Proben des Vocalensemble Rastatt zur h-Moll-Messe in der Staatsoper Hamburg (Foto: Pressestelle, Vocalensemble Rastatt / Kian Jazdi)

Neumeier-Neuproduktion "Dona Nobis Pacem"

Vocalensemble Rastatt singt in der Hamburger Staatsoper

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Johannes Stier

Das Vocalensemble Rastatt singt am Sonntag bei der Uraufführung von John Neumeiers neuer Ballett-Produktion "Dona Nobis Pacem" in der Hamburger Staatsoper. Die letzten Proben haben begonnen.

Die professionellen Sängerinnen und Sänger des Rastatter Kammerchors treten weltweit auf und waren schon für einen Grammy nominiert. Jetzt singen sie an der Staatsoper Hamburg Bachs h-Moll Messe in der Neuproduktion des Ballettdirektors John Neumeier. Die musikalische Leitung hat Holger Speck, der Gründer des Vokalensemble Rastatt.

SWR-Moderator Johannes Stier sprach mit Holger Speck

J. Stier: Herr Speck, seit Wochen proben Sie täglich mit Chor und Orchester. Wie sehen ihre Arbeitstage in Hamburg aus?

H. Speck: Vor zwei Tagen bin ich um neun Uhr ins Theater und um halb zwölf Abends raus. Im Theater ist es eben so, weil die Produktionsbedingungen mit so einem Riesenapparat mit 70 Tänzern, mit Orchester, mit Chor, mit Technik, mit Bühne, mit Licht, mit Kostümen einfach auch Unvorhergesehenes mit sich bringen. Man kann nicht sagen, ich habe von zehn bis zwölf Probe und dann gehe ich nach Hause und esse zu Mittag. Aber ich denke, jetzt ist Land in Sicht. Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, dann ist die Premiere am Sonntag.

J. Stier: Sie sind mit dem Vocalensemble Rastatt die Wunschbesetzung von John Neumeier. Der hat Sie 2019 erlebt und war so angetan, dass er gesagt hat, die will ich haben.

H. Speck: Das war unglaublich. Das war nach der Premierenfeier von Glucks "Orfeo" im Festspielhaus in Baden-Baden. Nach der Premiere kam John auf mich zu und sagte: "Sollte ich jemals dieses Herzensstück von mir choreographieren, dann würde ich das gerne mit deinem Chor machen." Ich habe mich wahnsinnig gefreut, habe aber ehrlich gesagt gedacht, dass das gar nicht passieren wird. Dann klingelte letztes Jahr das Telefon: "Was machst du nächstes Jahr im November und Dezember?". Das war natürlich eine ganz tolle Überraschung, eine Riesenfreude und eine große Ehre. "Ehre" klingt pathetisch, aber es ist wirklich so. Diesem Menschen jetzt seine Abschiedsproduktion musikalisch gestalten zu dürfen! Ich habe schon ordentlich Respekt davor.

J. Stier: Neumeier ist seit 50 Jahren Ballettdirektor in Hamburg, bringt zu seinem Jubiläum jetzt diese Neuproduktion "Dona nobis pacem" auf die Bühne. Der legendäre Neumeier, das Jubiläum, die Staatsoper Hamburg, die musikalische Leitung! Sie haben es gerade schon gesagt, Herr Speck, es ist eine Ehre, aber ist es auch eine Bürde für Sie und das Ensemble?

H. Speck: Ja, es ist schon viel Druck, denn es wird auf allerhöchstem Niveau gearbeitet. Die Compagnie hier ist Weltspitze. Diese jungen Tänzerinnen und Tänzer vollbringen unglaubliche Dinge. Es wird immer die absolute Höchstleistung erwartet. Das ist selbstverständlich. Und da können wir Musiker uns auch eine Scheibe davon abschneiden. Da muss man schon einen Klimmzug machen, damit man da mithalten kann.

J. Stier: Eine richtig große Produktion mit vielen Künstlern. Wie einfach ist es, oder wie schwierig ist es, all die Menschen zu koordinieren?

H. Speck: Die Sache wird so sein, dass das Orchester und der Chor, wie bei "Orfeo" in Baden-Baden auch, einen "Konzertsaal" hat, der eben der Orchestergraben ist. Auf der Bühne findet die Choreografie statt, ich glaube mit zwischen 50 und 60 Tänzern. Das heißt, ich bin verantwortlich für die Musik, die aus dem Graben kommt, muss sie natürlich aber mit der Bühne koordinieren, das heißt auf ganz kleine Bewegungen auf der Bühne reagieren. Ist den Tänzern das Tempo zu langsam, zu schnell? Das heißt, ich bin so eine Art Schaltstelle oder Kommunikator zwischen Bühne und Musik.

John Neumeiser (Porträt) (Foto: IMAGO, Hauke Hass)
John Neumeier

Im kommenden Jahr wird die Hamburger Produktion dann im Baden-Badener Festspielhaus zu sehen sein.

Zeitgenossen John Neumeier: „Ballett, das bin ich.”

Seit fast 50 Jahren schreibt der gebürtige Amerikaner Tanzgeschichte. In den 1960er-Jahren kam Neumeier nach Deutschland und ist seit 1973 Ballettdirektor und Chefchoreograf des Hamburg Balletts und seit 1996 auch Ballettintendant an der Staatsoper in Hamburg.

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