Auf seinem Fahrrad bahnt sich Jan Lutz seinen Weg durch den Stadtverkehr. Bis zu 1.000 Kilometer legt der passionierte Fahrradfahrer pro Monat zurück. Sicher unterwegs ist der 47-Jährige dabei aber nicht immer. Als Fahrradfahrer sei man immer in der Rolle des Schwächeren, so Lutz.
"Ich habe es mal ausgerechnet: Pro 10 Kilometer hab ich so ein Ereignis mit dem Fahrrad im Straßenverkehr. Und das finde ich relativ viel."
Bei 1.000 gefahrenen Kilometern kommen bis zu zehn Ereignisse im Monat zusammen. "Das macht viel mit einem", erzählt Lutz. Mal sind es Autotüren, die ihm plötzlich entgegenschlagen, mal erlebt er gefährlich nahe Überholmanöver. Brenzlige Situationen sind für ihn und andere Radfahrer keine Seltenheit. Solche Beinahe-Unfälle sollen mit der Fahrrad-App SimRa vermieden werden.
SWR Reporterin Isabel Gotovac berichtet über die Fahrrad-App SimRa:
App zeichnet gefährliche Situationen auf dem Rad auf
Der ehemalige Fahrradkurier Lutz fährt nicht mehr ohne - die Anwendung auf seinem Handy zeichnet GPS-Daten seiner Routen auf. Die App trackt also die Strecke, die Lutz mit seinem Rad zurücklegt. Durch eingebaute Bewegungssensoren weiß das Handy so zum Beispiel, mit welcher Geschwindigkeit er unterwegs ist. Die App misst Bremsverhalten, erkennt Schlangenlinienfahren - alles potentielle Gefahrensituationen. Wenn sich Lutz am Ende wieder von seinem Rad schwingt, sind diese Situationen in der SimRa-App registriert.
"Die SimRa App ist ne Anwendung, die ich mir schon lange gewünscht habe. Mit ihr kann man sehen, wo Gefahrensituationen sind und kann dann konkret was tun."
Wo musste er abrupt abbremsen, wo musste er ausweichen? Diese Informationen aus der App landen am Ende bei Jochen Eckart, Professor an der Hochschule in Karlsruhe. Gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin (TU) wertet er die gesammelten Routen-Daten aus der App wissenschaftlich aus. In Berlin wurde die App an der TU entwickelt. In zahlreichen Modellregionen wird die App seit 2019 von Anwendern wie Lutz getestet - Städte wie Berlin, Stuttgart und Pforzheim sind bei dem Test dabei.
"Wir schauen uns an, was für Konflikte aufgetreten sind, an welchen Stellen sie aufgetreten sind, um eine Idee davon zu bekommen, wie gefährlich diese Situation für den Radfahrer war."

Feldforschung im Straßenverkehr
An welchen Ecken in Städten wie Karlsruhe Radfahrer immer wieder in Konfliktsituationen kommen, ist am Ende auf einer großen Karte zu sehen. Sie sollen zukünftig Städten und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. So könnten in Zukunft Gefahrensituationen bereits planerisch verändert werden, um so einzuschreiten.
"Ich fahre jetzt schon zehn Jahre Rad und da muss sich mal was ändern. Da muss was getan werden."
Die App betreibt quasi Feldforschung im Straßenverkehr. Und so sammelt Lutz auf seinen Fahrten weiter Daten, um die Wege für Radfahrer sicherer zu machen. Damit Lutz auf den Straßen keine Beinahe-Unfälle mehr fürchten muss und sich sorgenfreier bewegen kann.