Kundgebungen zum Tag der Arbeit in Baden-Württemberg. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Fotoagentur-Stuttgart | Andreas Rosar)

Gewerkschaftsbund fordert kräftige Tariferhöhungen

20.000 Menschen demonstrieren zum Tag der Arbeit in Baden-Württemberg

Stand

Der 1. Mai gehört den Gewerkschaften und so sind Tausende im Land auf die Straße gegangen und haben protestiert. Neben dem Krieg und der Pandemie waren auch die Lebensmittel- und Energiepreise Thema bei den Kundgebungen.

Am Tag der Arbeit hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Baden-Württemberg "kräftige Tariferhöhungen" gefordert. Diese seien das beste Rezept gegen die steigenden Lebenserhaltungskosten und für Unternehmen finanzierbar, sagte DGB-Landeschef Kai Burmeister in Ulm bei einer von rund 50 Kundgebungen in Baden-Württemberg anlässlich des Feiertags. Rund 20.000 Menschen demonstrierten unter dem Motto "GeMAInsam Zukunft gestalten" am Sonntag für gute Arbeit und gerechte Politik.

Die stellvertretende Bundesvorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, trat in Stuttgart ans Rednerpult. "Wir stehen für soziale Gerechtigkeit, Frieden und die Gleichstellung von Frauen und Männern", sagte sie nach Angaben der Gewerkschaft. Der ökologische Wandel der Arbeitswelt koste viel Geld. "Zusätzlich brauchen wir bei drastisch steigenden Preisen, insbesondere für Energie und Lebensmittel, einen weiteren finanziellen Ausgleich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer." Die Erbschaftssteuer solle erhöht, die Vermögensteuer wieder eingeführt und Kapitalerträge höher besteuert werden, forderte Benner. "Alle Menschen müssen von wirtschaftlichem Fortschritt profitieren, nicht nur Superreiche, die mit Milliardensummen digitale Monopole errichten."

Gewerkschaften in BW: Forderung einer Reichensteuer

Baden-Württemberg brauche eine Gerechtigkeitsoffensive, sagte Burmeister bei der zentralen DGB-Kundgebung in Ulm. "Die Pandemie steckt uns noch in den Knochen, jetzt kommen der immense Preisanstieg hinzu und die Folgen des grausamen Krieges in der Ukraine." Konkret schlägt der Gewerkschaftsbund eine Reichensteuer vor. "Es ist an der Zeit, dass die starken Schultern auch wirklich mehr beisteuern zum Gemeinwesen. Eine Vermögensabgabe ist dafür ein sinnvolles Instrument", hatte Burmeister vorab gesagt.

Von der Politik forderte der Landeschef ein Entlastungspaket für alle Bürgerinnen und Bürger und plädierte für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas und Strom. Auch rief er die Landesregierung dazu auf, ein Tariftreuegesetz einzuführen. Nur noch jeder zweite Beschäftigte sei in Baden-Württemberg von Tarifverträgen geschützt. Für knapp zehn Millionen Menschen verhandelten die DGB-Gewerkschaften Tarifverträge in diesem Jahr. Zum Teil wurden den Angaben nach schon Steigerungen von fünf Prozent und mehr erreicht. Auch in der nächsten Runde sollen laut Burmeister weitere Erhöhungen durchgesetzt werden.

"Brennende Zukunftsaufgaben"

Das Geld sei da, um die "brennenden Zukunftsaufgaben" wie Klimaneutralität, den Umbau der Wirtschaft und eine verlässliche Daseinsvorsorge zu finanzieren. Burmeister sagte, für die Vorhaben müssten Milliarden in die Hand genommen werden: für die Energie- und Verkehrswende, den Wohnungsbau wie für das Gesundheitswesen. "Wir engagieren uns für eine Daseinsvorsorge, in der nicht Finanzinvestoren die Bedingungen diktieren."

Polizei muss bei Demos in Stuttgart eingreifen

Die Polizei in Stuttgart hat grundsätzlich eine positive Bilanz zum 1. Mai gezogen. In zwei Fällen kam es allerdings zu kleineren Rangeleien: Bei der DGB-Kundgebung, die vom Marienplatz zum Stuttgarter Marktplatz führte, war ein Teilnehmer wegen einer Plakataktion kurzfristig festgenommen worden. Weil eine Gruppe von 30 bis 40 Personen dagegen vorging, setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Auch bei der Kundgebung "Revolutionäre 1. Mai Demo" griff die Polizei ein, als Teilnehmende die vorgegebene Strecke vom Rotebühlplatz bis zum Südheimer Platz verlassen wollten.

In Karlsruhe und Pforzheim sowie in der Region Heilbronn-Franken gab es am Sonntag ebenfalls Maikundgebungen.

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SWR