Somidh Saha ist Forstexperte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er kooperiert in seiner Arbeit eng mit den US-Forstbehörden. Im Interview mit dem SWR spricht er über Gründe für die verheerenden Brände im Großraum Los Angeles, ob solche Waldbrände auch hier in der Region möglich wären und was passieren muss, um das zu verhindern.
SWR Aktuell: Wenn man sich die schweren Waldbrände in Kalifornien ansieht, welche Faktoren kamen da zusammen?
Somidh Saha: Ich denke, man kann ganz klar sagen, das ist der Einfluss des vom Menschen geschaffenen Klimawandels. Die Luft ist sehr trocken. Es gibt einen Faktor, den man "Dampfdruckdefizit" nennt, also das Defizit zwischen der Wassermenge, die die Luft aufnehmen kann, und der tatsächlichen Menge an Wasser in der Luft. Dieser Unterschied ist groß.
Das heißt, die Luft ist so trocken, dass sich der Wald bei einem Blitzschlag oder einem Feuer schnell entzünden kann. Dazu gibt es einen starken Wind. Das führt dazu, dass sich das Feuer unkontrolliert ausbreitet, bis zu 100 Kilometer in der Stunde.
Ein weiterer Grund ist die Situation in Los Angeles. Es gibt viele Siedlungen direkt neben dem Wald. Es ist also eine Kombination aus Missmanagement, schlechter Stadtplanung und den Auswirkungen des Klimawandels.
Stuttgarter Porsche-Mitarbeiterin erlebt das Feuer in L.A. Waldbrände in Los Angeles: "Das ist alles sehr bedrückend"
Zehn Tote und tausende zerstörte Häuser - das sind bis jetzt die Folgen der Waldbrände in Los Angeles. Susanne Bierler aus Stuttgart macht dort gerade ein Praktikum und erlebt nun Feuer und Zerstörung statt Sonne und Easy Living.
SWR Aktuell: Sind Brände wie im Großraum Los Angeles auch in unserer Region möglich?
Saha: Im Westen der USA reden wir über tausende oder Millionen Hektar Land, die brennen. Wir hier in Deutschland sind mit solchen Großbränden nicht vertraut. Hier sind es 100, 400, 500 Hektar. Es gibt aber Forschungen, die zeigen, dass es auch in Deutschland immer trockener wird. Nicht nur die Luft, auch der Boden wird trockener.
Ich denke, das Brandrisiko in der Nähe von Städten wird definitiv steigen. Wir haben in Deutschland eine sehr berühmte Kulturlandschaft. Man kann zum Beispiel in Karlsruhe sein Büro haben und dann in den Hardtwald zum Joggen gehen. Der Wald endet häufig direkt vor der Haustür. Damit erhöht sich gleichzeitig das Risiko erheblich, dass sich ein Feuer vom Wald auf die Stadt ausbreitet.
SWR Aktuell: Was muss sich ändern, damit unsere Wälder besser vor Bränden geschützt sind?
Saha: Das Wichtigste ist die Geschwindigkeit des Feuers, also die Brandausbreitung. Sie sollte so weit wie möglich verringert werden. Unsere Forstverwaltung kennt die Herausforderungen, die mit dem Waldumbau verbunden sind, nämlich die Umstellung von Monokulturen auf Mischwald. Der Vorteil ist: diese Art von Wald kann mehr Wasser aufnehmen.
Ein Beispiel: Bis ein Wald mit Buchen und Eichen brennt, dauert es länger als bei einer Monokulturen aus Nadelbäumen. Wenn man also die Waldstruktur verändert, verbessert man gleichzeitig die Wasserspeicherung im Wald, den Feuchtigkeitsgehalt im Boden und auch das lokale Mikroklima.
Es geht darum, den Punkt zu vermeiden, an dem es kein Zurück mehr gibt: den "Point of no return", an dem es so trocken ist, dass jeder kleine Funke - egal ob durch menschliche Fahrlässigkeit oder durch natürliche Einflüsse - ein großes Feuer auslöst. Dieses Risiko kann man abmildern. Indem man das Management und die Struktur des Waldes ändert.