Die Kosten für Strom und Gas sind stark angestiegen. (Foto: IMAGO, IMAGO / Eibner)

"Schlimmer als Corona"

Gestiegene Energiepreise: Erste Betriebe in der Region Karlsruhe schließen

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Matthias Stauss
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Die Preise für Strom und Gas bringen viele Unternehmen in Not. In Forst und in Ettlingen machen zwei Betriebe deswegen dicht. Auch viele Handwerksbetriebe kommen an ihre Grenzen.

Die Ettlin AG in Ettlingen stellt Textilien unterschiedlichster Art her. Und das schon seit über 180 Jahren. Für einen Teil des Unternehmens soll damit aber im Frühjahr 2023 Schluss sein. Es geht um die Weberei-Produktion, die zum Beispiel Schleifscheiben herstellt. Der Grund für die Schließung: Die gestiegenen Energiekosten für Strom und Gas.

Für ihren Strom hat Ettlin letztes Jahr noch gut fünf Cent pro Kilowattstunde bezahlt. Jetzt seien es über 40 Cent, sagt Vorstand Oliver Maetschke. Auch der Preis beim Gas sei sechs bis sieben Mal so hoch.

"Durch die extremen Energiepreiserhöhungen ist unsere Geschäftsgrundlage komplett weggefallen."

Ettlin AG: Über 50 Mitarbeiter verlieren wohl ihren Job

Das rentiert sich nicht mehr. Mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden voraussichtlich ihren Job verlieren. Die Unternehmensleitung ist aktuell in Gesprächen mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft. Und Ettlin ist mit dieser Situation nicht allein.

Auch der Standort der Firma BIA im nördlichen Landkreis Karlsruhe macht Ende Oktober dicht. BIA ist in der Automobilbranche tätig, über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihren Job. "Die Energiepreise sind ein Faktor, der uns das Genick gebrochen hat", gibt ein Mitglied des Betriebsrates zu. Aber auch die Auswirkungen der Corona-Krise und der Ukraine-Krieg hätten eine Rolle gespielt. Um keine Nachteile bei der Suche nach einem neuen Job zu haben, möchte die Person nicht namentlich genannt werden.

"Die Energiepreise sind ein Faktor, der uns das Genick gebrochen hat."

Hohe Energiepreise sind "schlimmer als Corona"

Nicht nur in der Industrie sind die gestiegenen Energiepreise ein Problem, sondern auch im Handwerk. Der Pressesprecher der Handwerkskammer Karlsruhe, Alexander Fenzl findet, dass die Belastungen aktuell stärker seien als in den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie. Die Handwerksbetriebe in der Region Karlsruhe hätten Zukunftssorgen und Ängste.

Das hat die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammer ergeben. Demnach melden fast 90 Prozent der Betriebe gestiegene Einkaufspreise. Insbesondere die Energiekosten würden viele Unternehmen überfordern, so die Handwerkskammer.

Bis jetzt sind Alexander Fenzl jedoch keine Betriebe bekannt, die wegen der aktuellen Situation schließen mussten. Mehr als die Hälfte der rund 20.000 Mitgliedsbetriebe vermeldet eine gute Geschäftslage im dritten Quartal.

Bäcker, Metzger und Textilreiniger besonders betroffen

Wer viel Strom und Gas braucht, bekommt die Preissteigerungen natürlich auch deutlicher zu spüren. Dazu zähle das Nahrungsmittelhandwerk wie Bäcker oder Metzger, sagt Alexander Fenzl. Aber auch Textilreiniger hätten zu kämpfen.

Die Handwerkskammer, aber auch die Industrie- und Handelskammer fordern schnell mehr Unterstützung von der Politik. Für Gert Adler, stellvertretender Hauptgeschäftsführer bei der IHK in Karlsruhe, ist die Gaspreisbremse ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Alle Probleme seien damit aber nicht gelöst. Für Alexander Fenzl steht fest: Wenn die Hilfen erst im Frühjahr kommen, könne es für manche Betriebe schon zu spät sein.

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