Manchmal schmerzt nicht der Rücken oder der Bauch, sondern es zwickt irgendwo in einem selbst. Gestresst vom Job, Streit mit dem Partner, schlechte Nachrichten von Krieg oder zwei Jahren Corona-Pandemie - es gibt genug Gründe, warum es einem mal nicht gut gehen kann. Manche wenden sich an Freunde oder Familie, andere wollen das nicht oder haben niemanden, dem sie sich so anvertrauen können.
Genau dafür ist die "brücke" Karlsruhe eine Anlaufstelle. Sie ist eine Beratungsstelle, eine sogenannte Offene Tür und gleichzeitig auch ein offenes Ohr für Hilfesuchende.
Seelsorge ohne Termin am Kronenplatz in Karlsruhe
Am Karlsruher Kronenplatz, direkt hinter dem Jugenclub Jubez, ist der Eingang zur "brücke". Wenn man die Tür öffnet, kommt man in einen Empfangsraum mit kleinen Bistrotischen, an der Wand hängen eine Menge Flyer. Je nachdem wie viel los ist, dürfen Hilfesuchende direkt in eines der Gesprächszimmer zu den ausgebildeten Seelsorgern oder müssen kurz im Empfangsraum warten. Ein Termin ist nicht nötig.
Finanziert durch die Kirchensteuer
Einer der Seelsorger ist Martin Kühlmann. Er leitet die Beratungsstelle und ist daneben auch Sprecher vom Netzwerk Offene Türen in Deutschland. Doch Beratungsstellen für Betroffene sind rar. Insgesamt gibt es gerade einmal 16 solcher Einrichtungen. "Das liegt daran, dass wir komplett kostenfrei und anonym sind. Das heißt die Stelle muss komplett refinanziert werden und das passiert mit Kirchensteuermitteln - katholisch und evangelisch. Das braucht natürlich auch den Willen der Träger sowas einzurichten", erklärt Kühlmann.
Besucher berichten von ihren Erfahrungen
Wie finden Menschen aus Karlsruhe den Weg zur Beratungsstelle? Ein Betroffener erzählt, dass ihm Bekannte davon erzählt haben, dass die "brücke" in Karlsruhe toll sei. Laut seiner Aussage hat er es nicht bereut hierher gekommen zu sein. Im Gegenteil: "Jetzt war auch mal längere Pause mit den Beratungsgesprächen, irgendwie hatte ich dann fast das Gefühl, dass etwas fehlt", erzählt er.
Seelsorger Martin Kühlmann kennt einige Betroffene schon lange, weil sie seit vielen Jahren zur "brücke" am Kronenplatz kommen. Ein weiterer Betroffener erinnert sich noch an die Gründung der Beratungsstelle vor gut 40 Jahren und kommt auch schon fast genauso lange zu Gesprächen. Unregelmäßig zwar, manchmal ein paar Jahre nicht, aber doch immer wieder. Der Mann nennt auch einen Grund: "Der Zauber eines guten Gesprächs." Von Einzelterminen bis hin zu langjährigen Prozessen mit vielen Gesprächsterminen ist laut Martin Kühlmann alles möglich.
Beratung nicht gleichzusetzen mit Therapie
"Eine Therapie können wir nicht ersetzen", sagt Martin Kühlmann. "Für die meisten Menschen, die auf einen Therapieplatz warten, ist es wichtig, dass sie erstmal reden können." Dieses Bedürfnis können sie im Gegensatz zu kassenärztlichen Therapeuten sofort erfüllen und damit auch die Wartezeit überbrücken. Außerdem können sie auch an andere Stellen vermitteln. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz verkürzen können sie aber nicht, so Kühlmann.
Jeder ist in der "brücke" Karlsruhe willkommen
Psychische Erkrankungen sind aber gerade mal bei einem Viertel der Gespräche in der "brücke" das Thema. Die meisten Leute kommen mit alltäglichen Problemen, etwa mit dem Job oder wegen ihres sozialen Umfelds. Zum Reden kommen darf grundsätzlich jeder, ganz egal, was das Problem ist.