Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) rechnet damit, dass die Impfpflicht für Pflegekräfte nicht verlängert wird. Er geht davon aus, dass sie am 31. Dezember ausläuft. Das bestätigte das Sozialministerium dem SWR.
Lucha rechtfertigt Impfpflicht in der Pflege trotz Kritik
Nach Luchas Ansicht haben sich Impfpflicht-Debatten in diesem Land erledigt. Die Akzeptanz für die Impfpflicht sei weiter sehr schlecht, so Minister Lucha. Die Beschäftigten im Gesundheitssystem hätten das Gefühl, es gelte für sie eine besondere Behandlung. Noch im Juli hatte er betont, dass er kein Verständnis für Pflegepersonal habe, das sich nicht impfen lasse.
Die fehlende Akzeptanz hat sich auch bei einer Demonstration in Tübingen gezeigt, über die der SWR am 7. März berichtet hat:
Die Einführung der Impfpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Seniorenheimen und Kliniken war nach Ansicht von Lucha berechtigt. Nach Informationen des Sozialministeriums habe die Impfpflicht dazu geführt, dass sich von den rund 30.000 ungeimpften Pflegekräften mehr als 13.000 impfen ließen.
Die Situation habe sich inzwischen verändert, die Impfung schütze nicht mehr vor Infektionen, so Lucha. Daher gelte insbesondere, dass die medizinische Versorgung gewährleistet sein müsse. Diese ausreichende Versorgung war sowohl bei einer Anhörung von Expertinnen und Experten im Juli, als auch darüber hinaus als Argument gegen die Impfpflicht genannt worden. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft etwa hatte im Juli gefordert, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen.
Auch Heidelberger Virologe hält Impfpflicht für "nicht mehr sinnvoll"
Der Heidelberger Virologe Hans-Georg Kräusslich hält die berufsbezogene Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen ebenfalls für nicht mehr sinnvoll. Das sagte er im Interview mit dem SWR.
Heidelberger Virologe im SWR-Interview Kräusslich: Berufsbezogene Impfpflicht "nicht mehr sinnvoll"
Der Heidelberger Virologe Hans-Georg Kräusslich hält die berufsbezogene Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen für nicht mehr sinnvoll. Das sagte er im Interview mit dem SWR.
Noch keine Betätigungsverbote verhängt
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt seit Mitte März. Seither müssen zum Beispiel Kliniken und Heime Pflegekräfte beim Gesundheitsamt melden, die nicht geimpft oder genesen sind. Außerdem müssen sie melden, wenn unklar ist, ob die vorgelegten Nachweise echt sind. Dort wiederum bedeutet das Verfahren einen Mehraufwand, auch personell.
Mitarbeitende kontaktieren Ungeimpfte Corona-Teilimpfpflicht im Gesundheitswesen sorgt für Stress bei Gesundheitsämtern in BW
Jetzt geht die Arbeit der Gesundheitsämter in Sachen einrichtungsbezogene Impfpflicht richtig los: Deren Mitarbeitende müssen tausenden Ungeimpften auf den Zahn fühlen.
Die Gesundheitsämter überprüfen jeden Einzelfall und entscheiden dann mit Ermessensspielraum, ob die Person freigestellt werden muss oder bei Personalknappheit noch weiterarbeiten darf. Die Gesundheitsämter hatten aber bis Ende Juli noch kein einziges Betätigungs- oder Betretungsverbot verhängt. Allerdings hat es bis Ende Juni mehr als 450 Bußgeldverfahren in Baden-Württemberg gegeben, etwa im Kreis Calw.
Am 24. Juni hat der SWR über erste Daten des Sozialministeriums berichtet: