die Idee, eine digitale Kollekte anzubieten, ist Sebastian Carp bei seinen Reisen gekommen: In Dänemark, England und Frankreich sei das nämlich schon lange möglich.
Bargeld spielt in Deutschland immer noch eine große Rolle, aber eben nicht nur. Die Menschen haben sich immer mehr daran gewöhnt, bargeldlos zu zahlen. Und da wollten wir uns anpassen.
Digitale Kollekte - wie kommt sie an?
Die moderne Technik kommt bei einer Besucherin offenbar gut an, wie sie nach dem Gottesdienst erzählt: "Es spricht dafür, dass die Kirche auf dem Weg ist." Sie möchte das neue Gerät künftig nutzen. "Es geht schnell und es ist ganz einfach zu bedienen", berichtet ein anderer Besucher, der nach dem Gottesdienst die Kollekte bereits mit seiner Bankkarte bezahlt hat. Andere wollen aber lieber weiter analog, also mit Bargeld, spenden. Das sei persönlicher und auch anonym, so ein Mann, der schon seit vielen Jahren die Christuskirche besucht.
Erste positive Bilanz der digitalen Kollekte in Mannheim
Nach gut einem Monat zieht Sebastian Carp eine erste positive Bilanz: "Viele probieren es aus." Im Vergleich zur klassischen Kollekte seien die Menschen offenbar spendabler: Die Einzelbeträge seien "ein bisschen höher". Dafür hat der Pfarrer eine mögliche Erklärung: Mit dem neuen Tablet kann man flexibel entscheiden, wie viel man spenden möchte. Vorher sei man darauf angewiesen gewesen, wie viel Geld man eben gerade im Geldbeutel hat.

Englischer Anbieter ermöglicht digitale Kollekte in Mannheim
Mit dem Gottesdienst am ersten Advent ist das einjährige Pilotprojekt der Evangelischen Landeskirche in Baden gestartet. Zuvor war es wirtschaftlich nicht umsetzbar. Zu hoch waren die monatlichen Gebühren der Zahlungsanbieter, sagt Sebastian Carp. Die meisten Angebote, die er bekommen hat, hätten sich am Betrieb eines Geschäfts orientiert, das an fünf bis sechs Tagen pro Woche geöffnet ist. "Bei uns ist das anders: Wir haben ein Event in der Woche mit dem Gottesdienst. Da müssen wir ganz anders rechnen", erklärt der Mannheimer Pfarrer. Es müsse deutlich günstiger sein, ohne hohe Fixkosten.
Schließlich brachte ein auf den Einnahmen basiertes Gebührensystem eines englischen Anbieters die Lösung. Der Anbieter arbeitet bereits mit der anglikanischen Kirche zusammen. Neben den Kosten für die technischen Anschaffungen fällt lediglich eine Gebühr in Höhe von 1,69 Prozent pro Transaktion an. Monatliche Fixkosten gebe es keine.
Landeskirche startet Pilotprojekt in Mannheim
Mit Hilfe des Pilotprojekts will die Evangelische Landeskirche in Baden Erkenntnisse sammeln, die auch anderen Gemeinden zugutekommen sollen. Bislang wird die digitale Kollekte in Baden nur in der Mannheimer Christutskirche getestet, so die Verantwortlichen. Sebastian Carp schätzt aber, dass die digitale Kollekte in Zukunft auch in anderen Gemeinden angeboten wird. Schließlich sei das Bezahlen per Karte oder Smartphone auch im Alltag schon sehr verbreitet.