SWR-Interview mit Klinikums-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes

Corona-Lage Uniklinikum Mannheim: "Nach wie vor schwere Verläufe" bei Ungeimpften

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Der medizinische Geschäftsführer des Mannheimer Klinikums über die einrichtungsbezogene Impfpflicht, den "Freedom Day" und schwere Verläufe auch bei der Omikron-Variante.

82 Prozent der Intensivbetten in Deutschlands Krankenhäusern sind (Stand 15. März) belegt. Neun Prozent davon sind Covid-Patienten. Auch am Uniklinikum Mannheim herrscht Stress auf den Intensivstationen, es gibt dort erste Engpässe bei den verfügbaren Intensiv-Betten. Das geht aus dem DIVI-Intensiv-Register hervor. Sehr deutlich steigt aktuell die Zahl der Corona-Patienten auf den Normalstationen.

Ein SWR Aktuell-Interview mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Hennes, er ist ärztlicher Direktor und medizinischer Geschäftsführer des Uniklinikums Mannheim.

SWR Aktuell: Ab Mittwoch (16. März) gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Stand jetzt bei Ihnen geimpft und wie viele nicht?

Hans-Jürgen Hennes: Also bei uns sind über 90 Prozent der Mitarbeiter geimpft, beziehungsweise haben den entsprechenden Genesungsnachweis erbracht. Wobei es in den Berufsgruppen etwas unterschiedlich aussieht, also im ärztlichen Bereich ist es noch deutlich höher. Im pflegerischen Bereich sind es 90 Prozent. Dann gibt es natürlich noch andere Berufsgruppen, da ist es insgesamt etwas niedriger. Wir rechnen damit, dass wir bei etwa 6.500 Mitarbeitern ungefähr 250 Mitarbeiter haben, die wir entsprechend der gesetzlichen Vorgabe dem Gesundheitsamt melden werden. 

Mannheim

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Wer in Medizin oder Pflege arbeitet, muss ab 16. März gegen Corona geimpft sein. Ein Mannheimer Altenpfleger hat mit Nebenwirkungen zu kämpfen und hadert mit der Impfung.

SWR Aktuell: Zehn Prozent der Pflegekräfte sagen, sie seien ungeimpft. Haben Sie noch genug Leute, um alle Patienten zu versorgen?

Hans-Jürgen Hennes: Also Stand jetzt: Wir gehen nicht davon aus, dass es morgen (16. März) Konsequenzen hat. Weil zunächst das Gesundheitsamt - so ist mein Kenntnisstand - die gemeldeten Personen ansprechen und natürlich auch noch mal versuchen wird, zu informieren, aufzuklären und zum Impfen zu bewegen. Insofern sehen wir dann in den kommenden Tagen und Wochen, welche Konsequenzen das möglicherweise für uns haben wird. 

Omikron-Variante harmlos? "Nein, auch da schwere Verläufe"

SWR Aktuell: Die Impfskeptiker argumentieren ja damit, dass eine Impfung gerade auch nicht vor Ansteckung schützt, dass Omikron ja auch vergleichsweise harmlos sei. Haben die da nicht ein bisschen recht? 

Hans-Jürgen Hennes: Nein, weil wir nach wie vor auch schwere Verläufe sehen, auch in ganz unterschiedlichen Altersgruppen, so dass diese Argumentation sicherlich nicht greift. 

Eine Intensiv-Pflegerin versorgt einen schwer an Corona erkrankten Patienten auf der Intensivstation des Klinikums (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Boris Roessler)
Eine Intensiv-Pflegerin versorgt einen schwer an Corona erkrankten Patienten auf einer Intensivstation. picture alliance/dpa | Boris Roessler

SWR Aktuell: Wie sehr bestimmt Corona zurzeit den Alltag bei Ihnen im Uniklinikum? Wie viele Patienten gibt es? Intensiv oder normal?

Hans-Jürgen Hennes: Derzeit werden bei uns 59 positiv auf Corona getestete Patienten behandelt, davon acht auf der Intensivstation. Aber es gibt jetzt durch Omikron schon eine gewisse Veränderung. Das heißt: Wir sehen zunehmend Patienten, die wegen anderen Erkrankungen stationär behandelt werden müssen und die quasi als Begleit-Erkrankung positiv getestet sind, so dass wir die ganz schweren Krankheitsfälle, die ausschließlich auf die Covid-19-Infektion zurückzuführen sind, derzeit weniger sehen.

Positiv getestete Mitarbeiter im Klinikum "machen uns zu schaffen"

SWR Aktuell: Können Sie denn mit einer bis jetzt noch geplanten Aufhebung aller Corona-Beschränkungen ab dem 20. März (sogenannter "Freedom Day") leben?

Hans-Jürgen Hennes: Das werden wir müssen. Ob wir es können, das werden wir dann sehen. Was uns momentan - und das sage ich ganz deutlich - mehr zu schaffen macht, sind positiv getestete Mitarbeiter. Wir testen unsere Mitarbeiter ja an jedem Arbeitstag. Wenn sie positiv sind, müssen wir sie natürlich in Quarantäne schicken. Gott sei Dank ist ja der allergrößte Teil geimpft und geboostert, die Mitarbeiter haben also dann relativ milde oder wenige Symptome. Aber die fehlen uns natürlich. Insofern spiegelt sich die hohe Inzidenz in der Bevölkerung dann natürlich auch bei den Mitarbeitern wider. Das macht uns momentan mehr zu schaffen als die Anzahl der stationären Covid-Patienten.

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SWR Aktuell: Das heißt, Sie rechnen nicht mit einer explodierenden Zahl an Covid-Fällen nach dem 20. März?

Hans-Jürgen Hennes: Wir rechnen damit, dass noch mehr Personen sich anstecken und positiv getestet werden. Wenn man andere europäische Länder anschaut, die die Beschränkungen weitestgehend aufgehoben haben, dann ist es so, dass die Infektionszahlen weiter hochgehen - aber die stationäre Versorgungs-Notwendigkeit bislang nicht, so mein Kenntnisstand. Also ich glaube, das Problem liegt momentan eher auf der Mitarbeiter-Seite als bei den Patienten, die wir versorgen müssen.

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