Ein Demonstrant klebt sich bei einer Straßenblockade der Gruppe Letzte Generation mit einer Hand auf die Straße. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Paul Zinken)

"Behandelt wie Schwerverbrecher"

"Letzte Generation": BW-Aktivisten empört über Razzien

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In mehreren Bundesländern gab es am Mittwoch Durchsuchungen bei Mitgliedern der "Letzten Generation". In BW sorgt das bei Unterstützern für Entrüstung, in der Politik für Zurückhaltung.

Die Ortsgruppe der "Letzten Generation" in Freiburg ist entrüstet, dass im Auftrag des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) in sieben Bundesländern Durchsuchungen bei Anhängern der Letzten Generation stattgefunden haben - auch wenn in Baden-Württemberg keine Razzien stattfanden. Das Innenministerium BW reagiert auf die bayerischen Ermittlungen schmallippig.

Letzte Generation Freiburg: Razzien sind "Mittel der Einschüchterung"

"Es macht uns sehr betroffen", sagt Tobias März, ein Sprecher der Freiburger Gruppe der "Letzten Generation" auf SWR-Anfrage. "Wir kennen ja die betroffenen Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Die waren teilweise noch im Schlafanzug, als sie von der Polizei aufgeweckt und ihre Wohnungen durchsucht wurden - wie bei Schwerverbrechern." Den Vorwurf der bayerischen Behörden, bei den Klimaschützern könnte es sich um eine "kriminelle Vereinigung" handeln, hält März für abwegig und spricht von einem "Mittel der Einschüchterung".

Harte Gerichtsurteile gegen Klimaschützer in BW

Auch in BW ist die "Letzte Generation" schon mehrfach mit den Behörden in Konflikt geraten. Im November 2022 beispielsweise sind zwei Aktivisten vor dem Amtsgericht in Stuttgart zu Geldstrafen verurteilt worden, im März dieses Jahr verhängte das Amtsgericht Heilbronn mehrmonatige Haftstrafen gegen vier Aktivistinnen und Aktivisten, die mehrfach Straßen blockiert hatten. Razzien wie in Bayern fanden am Mittwoch in BW keine statt.

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Innenministerium BW will bayerische Ermittlungen nicht kommentieren

Ob das Zufall ist oder ob die Klimaschützer in BW als zurückhaltender eingestuft werden, darauf antwortete das BW-Innenministerium dem SWR am Mittwoch kurz angebunden: "In Baden-Württemberg wurden bislang noch keine vergleichbaren Aktionsformen der Anhänger der "Letzten Generation" festgestellt; vielmehr ist die Gruppierung in Baden-Württemberg bislang überwiegend mit Straßenblockaden aufgefallen."

In Bayern werfen die Ermittler zwei Beschuldigten vor, versucht zu haben, die Ölpipeline "Triest-Ingolstadt" zu sabotieren. Zu den aktuellen Ermittlungen in Bayern äußert sich das BW-Innenministerium ebenso knapp. Es gebe "keine Bezüge nach Baden-Württemberg. Eine nähere Beurteilung ist uns daher nicht möglich."

Ob es in BW auch Razzien gegen die "Letzte Generation" geben könnte? Das Innenministerium lässt sich da nicht in die Karten blicken. Nachgefragt bei der Freiburger Ortsgruppe der "Letzten Generation" sagt Sprecher Tobias März: "Schwer zu sagen. Ich will da auch keine Spekulationen dazu anstellen." Die Freiburger Ortsgruppe wolle sich jetzt vor allem darauf konzentrieren, die aufgrund der Razzien entstandene Solidarität zu lenken und damit mehr Menschen zu gewinnen, sich gegen den Kurs der Bundesregierung zu stellen.

Was ist eigentlich eine kriminelle Vereinigung?

Ob Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation" eine kriminelle Vereinigung sein können, dazu haben aus der ARD-Rechtsredaktion Christoph Kehlbach und Kolja Schwartz juristische Hintergründe zusammengefasst und erklärt:

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Demnach ist laut Gesetz der Zweck bei einer kriminellen Vereinigung darauf gerichtet, Straftaten zu begehen. Und: Dieser Zweck darf bei der Vereinigung nicht nur von untergeordneter Bedeutung sein. Endgültig müsste diese Frage jedoch von Gerichten geklärt werden.

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