Luigi Toscano informierte am Freitag darüber, das Büro von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe ihn zu einem Gespräch eingeladen. Außerdem wurde Bedauern ausgedrückt, dass Albrecht Weinberg sein Bundesverdienstkreuz und Luigi Toscano seine Verdienstmedaille zurückgeben wollen.

Wegen Bundestagsabstimmung über Fünf-Punkte-Plan
Luigi Toscano hatte dem SWR gesagt, er sei erschüttert und entsetzt darüber, dass die CDU mithilfe einer teilweise gesichert rechtsextremen Partei ihren Antrag zur Migrationspolitik durchgesetzt habe. Deshalb hätten er und der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg gemeinsam beschlossen, ihre Auszeichnungen wegen der Bundestagsabstimmung am Mittwoch zurückzugeben. Toscano ist Träger der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland, Albrecht Weinberg dagegen ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande.
"Es ist zu schwer geworden, es zu tragen, wenn man solche Nachrichten hat. Furchtbar."
Rückgabe geplant - Interview mit Luigi Toscano Interview: Rückgabe des Bundesverdienstkreuzes als Wertesymbol
Luigi Toscano beschäftigt sich als Fotograf intensiv mit dem Holocaust. Die geplante Rückgabe des Ordens der Bundesrepublik Deutschland begründet er im Interview.
Die Auszeichnungen stünden auch symbolisch dafür, "unsere Werte zu verteidigen", so Toscano. Wie genau die Rückgabe ablaufen könnte, sei noch unklar. "Entweder empfängt uns der Bundespräsident oder wir werfen es bei ihm in den Briefkasten", sagte Toscano der Deutschen Presse-Agentur.

Wo ist die Brandmauer? Wo sind die demokratischen Werte, die wir verteidigen wollen?
Luigi Toscano ist seit 2021 von der UNESCO berufener Botschafter "Artist for Peace" und setzt sich gegen Antisemitismus ein. Toscano ist für seine Porträts von HolocaustÜberlebenden international bekannt. Zum Projekt "Gegen das Vergessen" gehören auch ein für den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis nominierter Dokumentarfilm und ein Bildband. Rund eine Million Menschen weltweit haben die Ausstellung bereits gesehen, unter anderem in Pittsburgh, Kiew, New York, Washington und San Francisco.
Fünf-Punkte-Plan: "Ein Schlag ins Gesicht"
Für Weinberg als Holocaust-Überlebenden sei das, was am Mittwoch im Bundestag passiert ist, ein noch härterer Schlag ins Gesicht als für ihn selbst, erzählt Toscano. Der 99-Jährige überlebte die drei Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora im Harz, Bergen-Belsen bei Celle und mehrere Todesmärsche. Seine jüdische Familie wurde von den Nazis fast vollständig ermordet. 2012 kehrte er zusammen mit seiner Schwester aus den USA zurück in seine ostfriesische Heimat. Seitdem geht er in Schulen und berichtet Schülerinnen und Schülern von seinen Erinnerungen.
Das wolle Weinberg auch weiter tun. Er "spreche zu Schülern, was sein kann und was würde sein, wenn die die Macht wieder übernehmen", sagte Weinberg mit Blick auf die AfD. "Die haben ja keine Ahnung, wie das ausgesehen hat '45 in Deutschland." Er hoffe, dass die Menschen zur Vernunft kommen. "Politik ist ein komisches Geschäft."

Toscano: Verständnis für Migrationsdebatte - aber nicht so
Er könne nachvollziehen, dass sich Menschen angesichts der Anschläge beziehungsweise Angriffe von Mannheim, Solingen und Aschaffenburg strengere Migrationsregeln wünschten. Damit müsse man sich in unserer Demokratie auseinandersetzen, das sei völlig klar - aber nicht zugunsten einer gesichert rechtsextremen Partei, sagte Toscano. "Die Symbolik und die Gefahren, die daraus resultieren, sind verheerend", sagte Toscano über die Abstimmung im Bundestag am Mittwoch.
Viele Holocaust-Überlebende, mit denen er in Kontakt sei, hätten ihm gesagt, Ähnliches sei passiert, als Hitler an die Macht gekommen sei. Toscano sagte: "Wo ist die Brandmauer, von der immer gesprochen wird? Wo sind die demokratischen Werte, die wir verteidigen wollen?" Das, was gerade passiere, sei demokratiegefährdend.