Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat sich am Mittwochvormittag im Landtag gegen Vorwürfe der SPD- und FDP-Fraktion verteidigt. Strobl hatte zugegeben, einen Anwaltsbrief an die Presse gegeben zu haben. Hintergrund sind Ermittlungen gegen den ranghöchsten Polizeibeamten des Landes wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Dessen Anwalt hatte Strobl in dem Brief um eine persönliche Unterredung gebeten.
SPD und FDP fordern nun Strobls Rücktritt oder seine Entlassung durch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Strobl selbst sieht keinen Grund für einen Rücktritt. Der Ministerpräsident hatte ihm in Reaktion auf die Anschuldigungen wiederholt sein "volles Vertrauen" ausgesprochen.
FDP-Abgeordnete Goll: "Bringen Sie Herrn Strobl zur Vernunft, Herr Kretschmann!"
In der von der FDP beantragten Landtagsdebatte am Mittwochvormittag beschuldigte die FDP-Abgeordnete Julia Goll Innenminister Strobl, mit der Weitergabe von Dienstgeheimnissen gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen und Ermittlungen gegen ihn selbst behindert zu haben. Strobl solle seinen Bekenntnissen zum Rechtsstaat Taten folgen lassen und die fragliche Ermittlung zulassen. An Ministerpräsident Winfried Kretschmann gerichtet sagte sie: "Wo ist Ihre Führungsstärke? Bringen Sie Herrn Strobl zur Vernunft - falls das überhaupt geht."
SPD-Fraktionschef Stoch: "Das war Rechtsbruch"
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch warf dem Innenminister in seiner Rede Rechtsbruch vor. Strobl habe offensichtlich die Vorgänge verschleiert und Ermittlungen behindert, so Stoch. Es sei nicht relevant, ob dabei die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten worden sei. Als es während der hitzig geführten Debatte zunehmend zu Zwischenrufen kam, ermahnte Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zu fairem und parlamentswürdigem Verhalten. Sie erteilte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel einen Ordnungsruf, nachdem dieser SPD-Abgeordneten zufolge diesen "den Scheibenwischer" gezeigt hatte.
Grünen-Fraktionschef Schwarz: Vorwürfe "unterirdisch"
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz verteidigte den Innenminister. Die Vorwürfe der Opposition gegen Strobl seien "unterirdisch". Selbstverständlich sei es die Aufgabe der Opposition, der Regierung auf die Finger zu schauen - doch darum gehe es FDP und SPD hier gar nicht. "Ihnen geht es nur darum, den Innenminister persönlich zu beschädigen."
Schwarz hielt der FDP vor, sie habe die Debatte ursprünglich "Verrat von oben" nennen wollen. Als Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dies abgelehnt habe, hätten die Liberalen Aras dafür attackiert. "Damit sägt man an den Grundfesten unserer parlamentarischen Demokratie." Die ständigen Rücktrittsforderungen gegen Strobl seien fehl am Platz. "Der Innenminister macht einen ausgezeichneten Job." Der Grünen-Politiker mahnte die Opposition, nicht ständig der Staatsanwaltschaft erklären zu wollen, was sie zu tun und zu lassen habe. "Ich glaube, wir sollten die Justiz einfach ihre Arbeit machen lassen."
CDU-Innenminister Strobl: "Billige Effekthascherei"
Innenminister Thomas Strobl selbst wehrte sich im Parlament energisch gegen Vorwürfe der Opposition. "Dort, wo es kein Geheimnis gibt, kann auch kein Geheimnis verraten werden", sagte er. Es sei "richtig und wichtig" gewesen, das Gesprächsangebot des Anwalts des hochrangigen Polizisten, gegen den wegen sexueller Belästigung ermittelt wird, an das Ministerium öffentlich zu machen. Der Vorschlag des Anwalts sei sinngemäß gewesen: "Wir regeln das auf dem kurzen Dienstweg." Strobl betonte: "Das ist mit mir nicht so zu regeln." Es habe nicht mal den Anschein geben dürfen, "es solle hier etwas gemauschelt oder unter den Teppich gekehrt werden".
Strobl bekräftigte, die Ermittlungen gegen ihn seien in Ordnung und "im Wortsinne legitim". Das sei der Rechtsstaat, für den er lebe und arbeite. Wenn die FDP Strafanzeige gegen ihn stelle, sei das nur "billige Effekthascherei", da alle Fakten auf dem Tisch lägen. Es sei auch nicht so, dass sein Ministerium Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen gestoppt habe. Wer ihm das vorwerfe, sei "bösartig". Es habe noch gar keine Ermittlungen gegeben, weil das Ministerium diese nicht ermächtigt habe. "Die Wahrheit schmerzt, ich verstehe das", sagte Strobl an die Adresse der Opposition.