Ein Impfbuch mit einem Eintrag einer Booster Impfung gegen Covid-19 liegt auf einem Tisch. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Viele Verfahren ziehen sich in die Länge

Nach Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht: Bisher keine Bußgelder in BW verhängt

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Seit Kurzem gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Baden-Württemberg. Bußgelder gegen ungeimpfte Mitarbeitende im Gesundheitswesen wurden bisher aber noch nicht verhängt.

Seit Mitte März gilt in Baden-Württemberg die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Kliniken, Heime und Einrichtungen, Praxen und ambulante Dienste müssen seitdem Mitarbeitende beim Gesundheitsamt melden, die nicht geimpft oder genesen sind oder bei denen es Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Nachweise gibt.

Bis zum Ablauf einer zweiwöchigen Meldefrist Ende März wurden den Behörden nach Angaben des Sozialministeriums rund 32.000 ungeimpfte Beschäftigte gemeldet. Abstrakt betrachtet seien rund 32.000 Menschen eine sehr große Zahl, sagte der Amtschef Pandemiebewältigung im Gesundheitsministerium, Uwe Lahl. Es arbeiteten aber insgesamt rund 1,8 Millionen Menschen im Bereich Gesundheit. Es sind also nur rund 1,8 Prozent ungeimpfte Mitarbeitende, die den Behörden gemeldet wurden.

Zwei Pflegekräfte beugen sich auf einer Intensivstation über einen Menschen im Bett (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael)
Tätigkeiten wie hier auf der Intensivstation dürfen ungeimpfte Mitarbeitende wohl eher nicht ausüben. (Symbolbild)

Verfahren dauern an

Auch wenn sich bei den Gesundheitsämtern im Land Zehntausende Beschäftigte ohne Impfnachweis aus Kliniken oder Pflegeheimen gemeldet haben, dauern die Verfahren gegen sie noch an, wie aus Anfragen bei mehreren Kommunen hervorgeht.

Beim Gesundheitsamt in Karlsruhe haben sich bislang rund 1.800 Beschäftigte gemeldet, die keinen Nachweis einer Impfung oder Genesung haben oder über ein Attest zur Befreiung von der Corona-Impfung verfügen. Bußgelder wurden deshalb aber noch keine verhängt, wie ein Sprecher mitteilte.

Hunderte Antwortschreiben auszuwerten

Auch das Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart hat noch keine Bußgelder verhängt. Dort wurden dem Amt bislang 2.240 Beschäftigte ohne Nachweis gemeldet. Wie viele davon keine Impfung haben, lasse sich aber nicht sagen, teilte ein Sprecher mit. Die Verwaltungsverfahren dauerten an.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Konstanz, Mannheim, Reutlingen und beim Gesundheitsamt in Freiburg. Auch dort wurden bislang keine Bußgelder verhängt. Man nehme zunächst Kontakt mit den Betroffenen auf, teilte eine Sprecherin der Stadt Mannheim mit. Betretungsverbote wolle man versuchen zu vermeiden.

Zuletzt häufte sich die Kritik an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Bernhard Schneider von der Evangelischen Heimstiftung sagte, dass es "nicht mehr zu vertreten" sei, tausende ungeimpfte Pflegekräfte nach Hause zu schicken, während "oft genug Besucher das Virus in die Einrichtung tragen" würden.

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Gesundheitsämter prüfen jeden Fall einzeln

Eine Rolle für die lange Bearbeitungszeit spielt auch die Tatsache, dass die Gesundheitsämter bei der Kontrolle der Impfpflicht jeden Fall einzeln betrachten. Zunächst wird versucht, die Betroffenen von der Maßnahme zu überzeugen. Ist kein Umdenken in Sicht, kann das Amt "innerhalb einer angemessenen Frist" das Betreten des Arbeitsplatzes und die dort ausgeübte Tätigkeit untersagen. Auch ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro ist möglich.

FDP warnt vor Flickenteppich in BW

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, forderte, dass die Gesundheitsämter die Ermessensspielräume nutzen und die Vorgaben einheitlich umsetzen sollten. Dies sicherzustellen sei Aufgabe von Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). "Wenn jetzt ein Flickenteppich durch unterschiedliche Handhabungen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht entsteht, führt das verständlicherweise zu unnötigem Unmut bei den Beschäftigten und Arbeitgebern", so Haußmann. Der FDP-Politiker empfahl den Beschäftigten zugleich, sich impfen zu lassen.

Lucha: Gesundheitsämter handeln einheitlich

Gesundheitsminister Lucha widersprach der Befürchtung, es könnte ein Flickenteppich entstehen. "Zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben wir nämlich zusammen mit den Gesundheitsämtern und den kommunalen Landesverbänden einen ausführlichen Handlungsleitfaden erarbeitet", so Lucha. Auch Versorgungsengpässe werde es nicht geben. Denn im Notfall könnten Gesundheitsämter ungeimpften Mitarbeitenden zunächst befristet und unter Auflagen die weitere Tätigkeit gestatten, erklärte der Gesundheitsminister.

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SWR