Die Neue Richtervereinigung in Baden-Württemberg hat CDU-Justizministerin Marion Gentges wegen des Streits um den Präsidentenposten am Oberlandesgericht Stuttgart scharf kritisiert. Der Präsidialrat sei ein von den Richtern demokratisch gewähltes Gremium, das die Exekutive bei der Besetzung von Richterstellen kontrollieren solle, so der Landesvorsitzende der Neuen Richtervereinigung, Frank Bleckmann, gegenüber dem SWR. Es sei befremdlich, wenn nun das Justizministerium den Präsidialrat verklage.
Das Justizministerium hatte beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht, um seinen Personalvorschlag durchzusetzen.
Richterbund gegen Justizministerium Streit um OLG-Chefsessel in BW: Justizministerin verteidigt sich im Ständigen Ausschuss
Der Streit um den Vorsitz des Oberlandesgerichts Stuttgart wird heftiger. Die Justizministerin äußerte sich am Dienstag im Ständigen Ausschuss. Der Richterbund ist empört.
Neue Richtervereinigung: Empörung unter Richtern groß
Die Empörung unter den Richtern ist laut Bleckmann groß, weil der Vorgang als Angriff der Politik auf die Eigenständigkeit der Justiz wahrgenommen werde. Pikant sei vor allem, dass Justizministerin Gentges eine Führungskraft aus dem Ministerium als OLG-Präsidentin installieren wolle, die bisher durch die CDU-geführte Hausspitze gefördert worden sei.
Der Präsidialrat hatte den Vorschlag der Justizministerin abgelehnt und sich für den Gegenkandidaten ausgesprochen, den Präsidenten des Landgerichts Stuttgart.
Deutscher Richterbund sieht Ansehen der Justiz in Gefahr
Auch der Deutsche Richterbund kritisiert das Vorgehen von Justizministerin Gentges scharf und spricht von einem Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Setze sich die Justizministerin durch, werde das Vertrauen der Richter "in eine sachgerechte, alleine an den Kriterien der Eignung und Befähigung orientierte Besetzung der Beförderungsämter" erheblich beschädigt, so der Richterbund. Es könne sogar das Ansehen der Justiz in der internationalen Wahrnehmung "ernsthaften Schaden nehmen".
Justizministerin Gentges verteidigt Vorgehen
Justizministerin Gentges verteidigte am Dienstag im Ständigen Ausschuss des baden-württembergischen Landtags ihr Vorgehen im Streit um den Chefposten. SPD und FDP hatten eine Sondersitzung zu dem Thema beantragt.
Gentges erklärte, der Präsidialrat des Gerichts habe ihre Kandidatin für den Chefsessel zu Kenntnis genommen und einen eigenen Vorschlag gemacht. Das sei grob rechtswidrig. Es gelte nun die grundsätzliche Frage vor dem Verwaltungsgericht zu klären, ob das Gremium aus Richtern und Richterinnen eine Personalentscheidung durch eine eigene Entscheidung ersetzen könne.