Fast eine halbe Millionen Brand- und Sprengbomben warfen britische Bomber damals auf die Stadt ab. Tausende Menschen verbrannten, erstickten oder wurden von Tümmern erschlagen. Die allermeisten Pforzheimer kennen dieses Ereignis nur noch aus den Geschichtsbüchern - vor allem aber bei Jugendlichen droht es in Vergessenheit zu geraten.
Luftangriff auf Pforzheim droht in Vergessenheit zu geraten
"Die Mehrheit der Pforzheimer Bevölkerung ist nach 1945 zugewandert. Natürlich ist es für viele Kinder eine erste Begegnung mit dem Thema."
Um den Luftangriff ins Bewusstsein zu bringen, haben sich zum 77. Jahrestag rund 300 Schülerinnen und Schüler in einer Plakataktion mit der Geschichte ihrer Stadt auseinandergesetzt. Die Plakataktion sei eine sehr gute Form der Erinnerungskultur, sagt der Leiter des Reuchlin-Gymnasiums, Kai Adam. Die Jugendlichen hätten durch diese Plakataktion einen ganz neuen Blick für ihre Stadt bekommen.
Plakate als Form der Erinnerungskultur
Kreativ, vielseitig, fantasievoll präsentieren sich die insgesamt 300 Bilder und Collagen der Pforzheimer Schüler. Ein Beispiel dafür ist das Werk von Zwölftklässler Kasim. Über einer in schwarzweiß fotografierten Trümmerlandschaft steht ein blutroter Himmel – mit Bombern und zwei geöffneten Händen.
"Man hat nach oben in den Himmel geschaut und selbst da waren nicht die Sterne zu sehen, sondern die Bomben, die herab fielen", sagt er. "Alles Mögliche hat gebrannt. Man hat seine eigene Familie verloren, man war auf der Flucht." Die Hände stehen in seinem Werk für die Hoffnung, die damals nicht verschwunden sei. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt er.

Schüler sind dankbar für den Frieden
Die Botschaften des 23. Februar fallen in der Kunstaktion sehr unterschiedlich aus. Mal als Warnung, mal als Zeichen der Dankbarkeit. "Es soll dazu dienen, dass sich die heutige Generation mit dem auseinandersetzt, was damals passiert und falsch gelaufen ist. Jetzt gerade auch mit dem Ukraine-Konflikt", sagt Kasim.
"Wir wollen zeigen, dass wir dankbar sein sollten, dass wir nicht im Krieg leben müssen."
Viele Schülerinnen und Schüler haben sich beim Entwerfen der Plakate neu mit der Pforzheimer Bombennacht auseinander gesetzt und dabei neue Aspekte entdeckt. "Ich finde die Zahlen immer so krass. Das ging gerade mal zwanzig Minuten und fast 80 Prozent von Pforzheim war zerstört."
Die rund 300 Plakate und Zeichnungen sind noch bis Ende März im Pforzheimer Rathaus-Pavillon zu sehen. Ausgewählte Motive sind in Plakatform in der Innenstadt aufgehängt. Beispielsweise das Werk von Max und Mina am Leopoldplatz: "Die Uhrzeiger stehen auf der Uhrzeit der Bombardierung. Man soll sich die Zeit nehmen, mal darüber nachzudenken wie das früher war", sagen sie.

Pforzheim gedenkt der Zerstörung am 23. Februar 1945
Die Stadt Pforzheim gedenkt am Mittwoch ihrer Zerstörung vor 77 Jahren. Pandemiebedingt finden zahlreiche Veranstaltungen digital statt. Die traditionelle Gedenkfeier auf dem Hauptfriedhof findet dieses Mal nur in kleinem Kreis statt, wird aber live im Internet übertragen. Am Abend laden mehrere Kirchen zu Friedensgebeten ein. Im Haus der Jugend gibt es Friedensbotschaften zum Mitnehmen. Das Lichtermeer auf dem Marktplatz entfällt wie schon im vergangenen Jahr. Stattdessen sind die Bürger aufgerufen, Kerzen an Fenstern und in Gärten aufzustellen.
Erneut will der rechtsextreme "Freundeskreis für Deutschland" auf dem Wartberg am Stadtrand mit rund 50 Teilnehmern eine "Fackelmahnwache" abhalten. Wie in jedem Jahr veranstaltet die vor allem von Gewerkschaften getragene "Initiative gegen Rechts“ eine Protestkundgebung mit Demo durch die Innenstadt. Ein zweiter Protestzug linker Gruppierungen soll anschließend vom Hauptbahnhof auf den Wartberg führen – bis in Hörweite der "Mahnwache".
Gedenken zwischen Trauer und Protest Pforzheim erinnert an Bombennacht
Die Stadt Pforzheim gedenkt am Mittwoch ihrer Zerstörung vor 77 Jahren. Pandemiebedingt finden zahlreiche Veranstaltungen digital statt.