Straffällig gewordene Jugendliche im Schloss Stutensee beim Fußballspielen. In der Sondereinrichtung der sogenannten U-Haft-Vermeidung bekommen sie eine neue Chance. (Foto: SWR, SWR, Susann Bühler)

Serie über Jugendhilfe

Schloss Stutensee bei Karlsruhe: Chance für straffällige Jugendliche

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Susann Bühler
Ein Bild von Susann Bühler (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Auf Schloss Stutensee gibt es eine geschlossene Abteilung für straffällige Jugendliche, die sonst ins Gefängnis müssten. Wer Glück hat, bekommt hier die Chance, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

In einer SWR-Serie tauchen wir ein in den Alltag der Menschen im Schloss Stutensee: Wie leben die Kinder und Jugendlichen dort, wie die Mitarbeiter? Wie sieht moderne Jugendhilfe in der Praxis aus, die heute nichts mehr gemein hat mit dem verstaubten Bild einer "Besserungsanstalt", in der junge Menschen früher gedrillt und bestraft wurden, damit sie gehorchen.

Folge 1: Samuel - so ist der Alltag in einer Wohngruppe
Folge 2: Betriebsleiter Schorb - Problemlöser an allen Fronten
Folge 3: Im Küchenteam - Marcel will Koch werden
Folge 4: Kriminelle Jugendliche - Nick bekommt eine neue Chance
Folge 5: Familienhelfer im Einsatz - Unterstützung für Eltern und Kinder
Hilfe für Familien und Tiertherapie

Folge 1: Samuel - so ist der Alltag in einer Wohngruppe

Der 13-jährige Samuel ist einer von 68 Jugendlichen, die in einer festen Wohngruppe mit Gleichaltrigen in Schloss Stutensee wohnen. Weil es zuhause in seiner Familie viele Probleme gab, lebt Samuel zusammen mit fünf Jugendlichen und erwachsenen Betreuern in einem der Häuser auf dem Gelände und geht dort auch zur Schule. Eingesperrt ist Samuel nicht: In Absprache darf er Schloss Stutensee auch stundenweise verlassen, etwa um zum Fußballverein zu fahren, oder einen Ausflug nach Karlsruhe zu machen.

Folge 2: Betriebsleiter Schorb - Problemlöser an allen Fronten

Günter Schorb ist seit 23 Jahren als Betriebsleiter dafür verantwortlich, dass der Betrieb von Schloss Stutensee läuft. Sein Arbeitsplatz: das gesamte Schloss-Areal - und das gleicht schon fast einem kleinen Dorf mit 24 Gebäude auf dem Gelände, Sporthallen, Werkstätten, Reitsälle, Pferdekoppeln und Ziegenweide.

Als eine Art "Mädchen für alles" muss sich Günter Schorb um die kleinen und großen technischen Probleme kümmern: vom defekten Türschloss über verstopfte Abflussrohre bis hin zum Möbelbau in der betriebseigenen Schreinerei. Und er braucht viel Geduld und großes Verständnis für die Kinder und Jugendlichen im Schloss Stutensee, denn:

"Was wir heute reparieren, kann morgen schon wieder kaputt sein."

Neben den Reparaturen hat er auch mit Lieferengpässen für Pellets und den explodierenden Preisen für Gas zu kämpfen. Er muss schauen, wo der Betrieb sparen kann. Aber für den Betriebsleiter gibt es so gut wie kein Problem, für das er nicht eine Lösung parat hätte. Wir haben den "Problemlöser Nummer 1" von Schloss Stutensee einen Tag lang bei seiner Arbeit begleitet.

Folge 3: Im Küchenteam: Marcel will Koch werden

Der 18-jährige Marcel Schöneck träumt davon, Koch zu werden. Eigentlich nichts ungewöhnliches. Doch im Falle von Marcel schon, denn er hat eine Lernbeeinträchtigung und Probleme mit Zahlen und Rechnen. Das kann das Abwiegen von Mehl schon mal zur Herausforderung werden.

Über die Lebenshilfe Bruchsal bekam Marcel jetzt die Chance, ein sogenanntes Qualifizierungspraktikum in der Großküche von Schloss Stutensee zu machen. Läuft alles nach Plan, könnte daraus eines Tages eine feste Stelle als Beikoch im Team von Küchenchef Jörg Herr werden. Marcel hat jedenfalls einiges vor:

"Dass ich hier im Schloss Stutensee fest anfange. Das ist mein Ziel."

Folge 4: Kriminelle Jugendliche - Nick bekommt eine neue Chance

Im Heinrich-Wetzlar-Haus, einer geschlossenen Abteilung im Schloss Stutensee, wohnen straffällig gewordene Jugendliche. So auch der 15-jährige Nick. Er versucht hier mit der Hilfe von Pädagogen, von seiner kriminellen Vergangenheit loszukommen. Falsche Freunde, Langeweile, Drogen, eine Serie von Diebstählen und Verstöße gegen das Betäubungsmittel-Gesetz – die Liste seiner Straftaten ist lang.

In der Sondereinrichtung, der sogenannten U-Haft-Vermeidung, bekommen Nick und andere Jugendliche eine neue Chance, ihr Leben wieder in die richtige Bahn zu lenken und auch ihren Schulabschluss zu machen.

Folge 5: Familienhelfer im Einsatz - Unterstützung für Eltern und Kinder

Tamara Burkard ist eine von 30 sozialpädagogischen Familienhelferinnen und -helfern, die im Auftrag der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee im Einsatz sind. Familienhelfer sind eine wichtige Stütze, wenn Familien überfordert sind oder in Not geraten – wenn die Eltern zum Beispiel getrennt, arbeitslos oder erkrankt sind. Wenn Eltern bei hyperaktiven Kindern nicht mehr weiter wissen. Aber auch wenn es einfach "nur" Streit gibt wegen alltäglicher Dinge wie Hausaufgaben oder Hausarbeiten.

"Ich habe erfahren dürfen, wie hilfreich das ist. Ich bin sehr, sehr dankbar für die Familienhilfe."

Als Familienhelferin hört Tamara Burkard zu, gibt Tipps und Ratschläge bei kleinen und größeren Alltagsproblemen und sie begleitet betroffene Familien durch Krisensituationen - manche über mehrere Jahre hinweg. Ein spannender, aber auch anstrengender Job, der viel Geduld und Einfühlungsvermögen erfordert.

Hilfe für Familien und Tiertherapie im Angebot im Schloss Stutensee

Schon seit über 100 Jahren ist die Jugendeinrichtung Schloss Stutensee in der Erziehungsarbeit aktiv. Von der Kita über verschiedene Tagesgruppen, Wohngruppen für Minderjährige bis hin zur geschlossenen Unterbringung für straffällig gewordene Jugendliche reichen die Hilfsangebote für junge Menschen. Besonders gefragt sind aktuell die Angebote der mobilen Hilfen: Ein Team von 30 Familienhelferinnen besucht täglich betroffene Familien, um sie bei kleinen und großen Alltagsproblemen zu unterstützen. Auch die tiergestützte Therapie hat einen festen Platz im heilpädagogischen Angebot für Kinder und Jugendliche.

Jugendeinrichtung bei Karlsruhe mit vielen Hilfsangeboten

Die Jugendeinrichtung Schloss Stutensee (Kreis Karlsruhe) steht vor großen Herausforderungen. Steigende Flüchtlingszahlen mit vielen minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen müssen im Auftrag des Landkreises Karlsruhe in neuen Wohngruppen untergebracht werden. Außerdem wachsen in vielen Familien die Zukunftsängste und finanziellen Nöte. Die Jugendeinrichtung in Stutensee reagiert auf diesen steigenden Bedarf mit vielfältigen Hilfsangeboten.

"Wir spüren aktuell steigenden Druck auf die Familien. Viele Eltern sind verunsichert und haben große Ängste vor der Zukunft. Da setzen wir mit unseren Hilfen an."

Personalmangel bei Fachkräften und galoppierende Kosten erschweren die Arbeit der Jugendhilfe zunehmend, so Geschäftsführer Jens Brandt. So sind allein die Heizkosten in diesem Jahr um 150 Prozent angestiegen. Diese Kosten belasten den Träger und müssten in Gestalt neuer Jugendhilfe-Sätze auf eine neue Grundlage gestellt werden, so Brandt.

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