Das Entsetzen steht der Gastgeberin ins Gesicht geschrieben. Anke Brüderle hat die Ukrainerin Alexandra Yurchenko in ihrer Ferienwohnung in der Nähe von Karlsruhe aufgenommen. Die Bilder und der Kriegslärm aus der Heimat lassen die Mutter von zwei Kindern nicht los:
"Ich fühle mich eigentlich ganz gut, aber am ersten Tag habe ich hier eine Sirene gehört. Und da habe ich mich sehr erschreckt und dachte Oh Gott, da passiert irgendwas."
Karlsruher Gastgeberin ist herausgefordert mit der Kriegssituation

Der achtjährige Andrej kann sich gut ablenken mit dem gespendeten Spielzeug, seiner 12-jährige Schwester geht es psychisch aber nicht gut. Und Anke Brüderle, die einfach helfen will und gut russisch spricht, spürt, dass ihr die Situation der ukrainischen Familie sehr nahe geht.
"Ich konnte die ersten zwei Tage sehr schlecht schlafen", sagt sie. Sechs Stunden sei sie wach gelegen, weil ihr alles mögliche durch den Kopf ging. "Was ich feststelle, seit Alexandra mit den Kindern da ist, dass ich weniger fernsehe."
"Ich erspare mir auch aus Zeitmangel, diese fürchterlichen Bilder."
Ukrainer werden psychologisch begleitet
An der Max-Grundig-Klinik auf der Bühlerhöhe werden Menschen behandelt, die traumatisiert sind. Chefarzt Christian Graz hält es jetzt für besonders wichtig, dass Gastgeber von Flüchtlingen einfach nur menschlich sind.
"Empathie, Trost spenden, die Dinge zu verarbeiten, das nennt sich Stabilisierung, das ist auch die erste Phase einer traumaspezifischen Therapie. Es geht nicht darum, konfrontierend jedes dieser Ereignisse schildern zu lassen, sondern die Menschen ankommen zu lassen", sagt Graz.

Gastgeberfamilien wollen alles richtig machen
Anke Brüderle gibt sich viel Mühe, da alles richtig zu machen. "Für mich ist die Hilfe, die ich leiste, einfach auch wie eine kleine Selbsttherapie. Man kommt aus dieser Situation der Hilflosigkeit raus."
In der Klinik auf der Bühlerhöhe werden ziemlich sicher bald auch traumatisierte Menschen aus der Ukraine behandelt. "In zwei bis sechs Monaten werden wir die ersten Patienten aus der Ukraine haben, die solche Symptome im Alltag haben und den Gastgeberfamilien zu schaffen machen", sagt Graz. Noch aber ist vor allem Notfallhilfe gefragt, so wie Anke Brüderle das macht.