Interview zur Impfung (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/EUROPA PRESS | Jorge Gil)

Heidelberg plant Impfaktionstage

Corona-Impfung für Jugendliche: "Nutzen überwiegt Risiken"

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Die Stadt Heidelberg bietet Impfaktionstage für Jugendliche gegen Corona an. Zur Impfung gibt es viele Fragen, sagt Kinder- und Jugendarzt Benedikt Fritzsching im SWR-Interview.

SWR Aktuell: Was erwarten Sie für Bedenken? Und wie können Sie diese Bedenken zur Seite räumen?

Benedikt Fritzsching: Wir erwarten ähnliche Fragen, wie wir sie generell in der Sprechstunde haben, wenn wir Eltern mit ihren Jugendlichen da haben, die sich erkundigen, ob die Impfung Sinn macht. Häufige Fragen sind natürlich zu Impfnebenwirkungen, zu Impfreaktionen. Es gibt häufig eine Frage von jugendlichen Mädchen, ob die Fruchtbarkeit durch die Impfung verändert ist. Das muss man scharf verneinen.

"Es gibt nur vereinzelt und eventuell einen Menstruations- Zyklus, der mal gestört ist."

Es wird gerade untersucht, ob das überhaupt der Fall ist. Aber es gibt keinen Anhaltspunkt anhand der vielen Daten, die mittlerweile da sind, dass die Fruchtbarkeit der Mädchen verändert ist, die gegen Corona geimpft wurden.

Weitere Fragen gibt es außerdem dazu, wie man an den Zweit-Impftermin kommt. Darum haben wir gesagt, wir machen die Impfungen in den Kinder- und Jugendarzt-Praxen. Denn bei vielen Impfaktionen ist es so, dass die erste Impfung durchgeführt wird und der zweite Impftermin dann nicht verabredet wird. Das wollten wir verhindern.

Keine Impfung vor dem 12. Geburtstag

Es gibt auch Fragen, die mit der Schule zu tun haben. Beispiel: Kann das Kind wegen der Impfung tatsächlich vom Unterricht freigestellt werden? Hier gibt es eine Aussage vom zuständigen Ministerium, dass für den Impfbesuch in der Arzt-Praxis tatsächlich eine Duldung im Rahmen dieser Impfaktion stattfindet, sodass auch die Jugendlichen tatsächlich während der Unterrichtszeit in die Praxis zu dem Termin gehen können. Dann gibt es auch immer wieder Fragen von Eltern, die drängen und fragen, ob auch jüngere Kinder schon geimpft werden können, vor dem zwölften Geburtstag. Antwort: Nein, das ist noch nicht möglich, denn hier gibt es keine rechtliche Grundlage und auch keine Zulassung.

SWR Aktuell: Warum überwiegt der Nutzen einer Corona-Impfung im Vergleich zu den Risiken bei Zwölf- bis 17-Jährigen? Viele Eltern sagen ja auch: "Bei den Jugendlichen wird das sowieso nur ein ganz milder Verlauf.“ Warum ist eine Impfung trotzdem wichtig?

Benedikt Fritzsching: Da halten wir es ziemlich genau mit der Stiko. Die Stiko hatte sich ja bisher vor allem dafür ausgesprochen, gerade bei Kindern und Jugendlichen über zwölf Jahren Impfungen durchführen zu lassen, die eine bestimmte Vorerkrankung haben oder Angehörige im Umfeld, die nicht geimpft werden können und ein hohes Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung haben. Darüber hinaus gab es ja von der Stiko eine allgemeine Empfehlung. Da hatte die Stiko sehr genau abgewogen,  anhand der Daten, die inzwischen zu Nebenwirkungen veröffentlicht wurden. Da kamen sehr viele Daten aus den USA und Kanada dazu.

"Natürlich gibt es lokale und systemische Nebenwirkungen, die ein, zwei Tage anhalten können, die nicht gefährlich sind und die wieder komplett verschwinden."

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Seltene Nebenwirkungen

Was aber beobachtet wurde, sind Myokarditiden, also Entzündungen am Herzen. Diese Entzündungen, die etwas häufiger bei Jungen auftreten, sind aber insgesamt sehr, sehr selten. Also in einem Bereich zwischen ungefähr eins zu 20.000 und eins zu 100.000. Das ist wirklich relativ selten. Die werden sehr oft auch übersehen, weil sie sehr, sehr mild verlaufen.

"Trotzdem ist das natürlich wichtig, darüber aufzuklären und das einzuordnen."

Die Amerikaner haben auch festgestellt, dass es bei ihnen Myokarditiden auch durch Corona selbst geben kann, sodass wir den Eltern und Jugendlichen hier sagen können: Das steht im Verhältnis sehr weit hinten als Risiko. Aber es ist wichtig, darüber zu reden und auch die Eltern zu informieren, wie man so etwas erkennen kann. Ansonsten wurden bisher in den Daten seitens der Stiko keine schwerwiegenderen Nebenwirkungen festgestellt. Gleichwohl müssen wir festhalten:

"Es gibt einfach keine Informationen über mehrere Jahre, was nach dieser Impfung passiert."

Das können wir nicht beraten. Dazu hat niemand Daten. Aber insgesamt ist es so, dass die Risiken jetzt besser fassbar sind.

Nutzen überwiegt Risiken

Vom Nutzen her ist es so: Die Krankheitsverläufe sind relativ mild bis asymptomatisch. Die Stiko rückt dazu aber auch die Vermeidung von indirekten Krankheitsfolgen in den Fokus. Also: Wenn eine Schülerin oder ein Schüler mit dem Coronavirus infiziert ist, dann führt das oft zu einer Quarantäne im Schulbesuch, was wieder Nachteile mit sich bringt. Das ist doch ganz erheblich, wenn wir uns anschauen, wie hoch der psychosomatische Krankenstand bei Jugendlichen durch die vielen Lockdowns und Quarantänen ist. Dieser Fokus ist auch in die Betrachtung der allgemeinen Empfehlungen gekommen. Daher gibt es einen - aus Sicht der Stiko - allgemeinen Nutzen gegenüber den Risiken.

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SWR