Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kommen in Deutschland an. (Foto: IMAGO, Mike Schmidt)

Geplante Reform des Einwanderungsgesetzes

Kommentar: Warum schnellere Einbürgerung ein Gewinn für Deutschland ist

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Esther Saoub

Es gehört zu einer Demokratie, dass Gesetzentwürfe diskutiert werden. Aber bitte nicht populistisch verkürzt, meint Esther Saoub aus der SWR-Redaktion Religion und Gesellschaft.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einen Entwurf für das neue Einbürgerungsgesetz vorgelegt. Statt wie bislang nach acht Jahren soll man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden - etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.

Alexander Dobrindt (CSU) ist dagegen. Er redet davon, dass der deutsche Pass "verramscht" werde. Er unterstellt, dass eine Einbürgerung nach fünf Jahren illegale Migration anziehen werde. Friedrich Merz (CDU) prophezeit, obwohl ein fester Job Bedingung bleibt, eine "Einwanderung in die Sozialsysteme".

Hierzu mal eben der Blick über die Grenzen: In vielen europäischen Staaten - etwa in Frankreich oder Belgien - ist eine Einbürgerung nach vier oder fünf Jahren längst üblich. Und: Deutschland steht bei der Zahl der Eingebürgerten pro 100 ansässigen Ausländerinnen und Ausländern im letzten Drittel der europäischen Staaten, weit hinter Schweden, den Niederlanden oder Portugal.

Esther Saoub, SWR-Abteilungsleiterin Religion und Welt (Foto: SWR)
Esther Saoub, SWR-Abteilungsleiterin Religion und Welt

Vorschlag zur Einbürgerung: Realität statt Revolution

Was Nancy Faeser (SPD) vorschlägt, ist also keine Revolution, sondern eine Anpassung an die Realität. Um in der Sprache der Union zu bleiben: Es geht hier nicht um Ausverkauf, sondern um Gewinn.

Vor einigen Wochen habe ich eine Familie besucht, die gerade den letzten von vier Pässen erhalten hatte. "Herzlichen Glückwunsch!" habe ich gesagt, und zwar nicht zu der Familie am Kaffeetisch, sondern zu uns Deutschen, die wir diese vier Menschen gewonnen haben: Der Vater ist voll berufstätig, die Mutter arbeitet im Minijob und engagiert sich ehrenamtlich, beide Töchter gehen aufs Gymnasium.

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Der Familienvater wurde bereits nach gut fünf Jahren eingebürgert. Das geht auch heute schon, wenn man einen unbefristeten Arbeitsvertrag und Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 vorweisen kann. Kurz zur Einordnung: C1 braucht ungefähr 600 Lernstunden und entspricht einer eins in Englisch oder Französisch im Abitur. Außerdem ist da auch noch der Einbürgerungstest, der nicht nur nach den Meilensteinen der deutschen Geschichte und der demokratischen Grundordnung fragt, sondern auch wissen will, wie viele Mitgliedsstaaten die EU hat. Jedenfalls einige, in denen die Staatsbürgerschaft schon lange schneller zu haben ist als hier bei uns.

Sprachkurs für Menschen mit Migrationshintergrund (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Sebastian Kahnert)
Ein C1-Zertifikat für Fremdsprachen braucht ungefährt 600 Lernstunden und entspricht einer eins im Abitur. (Symbolbild)

Investition in die Zukunft

Deutschland braucht Zuwanderung: Jetzt, um den besorgniserregenden Mangel an Fachkräften auszugleichen, und künftig, damit unser Rentensystem auch für kommende Generationen funktioniert. Je schneller diejenigen, die sich in Arbeitswelt und Gesellschaft integrieren wollen, eingebürgert werden, desto schneller gewinnen wir sie auch langfristig als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Das gilt für Geflüchtete ebenso wie für Menschen, die mit Arbeitsvisum einreisen oder aus einem EU-Staat kommen. Die Debatte um die Einbürgerung beruht auf wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Überlegungen. Populismus ist hier völlig fehl am Platz.

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