Komplett netto-treibhausgasneutral sollten landeseigene Gebäude bis zum Jahr 2030 werden. Dieses Ziel hatte sich die Landesregierung von Baden-Württemberg bei der Novelle des Klimaschutzgesetzes im Oktober 2021 selbst gesteckt. Nun hat das Finanzministerium bekanntgegeben, dass dieses Ziel wohl nur über einen Umweg erreicht werden kann.
Kompensationszahlung für CO2-Bilanz notwendig
Die landeseigenen Gebäude werden jedoch bis 2030 nicht komplett klimaneutral werden. Das Finanzministerium geht davon aus, dass ein Rest CO2-Ausstoß bestehen bleiben wird. Dafür will die Landesregierung Kompensationszahlungen leisten. Das bedeutet, in Baden-Württemberg wird zwar CO2 ausgestoßen, das Land investiert aber etwa in Afrika ein Projekt für energieeffiziente Kochstellen in Ruanda. Der reduzierte Treibhausgasausstoß in anderen Teilen der Welt soll den eigenen CO2-Ausstoß ausgleichen. Das nennt man dann eine Netto-Treibhausgasneutralität.
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"Jetzt für Morgen" - die dritte Regierung Kretschmann trat 2021 mit einem Koalitionsvertrag an, der Baden-Württemberg einiges versprach. Was umgesetzt wurde - und wo es Probleme gibt.
Wichtigste Stellschraube und gleichzeitig größtes Problem beim Thema Klimaneutralität der Landesgebäude: die Wärmeversorgung. Um klimaneutral zu werden, will die Vermögens- und Hochbauverwaltung unter anderem auf Geothermie oder Wärmepumpen setzen. Zu 50 Prozent sei man aber von Fernwärme abhängig und müsse Lösungen mit den Kommunen finden, so Vermögens- und Hochbau-Direktor Andreas Hölting. Für die nötigen Veränderungen seien acht Jahre zu kurz.
BW-Finanzministerium: Baumaßnahmen werden teurer
Für Bau- und Umbaumaßnahmen muss das Land allerdings deutlich höhere Kosten einkalkulieren. Corona, der Ukraine-Krieg, steigende Energiekosten und Lieferengpässe auf dem Bau werden sich bemerkbar machen. "Die Bedingungen werden im nächsten Jahr und auch im kommenden Winter sicher deutlich schwieriger werden", so Hölting. Wie alle Immobilieneigentümer und Betreiber werde auch das Land zusätzliche Lasten zu tragen haben. Auch laufende Baumaßnahmen würden teurer werden als ursprünglich kalkuliert.
Problematisch seien derzeit vor allem die gestörten Lieferketten in der Bauwirtschaft. Die Materialengpässe erschwerten die Bauprozesse, verlängerten die Bauzeiten und damit auch die Preise. Nach Angaben des Finanzministeriums sind allerdings aus diesem Grund Milliarden im Doppelhaushalt des Landes zur Seite gelegt worden - ein "Investitionspuffer". "Er ist genau dafür gedacht, solche steigenden Kosten auszugleichen", sagte ein Sprecher.
In Baden-Württemberg ist im ersten Halbjahr 2022 die Zahl der genehmigten Bauvorhaben laut Statistischem Landesamt bereits um elf Prozent zurückgegangen:
Im vergangenen Jahr hat das Land laut Geschäftsbericht weniger in seine Bauprojekte investiert als im Jahr zuvor. 2021 wurden knapp 944 Millionen Euro für den Bau und Erhalt ausgegeben, im Vorjahr war es noch etwas mehr als eine Milliarde Euro.
Studien sollen klären, was machbar ist
In Studien soll laut Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) jetzt geklärt werden, was in einzelnen Gebäuden machbar ist. Problematisch und nur schwer auf erneuerbare Energien umzustellen seien etwa die Universitäten. Das liege an teilweise energieintensiven Laboren oder Hochleistungsrechnern. Die Universität Konstanz zeigt aber beispielsweise, wie es gehen kann. Sie kühlt Hörsäle, Großgeräte in Laboren und Server mit Bodenseewasser aus 54 Metern Tiefe.
Mit Seewasser heizen oder kühlen Seethermie: Der Bodensee als alternative Energiequelle
Experten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg sehen am Bodensee viel Potenzial für die Nutzung der sogenannten Seethermie. Dabei wird mit Seewasser geheizt oder gekühlt.
Landesgebäude: CO2-Emmission seit 1990 um 40 Prozent gesenkt
Insgesamt hat das Land im Vergleich zu 1990 seine CO2-Emissionen bereits um über 40 Prozent gesenkt. 2020 lag der Gesamt-Ausstoß aber immer noch bei rund 270.000 Tonnen. Man wolle "möglichst nah an die Null kommen" kündigte Staatsekretärin Splett an.