Münzen und Scheine ade: Wer in diesen Tagen in der Rhein-Neckar-Region in den Bus steigt, kann dort zwar noch ein Ticket kaufen, allerdings nicht mehr mit Bargeld. Denn seit Anfang März hat die Rhein-Neckar-Verkehrgesellschaft den Ticketverkauf überall auf bargeldloses Zahlen umgestellt. Wie sehr trifft diese Umstellung ältere Fahrgäste?
Die Abschaffung des Bargelds wird von vielen Älteren kritisch beäugt
Das Ehepaar Brzoska wartet auf einer Bank am Heidelberger Bismarckplatz, die beiden wollen nach Rohrbach fahren. Für sie ist die Umstellung kein Problem, denn sie haben ein Jahresticket. Die Abschaffung des Bargelds in den Bussen kritisiert sie trotzdem. Die 80-jährige Gudrun Brzoska hat öfter beobachtet, wie ältere Menschen im Bus zahlen wollten und es nicht ging. "Ich finde das ganz schlecht", sagt sie. Es gebe sehr viele ältere Leute, die nicht mit dem Handy zahlen könnten, sie auch nicht. Die seien nun außen vor. Sie könnten nur hoffen, dass sich ein Ticketautomat an der Haltestelle befindet, und das sei nicht überall der Fall, meint sie.

Die 70-jährige Marie Dellbrügge hat zwar selbst ein Deutschlandticket. Sie fürchtet aber, dass sich dieses nicht jeder leisten könne. Sie verstehe zwar, dass bargeldloses Zahlen günstiger für die rnv sei. "Weil sie sich ja nicht mit Bargeld herumärgern müssen". Sie selbst zahle mit Karte aber nur im Notfall.
Für Wolfgang, 80 Jahre alt, ist die Sache dagegen ganz klar. "Bisher zahle ich bar im Bus. Und wenn das jetzt nicht mehr geht, zahle ich halt nicht mehr", sagt er schroff. Einen Automaten habe er bisher noch nicht verwendet. Der Schritt ärgere ihn.
Auch für Menschen mit Einschränkungen ist die Entwicklung hin zur Bargeldlosigkeit mit Bedenken verbunden. Etwa für Eva-Maria, die blind ist. "Ich finde das nicht gut, wenn man nur mit der Karte zahlen kann", sagt sie. Ihr Alter möchte sie nicht nennen. Sie hat zwar eine Dauerkarte und muss im Bus keine Tickets lösen. Aber grundsätzlich fühle sie als Blinde gerne die Größe und die Schwere des Geldes. "So habe ich das Gefühl, ich werde nicht betrogen. Wenn ich die Karte zeige, weiß ich nicht, wie viel abgebucht wird." Sie zahlt deswegen grundsätzlich gerne bar.

Mannheimer Seniorenrat: Ältere Menschen werden abgehängt
Auch der Mannheimer Seniorenrat kritisiert die Abschaffung. Mitarbeiterin Jeanette Klumb findet es zwar gut, dass digitalisiert wird. Aber man müsse auch weiterhin die Möglichkeit haben, mit Bargeld zahlen zu können, betont die 62-Jährige. Denn ältere Menschen, die nicht digital zahlen könnten, würden ansonsten vollkommen von der Gesellschaft abgehängt. Beschwerden sind beim Mannheimer Seniorenrat bisher allerdings keine eingegangen.
Viele Fahrgäste haben sich bargeldloses Zahlen gewünscht
Die Rhein-Neckar-Verkehrgesellschaft hat im März begonnen, die Busse auf das neue Bezahlsystem umzustellen - anlässlich der Anschaffung neuer Wasserstoffbusse. Es habe viele Fahrgäste gegeben, die sich gewünscht hätten, mit Karte zu zahlen, sagt rnv-Sprecher Moritz Feier. Zusätzlich die Zahlung mit Bargeld anzubieten, sei zu aufwendig und teuer, zumal in den letzten Jahren nur noch ein verschwindend geringer Teil bar zahle. Laut Feier wurde in den Bussen intensiv über die Umstellung informiert. Zudem gab es eine längere Übergangsphase. Außerdem gebe es viele andere Möglichkeiten, sich ein Ticket zu organisieren - am Automaten und an Verkaufsstellen sowie digital. Viele ältere Menschen hätten auch ein Deutschlandticket. Er betont, dass durch diese Maßnahmen niemand vom ÖPNV ausgeschlossen werde.
Grundsätzlich muss niemand Angst haben, dass er stehen gelassen wird.
Im Zweifelsfall versuchten die Busfahrer dann vor Ort, eine Lösung zu finden - die könnte zum Beispiel so aussehen, dass man den Fahrgast bis zum nächsten Automaten mitnehme. Sprecher Feier erklärt, bei der rnv habe es seit der Umstellung kaum Beschwerden gegeben. Aber der rnv sei bewusst, dass es für den ein oder anderen eine Beeinträchtigung sei.
VRN: Umstellung dient der Pünktlichkeit
Beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) erklärt Geschäftsführer Michael Winnes, die Umstellung sei schon länger geplant gewesen, auch weil jede Bargeldzahlung den Bus unpünktlicher mache.

In den Straßenbahnen könne man schon seit vielen Jahren nicht mehr bar bezahlen. Gerade in Städten seien Senioren das deshalb auch gewohnt. Die Umstellung sei eher ein Problem für Menschen, die sehr selten Busse nutzen und davon überrascht würden. "Das wird sich aber ganz schnell einbürgern", glaubt er. Bei der Abschaffung der Bezahlmöglichkeit in der Stadtbahn sei es so gewesen.