Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), spricht bei der Regierungspressekonferenz. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Christoph Schmidt)

Vor Migrationsgipfel am Mittwoch

Kretschmann zu Geflüchteten in BW: Bund muss für Unterbringung zahlen

Stand

Ministerpräsident Kretschmann hat erneut gefordert, dass der Bund die Unterbringung von Geflüchteten in BW finanzieren muss. Für den Migrationsgipfel am Mittwoch in Berlin erwartet er harte Verhandlungen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will beim Bund-Länder-Gipfel zur Flüchtlingsfinanzierung am Mittwoch die Forderungen der Länder nach mehr finanzieller Unterstützung des Bundes durchsetzen. "Wir werden hart bleiben", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. "Wir werden nichts zustimmen, was nicht durchfinanziert ist." Die Verhandlungen dürften nicht einfach werden, sagte Kretschmann.

Kretschmann: "Wir sind Anwalt der Kommunen"

Die zentrale Forderung beim Gipfel am Mittwoch werde sein, dass der Bund die Kosten für die Unterkunft von Geflüchteten übernehme, sagte Kretschmann bei der Landespressekonferenz am Dienstag in Stuttgart. Die Geflüchtetenunterbringung überfordere die Städte und Gemeinden aktuell. "Da sind wir Anwalt der Kommunen", sagte Kretschmann. Vor allem in den Ballungsgebieten bestehe enormer Bedarf.

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten treffen sich am Mittwoch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin zu einem Sondergipfel, bei dem unter anderem über die Verteilung der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen gesprochen werden soll. "Wir brauchen eine faire Verteilung", sagte Kretschmann am Dienstag. Die Länder haben Scholz ein 15-seitiges Beschlusspapier zugeschickt, in dem sie ihre Finanzierungswünsche gesammelt haben. Neben den Mitteln für Unterbringung fordern sie darin auch eine Pro-Kopf-Pauschale für Menschen, deren Asylverfahren noch läuft.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt bislang ab, dass sich der Bund stärker beteiligt. "Wir liegen bislang noch weit auseinander", so Kretschmann.

BW-Justizministerin Gentges seit 2022 auf Konfrontationskurs

Insbesondere die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) befindet sich seit längerem auf Konfrontationskurs mit Bundesinnenministerin Faeser. Bereits im August vergangenen Jahres hatte sie die Einführung der Grundsicherung für ukrainische Flüchtlinge kritisiert. Die Sozialleistungen setzten "Fehlanreize" für Flüchtlinge aus der Ukraine, die bereits Zuflucht in anderen europäischen Staaten gefunden hätten. Ähnlich äußerte sich auch der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, der Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU).

Zwischen den Stühlen

Kretschmanns Rolle beim Gipfel am Mittwoch ist pikant: Er vertritt als Ministerpräsident in Berlin die Interessen seiner Landesregierung - also auch die des Koalitionspartners CDU. Doch die sitzt im Bund in der Opposition - und geht entsprechend hart mit der Politik der Ampel-Koalition ins Gericht. Kretschmanns Grüne wiederum sind Teil der Ampelkoalition. Sie dürften von ihm eher Zurückhaltung erwarten.

CDU macht Kretschmann Druck bei Migrationspolitik

Mit einem Fünf-Punkte-Plan hatte die CDU Baden-Württemberg im Vorfeld Druck auf Kretschmann gemacht. Das Papier liegt dem SWR exklusiv vor. Darin fordert die CDU-Fraktion im Landtag unter anderem die Kürzung sozialer Leistungen für ukrainische Flüchtlinge sowie Kontrollen an der Schweizer Grenze. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel will erreichen, dass Kretschmann die Bundesregierung bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch zu "weitreichenden Kurskorrekturen" drängt.

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Hagels Forderungen beträfen weitgehende Fragen der europäischen Asylpolitik. Die müsste die Bundesregierung mit den anderen EU-Ländern abstimmen. Beim Gipfel am Mittwoch spielten diese vermutlich aber keine Rolle, sagte Kretschmann dazu am Dienstag.

Ruf nach schnelleren Abschiebungen

Auch bei Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern macht die CDU Druck: Die Christdemokraten wollen hier mehr Tempo und sie wollen, dass der Bund die nordafrikanischen Staaten Algerien, Marokko und Tunesien endlich zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Auch Ministerpräsident Kretschmann hatte sich dafür vor einigen Jahren ausgesprochen.

Streit über Landeserstaufnahme

Ein Konflikt des Landes mit den Kommunen bahnt sich in puncto Landeserstaufnahmestellen an. Weil Kommunen kaum noch wissen, wo sie die Geflüchteten unterbringen sollen, sucht das Land derweil nach neuen Standorten für Landeserstaufnahmeeinrichtungen. Kretschmann will den Bau von Flüchtlingsunterkünften notfalls auch gegen den Willen der Kommunen durchsetzen - wie das genau aussehen könnte, dazu hat er sich noch nicht geäußert. Die Kommunen haben bereits Widerstand angekündigt.

Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr um die 150.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen und damit mehr als zum Beispiel Frankreich.

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