Klimawandel - bei zunehmender Hitze Alltag: Eine Frau geht in einer Stadt zwischen Wasserfontänen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Andreas Arnold )

Klimazukunft 2050

So verändert der Klimawandel das Leben der Menschen in Baden-Württemberg

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AUTOR/IN
Axel Weiß
Stefanie Peyk
Rafaela Rübsamen

Wir schreiben das Jahr 2050. Die Hitzetage führen zu mehr Toten und neue Krankheiten breiten sich aus. Durch den Klimawandel ändert sich unser Alltag - ein Szenario in Schlaglichtern.

Sommertage mit Temperaturen über 30 Grad sind 2050 völlig normal geworden. Regelmäßig steigt die Temperatur über 40 Grad. In manchen Ortsteilen von Stuttgart ist die Zahl der Tage mit hoher Hitzebelastung auf bis zu 70 pro Jahr angewachsen, früher waren es 30. Hinzu kommen die städtebaulich bedingten Erwärmungen. Eine Fassade erhitzt sich unter Sonnenschein gern auf über 40 Grad, der Straßenbelag aus Asphalt auf 45 Grad. Problematisch sind die hohen Temperaturen vor allem für arme und ältere Bevölkerungsschichten in kleinen, schlecht belüfteten und überhitzten Stadtwohnungen. Das Sterberisiko ist stark gestiegen. Die früheren Wärmestuben für Obdachlose sind durch öffentliche Kühlräume abgelöst worden. 

Manche Städte haben sich an die Hitze angepasst

Bereits ab den 2010er Jahren hatten einige Städte in Baden-Württemberg beschlossen, sich dem Klimawandel anzupassen. Manche Städte haben die Pläne aber nicht umgesetzt, andere dagegen profitieren 2050 von ihrer Weitsicht: In besonders hitzebelasteten Stadtteilen von Freiburg wurden über Plätzen große Sonnensegel wie in Andalusien installiert. Eine intelligente Gebäudeplanung mit begrünten Fassaden und mehr offenem Wasser helfen kühlen. Überall in der Stadt sind Trinkbrunnen aufgestellt. Auch in Karlsruhe wurden Fassaden begrünt und Böden entsiegelt. Aus gutem Grund: Straßen mit Bäumen haben fast vier Grad niedrigere Temperaturen, begrünte Fassaden senken die Stadthitze um 1,4 Grad.

Folgen den Klimawandels: Eine Frau sitzt in Stuttgart neben einem Brunnen um sich abzukühlen (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Sommertage mit Temperaturen über 30 Grad könnten 2050 völlig normal werden. Einige Städte bereiten sich jetzt schon darauf vor.

Immer häufiger verwüsten extreme Regenfälle das Land

Alle fünf Jahre gibt es ähnliche Ereignisse wie die Sturzflut in Braunsbach oder die Flut im Ahrtal. Niederschlagsmengen von über 100 Millimetern pro Quadratmeter ereignen sich 2050 jährlich mehrfach. Mit massiven baulichen Anstrengungen ist es zwar gelungen, die Schadenshöhe vorbeugend etwas zu begrenzen. Doch immer mehr Talböden im Land können nicht mehr dauerhaft besiedelt werden und sind aufgegeben, weil die Gefahr von Zerstörungen derart angewachsen ist. Bis 2100 wird es noch schlimmer: Die Prognosen rechnen mit einer Zunahme der Starkregen um 50 Prozent.

Gebäude sind für die Veränderungen nicht ausgelegt

Viele, gerade auch neuere Häuser sind dem veränderten Klima nicht gewachsen. Weil die konkreten Bauvorschriften viel zu spät an den Klimawandel angepasst wurden, leiden 2050 viele Menschen schwer unter sommerlicher Hitze. Der Einbau von stromfressenden Klimaanlagen ist mittlerweile vielerorts zwingend.

Außerdem kommt es häufig zu Schäden, weil Regenrinnen und -leitungen unterdimensioniert sind und Starkregen nicht aufnehmen können. Solaranlagen werden immer wieder von den häufiger gewordenen schweren Hagelschauern zertrümmert, weil sie nicht vorab ausreichend getestet wurden. Und die Dächer werden durch die stärker gewordenen Stürme leichter abgedeckt, weil die Dachziegel nicht standardmäßig alle einzeln angeklammert wurden.

 

Uferpflanzen werden am Rhein an einer Uferpromenade von Flusswasser umspült (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Uwe Anspach)
2050 könnten Starkregen und Hochwasser zur Normalität gehören.

Neue Allergien und Krankheiten verbreiten sich

Die hochgradig allergieauslösende Pflanze Ambrosia (Beifußblättriges Traubenkraut) hat sich endgültig flächendeckend im Südwesten etabliert. 2020 war sie noch weitgehend auf die Oberrheinebene begrenzt. Nun findet sie sich verbreitet an Feldrändern, in Weinbergen und Brachflächen im ganzen Land. Der Kampf gegen die eingewanderte, wärmeliebende Art wurde 2040 aufgegeben, freiwillige Aufklärungsmaßnahmen seit 2010 erwiesen sich als ungenügend. Durch die erhöhte Konzentration von CO2 in der Luft sind die Pollen von Ambrosia, aber auch von Birken, aggressiver geworden. Allergiker müssen sich jetzt durch dauerhaftes Tragen von Masken im Freien schützen. 

Schlafen nur mit Moskitonetz

Mit Moskitonetz schlafen ist 2050 üblich geworden, denn die Zahl der Mückenarten ist als Folge des Klimawandels gestiegen. Und diese können Tropenkrankheiten wie das gefährliche Dengue-Fieber oder das Chikungunya-Virus übertragen, das extreme Gelenkschmerzen auslöst. Mückenspray vor dem Rausgehen, Fenster mit Insektengittern und lange Kleidung auch in heißen Nächten sind mittlerweile in Baden-Württemberg in den tieferen Lagen selbstverständlich geworden.

Der Feldberg ist das einzige Skigebiet in Baden-Württemberg

Die Zahl der Schneetage auf dem Feldberg hat sich gegenüber 2020 fast halbiert. Darum wird auf Kunstschnee gesetzt. Der Klimawandel und die wärmeren Winter haben in den Lagen unter 900 Höhenmetern etwa in der Ortenau und auf der Schwäbischen Alb bereits ab 2035 zum vollständigen Abbau der Skilifte geführt. In den höheren Lagen der Mittelgebirge waren die Temperaturen fast dreimal so schnell gestiegen wie im Flachland. Naturschützer bemängeln, dass das Schmelzwasser des Kunstschnees zu Veränderungen der empfindlichen Flora und Fauna auf der Feldbergkuppe geführt hat. Auch der Bau von Speicherbecken für die Schneekanonen wird kritisiert.

Klimafreundlicher Verkehr

Immer weniger Menschen besitzen ein eigenes Auto. Stattdessen nutzen sie flexibel öffentliche Verkehrsmittel, Elektroautos in Carsharing-Modellen, Pedelecs und Fahrräder. Zwischen Karlsruhe und Pforzheim gibt es eine 30 Kilometer kreuzungsfreie Schnelltrasse nur für Pedelecs bis 45 Stundenkilometer. Sie sollte die ständig verstaute A8 mit Autos durch den Schwarzwald entlasten. Der Fahrradschnellweg verkürzt die Fahrzeit zwischen beiden Städten auf eine knappe Dreiviertelstunde und wurde dadurch für viele Pendler eine interessante Alternative zum individuellen Pkw. Auf dem Bodensee sind nur noch klimaneutrale Sportboote zugelassen.

Pedelec (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Daniel Karmann)
Auch eine Veränderung, so prognostizieren Experten: Immer weniger Menschen fahren Auto. Stattdessen nutzen sie Alternativen wie Pedelecs.

Menschen auf der Flucht zu uns

In anderen Gegenden der Welt leiden die Menschen noch deutlich stärker unter dem Klimawandel als wir. Oft bleibt ihnen nur zu fliehen - auch zu uns. Ein denkbares Szenario: 2015 kamen zahlreiche Geflüchtete aus Syrien zu uns, 2022 aus der Ukraine. Aber beides war kein Vergleich zu dem, was ab 2040 geschah.

Andauernde Dürre hat den Südosten von Afrika von Somalia bis Kenia und auch Teile Westafrikas und des Nahen Ostens nahezu unbewohnbar gemacht. Wer noch konnte, machte sich auf die Reise nach Norden, nach Europa. Angesichts der großen Menschenmassen war eine Abschottung Europas, wie sie noch in den 2020er Jahren praktiziert wurde, nicht mehr möglich. Ganz Europa befindet sich seither in einem Umbruch, dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft erheblich und nicht absehbar sind. Das erleben wir auch in Baden-Württemberg hautnah.

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