Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl zu Gast bei Wolfgang Heim, SWR1 Leute (Foto: SWR)

"Zerschießt das Völkerrecht"

Krieg in der Ukraine: Kretschmann und Strobl werfen Putin Kriegsverbrechen vor

Stand

Im SWR-Interview fordern Ministerpräsident Kretschmann und sein Stellvertreter Strobl strafrechtliche Konsequenzen für Putin. Kritik üben beide an der Bundesregierung.

Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gehört Russlands Präsident Wladimir Putin vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Putin führe einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung. "Das ist eindeutig ein Kriegsverbrechen und das gehört vor den Strafgerichtshof", so Kretschmann in der Sendung SWR1 Leute.

"Er zerschießt ja nicht nur die Ukraine, sondern die ganze Nachkriegsordnung. Er zerschießt das Völkerrecht."

Verteilung von Geflüchteten: Strobl kritisiert Bundesregierung

In Bezug auf die Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten befürchtet Kretschmann nicht, dass die Stimmung kippt. Man müsse aber damit rechnen, dass es nicht auf dieser Höhe bleibe. Mit Blick auf die Verteilung der Geflüchteten in Deutschland kritisierte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister von Baden-Württemberg, Thomas Strobl, (CDU), vor allem den Bund.

Die Organisation und Verteilung der Geflüchteten aus der Ukraine funktioniere in Deutschland bisher nicht. Der Bund müsse daher dringend damit beginnen, die Expertise der Bundespolizei und des Bundesverfassungsschutzes zu nutzen, fordert Strobl. Es sei ein schwerer Fehler, dass das in den letzten Wochen nicht in zureichendem Maße passiert sei.

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Bisher wurden noch nie so viele ukrainische Geflüchtete im Land registriert wie am Donnerstag. Die Migrationsministerin will die Kapazitäten in den Erstaufnahmestellen erhöhen.

Innenminister Strobl rief angesichts des Krieges in der Ukraine auch dazu auf, die "Querdenken"-Szene nicht aus den Augen zu verlieren. Aus deren Reihen werde eine pro-russische Propaganda verbreitet. Die Lage werde als nicht ungefährlich eingeschätzt, so der CDU-Politiker:

Kretschmann: Corona-Impfpflicht wäre wichtig gewesen

Mit Blick auf die Corona-Pandemie kritisierte Kretschmann im SWR-Interview vor allem, dass es nicht zu einer allgemeinen Impfpflicht gekommen ist. Das wäre für den Herbst wichtig gewesen. Im Verlauf der Pandemie habe die Landesregierung zwar auch genug vor Gericht verloren, weil man bei den Corona-Maßnahmen manchmal vielleicht zu forsch gewesen sei - das bereue er aber nicht.

"Man muss in der Pandemie als Exekutive taff voran gehen. Wenn die Gerichte dann dies oder das korrigieren, das ist in Ordnung. Deswegen sind wir in einem Rechtsstaat."

Opposition will Gesundheitsminister Lucha entlassen

Die Forderung von SPD und FDP, Gesundheits- und Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) wegen "eklatanter Fehlleistungen" in der Corona-Politik zu entlassen, kann Kretschmann nicht nachvollziehen. Der Antrag sei nicht wirklich begründet. Gleichwohl räumt Kretschmann ein, dass es Pannen gegeben habe. Das seien aber mehr Kommunikationspannen als Pannen in der Sache gewesen. Unterstützung kommt vom stellvertretenden Ministerpräsidenten: Baden-Württemberg sei gut durch die Krise gekommen, so Strobl.

Die Opposition wirft Lucha vor, beim Schutz von Alten- und Pflegeheimen in der zweiten Welle der Corona-Pandemie versagt zu haben. Der Minister habe zudem die Öffentlichkeit über die Todeszahlen in Alten- und Pflegeheimen falsch informiert und Zustände dort beschönigt. Auch beim Start der Impfkampagne und der Teststrategie in Schulen und Kitas habe Lucha versagt. Am Donnerstag soll im Landtag über Luchas Entlassung abgestimmt werden.

Kretschmann zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine

In seiner Regierungserklärung hat Kretschmann über die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Baden-Württemberg gesprochen. "Wir müssen uns auf härtere Zeiten einstellen und ja, auch auf härtere Einschnitte", sagte Kretschmann. Er ist auch auf die Unterbringung von Geflüchteten im Land und die Aufnahme von ukrainischen Kindern in Tagesstätten und Schulen eingegangen:

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Umfrage zeigt Zukunftsängste in der Bevölkerung

Unterdessen geht aus einer Umfrage im Auftrag aller Tageszeitungen in Baden-Württemberg hervor, dass die Menschen im Land wegen des Krieges in der Ukraine deutlich pessimistischer in die Zukunft schauen als bislang. Demnach sind die Werte so niedrig wie nie zuvor in den vergangenen sieben Jahrzehnten. Nur noch knapp jeder vierte der Befragten in Baden-Württemberg sieht den kommenden zwölf Monaten mit Hoffnungen entgegen, die große Mehrheit ist hingegen tief besorgt. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach. 33 Prozent der Menschen sind demnach skeptisch, weitere 34 Prozent haben sogar Befürchtungen beim Gedanken an die kommenden Monate. Hoffnungsvoll seien dagegen nur 24 Prozent der Menschen.

Dennoch ist die Hilfsbereitschaft der Befragten den geflüchteten Menschen aus der Ukraine gegenüber groß, wie aus der Umfrage weiter hervorgeht. Unter anderem hält es etwa jeder zweite Befragte (51 Prozent) derzeit für angebracht, dass Deutschland unbürokratisch so viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufnimmt wie möglich. 43 Prozent sind hingegen dafür, die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen.

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