Die AfD steht wegen eines möglichen Etikettenschwindels in der Kritik. In Baden-Württemberg war vor einigen Tagen ungewöhnliche Post in den Briefkästen gelandet. Es handelte sich um eine Broschüre namens "BW-Journal".
Auf der Titelseite prangte in den Landesfarben gelb-schwarz das Baden-Württemberg-Wappen mit den drei Löwen. Auf den ersten Blick wirkte das wie eine offizielle Verlautbarung der Landesregierung. Erst bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus, dass es sich um ein Informationsblatt der AfD-Landtagsfraktion handelte.

Ist das Etikettenschwindel?
Eine rechtliche Prüfung der Landtagsverwaltung ergab, die AfD bewege sich im rechtlich erlaubten Rahmen. Dort verwies man aufs Fraktionsgesetz, wonach "im Rahmen der zulässigen Aufgabenwahrnehmung" die Fraktionen in ihrer Entscheidung über geeignete Mittel ihrer Öffentlichkeitsarbeit frei entscheiden könnten.
Insofern ist die Publikation aus Sicht der Landtagsverwaltung nicht zu beanstanden, es verhält sich also anders als im Bundestagswahlkampf 2017. Damals hatte die AfD-Fraktion laut Landesrechnungshof Wahlplakate und Videoleinwände zu Unrecht mit Fraktionsmitteln bezahlt. Der Landtag forderte deshalb einen niedrigen fünfstelligen Betrag von der AfD zurück.
AfD kritisiert Windenergie und beklagt "Desinformationskampagne" gegen sie
Der Verdacht liege nahe, dass die AfD damit versuche auf diesem Weg eigene thematische Akzente zu setzen, vermutet Knut Bauer aus der SWR-Redaktion Landespolitik. Inhaltlich geht die AfD in der Broschüre auf die steigenden Energiepreise ein und kritisiert die Windenergiepläne der Landesregierung als "Energie-Irrsinn".
Offiziell begründet die AfD-Landtagsfraktion die breite Verteilung ihrer Publikation gegenüber dem SWR damit, dass in vielen Medien über deren politische Arbeit wenig bis gar nicht berichtet werde. Der Zeitpunkt erschien aufgrund der "medialen Desinformationskampagne" angesichts des Kölner Urteils angebracht, so ein Fraktionssprecher. Der Verfassungsschutz darf die AfD laut Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts als rechtsextremistischen Verdachtsfall führen.
Kritik kommt von SPD und FDP
Die Regierungsfraktionen Grüne und CDU halten sich offiziell zurück, hinter vorgehaltener Hand ist die Rede davon, dass die Sache ein "Gschmäckle" habe. SPD-Generalsekretär Sascha Binder sagte, der "Etikettenschwindel", den die AfD auf Kosten der Steuerzahlerinnen und -zahler betreibe, sei schwer zu ertragen. Das Verwaltungsgericht Köln habe offen benannt, dass die AfD nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe, so Binder.
Ähnlich sah das auch der baden-württembergische FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die AfD tue in der Aufmachung der Broschüre so, als informiere die Landesregierung, so Rülke gegenüber dem SWR. Damit sei die Neigung der AfD zu Fake-News erneut "eindrucksvoll bewiesen".
AfD hatte mit Negativschlagzeilen zu kämpfen
Die rechtspopulistische Partei hatte in den vergangenen Wochen und Monaten mit einigen Problemen zu kämpfen. So hatte Ex-Parteichef Jörg Meuthen seinen Rücktritt unter anderem damit begründet, dass die AfD "ins Völkische abdriftet". Und seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist die Putin- und Russlandfreundliche Partei in die Defensive geraten. Auch aus der aktuellen Flüchtlingswelle kann sie anders als 2015 bislang kein politisches Kapital schlagen.