Auf dem Schild am Eingang eines Restaurants steht "2G - Regel".  (Foto: dpa Bildfunk, SWR, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt - Montage SWR)

Kommentar aus der SWR-Landespolitik

Corona-Politik in BW: "Es droht aus Stärke Starrsinn zu werden"

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BW-Ministerpräsident Kretschmann hat vor Ostern Lockerungen weitestgehend ausgeschlossen. Damit verspielt er viel Vertrauen, kommentiert Uschi Strautmann aus der SWR-Redaktion Landespolitik.

Ganz ehrlich: Im Großen und Ganzen habe ich mich in den letzten zwei Jahren während der Pandemie in meinem Bundesland Baden-Württemberg gut aufgehoben gefühlt. Im Vergleich zu vielen anderen Staaten standen wir ja recht gut da. Vor allem gab es hier nicht so viele Tote wie etwa in Italien oder den USA.

An die Einschränkungen habe ich mich irgendwann gewöhnt und versucht, es positiv zu nehmen. Aber jetzt geht es mir wie den meisten Menschen, ich bin müde von der Pandemie. Es sind vor allem persönliche Begegnungen, auf die ich verzichten musste. Ich bin gespannt, was das noch mit uns Menschen macht.

Portraitfoto von Uschi Strautmann, SWR-Redaktion Landespolitik (Foto: SWR)
Uschi Strautmann, SWR-Redaktion Landespolitik

Wird aus Stärke der Landesregierung nun Starrsinn?

Bislang habe ich der Politik vertraut. Es hat mich sogar beruhigt, dass wir in Baden-Württemberg einen Landesvater haben, der Kurs halten kann. Aber jetzt droht aus der Stärke Starrsinn zu werden. Es reicht! Die Proteste gegen die Coronapolitik nehmen zu und damit auch die Spaltung in der Gesellschaft. Das spüre ich in vielen Alltagssituationen: ob bei meiner anthroposophisch eingestellten, ungeimpften Physiotherapeutin oder bei meinem ungeimpften Apotheker. Hinzu kommen die deutlich milderen Verläufe bei Omikron.

In dieser Gemengelage kündigt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an: keine Lockerungen vor Ostern. Basta. Und bitte keine öffentlichen Diskussionen darüber. Was hat das denn bitteschön mit der Politik des Gehörtwerdens zu tun?

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"Mit Basta-Politik gewinnt man kein Vertrauen"

Ich dachte, dass Hinterzimmerpolitik der Vergangenheit angehört. Da kann Kretschmann Kopfstände machen: Die Diskussion über Lockerungen wird an Fahrt aufnehmen - jetzt, wo andere europäische Länder ihre kompletten Beschränkungen aufheben. Die Menschen sind bereit, vieles hinzunehmen. Aber sie brauchen eine Perspektive.

Politische Führung kann sich nicht darauf beschränken, Verordnungen zu erlassen. Führung heißt die Richtung vorgeben - und in diesem Fall auch zu zeigen, wo Licht am Ende des Tunnels ist. Darauf warten die Menschen. Mit Basta-Politik gewinnt man eines mit Sicherheit nicht, und das ist das größte Kapital der Politik: Vertrauen.

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