Eine neue Heimat
Menschen eine Heimat zu sein, ist das Einfachste und Schwierigste zugleich. Die Stadt, die Gemeinde, das Dorf in dem man geboren wurde, kann Heimat bedeuten. Der Ort, an dem man sich wohlfühlt. Ein Gefühl kann Heimat sein. Oder aber man empfindet Heimat als den Ort, die Umgebung, in der man wohnt.
Heimat zu stiften ist unter diesen Bedingungen eine Herausforderung, die die Stadt Mannheim seit Jahren vorantreibt. Durch Konversion.
Herausforderung Stadtplanung Konversion in Mannheim

Ehemalige Militärflächen als Chance begreifen
Auch wenn die Flächen zum großen Teil zunächst nach ihrer Sondernutzung durch das Militär nicht der Stadt gehörten, sondern der Bundesrepublik Deutschland, verwaltet durch die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben), hatte Mannheim von Beginn an die Planungshoheit. Sprich: Wollte man die freiwerdenden Flächen nach eigenen Vorstellungen entwickeln, mussten Konzepte her. Und das zu einer Zeit, in der Mannheim die Prognose gestellt wurde, dass es eine schrumpfende Stadt sei.
"Wir stehen hier vor wirklich erheblichen Herausforderungen. Das ist ein Sprung in der Stadtentwicklung, wie er in den vergangenen Jahrzehnten so nicht möglich war."
Bürgerbeteiligung: Stadt hat Menschen einbezogen
Auf den vielen ehemaligen Militärflächen hat sich in den vergangenen Jahren enorm viel getan. Franklin beispielsweise: Ein Gebiet, so groß wie die gesamte Mannheimer Innenstadt. Hier entsteht ein völlig neuer Stadtteil im Mannheimer Norden. 9.000 Menschen sollen hier einmal leben, rund 750 sind schon da. Urban, grün und energiefreundlich will hier alles sein.
"Es herrscht Aufbruchstimmung. In den vergangenen Jahren hat sich sehr viel getan."
Schon 2011 hatte der Mannheimer Gemeinderat grünes Licht für einen eigenen Konversionsausschuss gegeben. Mitentscheidend für eine breite Akzeptanz der Konversion in Mannheim war und ist der Weißbuchprozess. 2012 hatte die Stadt das Erste zum Thema Konversion vorgestellt. Die Vorstellungen wurden in einem Band mit dem Titel "1000 Ideen für eine Stadt, die sich neu baut" festgehalten. Drei weitere Weißbücher folgten. Sie entstanden aus Bürgerbeteiligung, Eingaben von Expertengruppen und vielen gesellschaftlichen Dialogen in den verschiedenen Stadtteilen.
"Es hat schon etwas von Pionier-Dasein."
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Gesamtstrategie "Stadtentwicklung"
Für Achim Judt, einen der Geschäftsführer der MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP), bedeutet Stadtentwicklung mehr als eine reine bauliche Aufgabe. Trotz Investitionen von über zwei Milliarden Euro. Konversion sei eine gesellschaftliche Aufgabe. Für eine soziale Infrastruktur, wie Judt es nennt. Kurz gesagt: Es geht darum, vorhandene Stadtteile mit neuen Gebieten zu verknüpfen. Menschen für die neuen Gebiete zu begeistern. Bislang gelingt das in Mannheim.
"Es dauert natürlich, bis Nachbarschaften entstehen. Aber es ist ein schöner Gründer-Geist hier. Eine schöne Atmosphäre."
Trotz einer rasanten Entwicklung - oder auch gerade deshalb - gab es zuletzt auch Kritik. Ein Investor, der Flächen auf Turley von der Stadt Mannheim gekauft hatte, hat sie anschließend vor einiger Zeit gewinnbringend weiterverkauft. Zum Sechsfachen dessen, was die Stadt für das Gelände bekommen hatte. Daraufhin wurde die Stimmung in Mannheim unruhiger. Der Oberbürgermeister Peter Kurz musste Stellung beziehen.
"Es ist etwas passiert, was im Rahmen einer Stadtentwicklung ganz normal ist. Ein Investor führt eine Projektentwicklung durch, veräußert das damals erworbene Grundstück dann. Der Umsatz erscheint erst einmal nicht nachvollziehbar hoch. Aber wir müssen Stadtentwicklung zusammen mit privaten Dritten machen. Eine politische Frage für die Zukunft kann sein: Inwiefern soll Grund und Boden privatisiert werden?"
Achim Judt leitet als einer von zwei Geschäftsführern die Mannheimer MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP). Sie ist Tochtergesellschaft der GBG und der Stadt Mannheim. SWR Redakteur Patrick Figaj hat mit ihm im Interview über das Projekt Konversion gesprochen - und welche gesellschaftlichen Aufgaben damit verbunden sind.
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Projekte werden fertig - aber eine Stadt?
Die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim. Sie ist ein Ziel, das im Zusammenhang mit der Konversion in Mannheim steht. Das Gelände Spinelli - lange als Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge genutzt - spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Es wird maßgeblicher Teil der Bundesgartenschau sein. Auf dem ehemaligen US-Militärgelände sollen rund 1.800 Wohneinheiten und ein großflächiger Landschaftspark entstehen. Das Quartier soll dann künftig die Lücke im stadtumspannenden sogenannten Grünzug Nordost vom Luisenpark zu den Vogelstang-Seen schließen.
Wann die einzelnen Flächen fertig bebaut sein werden ist grob umrissen zumindest für Franklin recht klar: Nach Angaben der MWSP wird das 2028 sein. Turley soll bereits 2025 fertig bebaut sein, und Taylor spätestens 2024.
Ob die Menschen dann schon so weit sein werden, die neuen Stadtviertel als selbstverständlich anzunehmen, muss die Zukunft zeigen.
"Es ist noch sehr viel Raum hier."