Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) spricht bei einer Regierungskonferenz im Landtag in Stuttgart. (Foto: dpa Bildfunk, Bernd Weißbrod)

Gasknappheit und steigende Preise

"Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung" - Kritik an Kretschmanns Spartipp

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Steigende Gaspreise, Inflation - BW-Ministerpräsident Kretschmann rät: weniger duschen und heizen. Sein Tipp, häufiger zum Waschlappen zu greifen, sorgt für Aufsehen.

In Zeiten von Gasknappheit und steigenden Preisen sieht sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als Energiesparer auf einem guten Weg. "Ich habe ein Elektroauto, ich habe eine riesige Photovoltaikanlage auf dem Dach", sagte er der "Südwest Presse" (Freitagsausgabe). Seit 25 Jahren erhitze er sein Wasser zu 70 Prozent solar, außerdem habe er eine Pelletheizung bestellt. Kretschmanns Tipp: "Wir heizen in der Regel nur ein Zimmer", sagte er. Es sei auch gesünder, wenn man im Haus nicht überall die gleiche Temperatur habe. Außerdem müsse man nicht dauernd duschen.

"Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung."

Einen Schwachpunkt hat der Grünen-Politiker bei sich allerdings ausgemacht: "Bei der Reduzierung des Fleischkonsums habe ich noch Luft nach oben."

Bereits im Juli hatte Ministerpräsident Kretschmann im SWR-Interview appelliert: Man müsse jetzt sparen, um im Winter nicht in eine Gasmangellage zu rutschen.

Linke: Grüne liefern "Waschlappen-Performance"

Für seine Spartipps hat Kretschmann nun scharfe Kritik geerntet, etwa seitens der Linken: "Die Grünen haben es mit ihrer Waschlappen-Performance in der Bundesregierung nicht einmal geschafft, das 9-Euro-Ticket verlängert zu bekommen, hauen aber einen Schlaumeier-Tipp nach dem anderen raus", schrieb der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte, am Freitag in einer Mitteilung. Menschen, die schon seit Jahren sparen müssten, damit sie überhaupt durch den Monat kämen, bräuchten keine "zynischen Energiespartipps" oder "unendlich abgehobene Best-Practice-Beispiele" von grünen Ministerpräsidenten, befand Korte.

Kritik auch von FDP, CDU und SPD

Kretschmanns Ratschlag kommt auch bei anderen Kolleginnen und Kollegen nicht gut an. "Wenn der Staat Vorgaben zur Körperpflege macht, dann haben wir ein Niveau erreicht, das schwerlich unterboten werden kann", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki der "Bild" (Samstag). Denke man Kretschmanns Vorstoß zu Ende, "müsste die vierköpfige Familie sich dann einmal Wasser im Waschbecken teilen, um sich gemäß grüner Energieeinsparvorgaben zu verhalten", so Kubicki.

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Auch die CDU-Energieexpertin und Bundestagsabgeordnete Maria-Lena Weiss kritisierte in dem Blatt "ständig neue Duschtipps der Grünen". SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte dem Nachrichtenportal t-online: "Ich finde es schräg, wenn Menschen mit fünfstelligem Monatseinkommen anderen erklären, wie man spart." Ärmere Menschen wüssten nicht erst seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise, wie man im Alltag spart und wie hart dies sei. "Ich kommentiere mein Duschverhalten nicht. Die Hinweise von diversen Politikern und Politikerinnen zu diesem Thema haben in meinem Kopf Bilder ausgelöst, die ich gar nicht haben wollte", so Kühnert. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits vor einigen Wochen erklärt, dass er inzwischen noch etwas schneller dusche als früher.

"Waschlappen-Hashtag" in den Twitter-Trends

Kretschmanns Aussage treibt auch das Netz um - auf Twitter trendete der Hashtag "Waschlappen" zeitweise auf Platz zwei. Es hagelt von vielen Seiten Kritik. So twitterte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Christian Jung (FDP):

An welchen #Waschlappen in der grün-schwarzen Landesregierung dachte Winfried #Kretschmann genau, als er damit begann, anderen Ratschläge zu erteilen? https://t.co/ClqFVJn0jk

Zynisch äußerte sich auch der stellvertretende bayerischer Ministerpräsident, Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Er schrieb: "Putin kann sein Gas behalten. Wir haben #Waschlappen."

Putin kann sein Gas behalten. Wir haben #Waschlappen

Rund 6.300 Tweets wurden bis zum Samstagmittag mit dem Hashtag "Waschlappen" abgesetzt, die Community zeigt sich größtenteils kritisch. Bislang hat sich Kretschmann nicht zu den Reaktionen auf seinen Ratschlag geäußert.

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