Fast die Hälfte aller Unternehmen in Baden-Württemberg hat es in diesem Jahr nicht geschafft, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Das zeigt eine Umfrage zum Start des Ausbildungsjahrs. Auch nach dem offiziellen Ausbildungsstart am 1. September werden Plätze vergeben und es wird offensiv Werbung gemacht. In der Arbeitsagentur Karlsruhe gab es am Dienstag bei einer Last-Minute-Ausbildungsbörse Angebote für Spätentschlossene.
Großes Interesse an Last-Minute-Ausbildungsplätzen
Viele stehen pünktlich vor der Tür zum Start der Ausbildungsbörse in der Karlsruher Arbeitsagentur. Beraterinnen und Berater der Agentur, von Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer erwarten sie. Oft sind die Wünsche ziemlich konkret.
Ich will Tischler werden. Ich war ein bisschen faul, aber jetzt bewerbe ich mich!
Selcuk aus Karlsruhe möchte Tischler werden, und er gibt zu, dass er zu lange gewartet hat mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Christoph aus Bruchsal möchte am liebsten Informatiker lernen und Franka sucht eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich.

Last-Minute: Jugendliche kennen ihren Traumberuf erst spät
Firmen suchen seit Monaten händeringend nach Auszubildenden. Viele potentielle Azubis haben auf der anderen Seite lange gewartet, bis zu ihrer Bewerbung. Nach dem Schulabschluss sei nicht genügend Zeit gewesen, sagen einige von ihnen entschuldigend.
Berufs- und Ausbildungswünsche seien lange Zeit nicht klar gewesen, sagen andere. Viel Verantwortung trage die Schule, betont eine Abiturientin. Dort werde zu wenig über mögliche Berufe und über Ausbildungsmöglichkeiten informiert.

Fachkräftemangel: Lage auf dem Ausbildungsmarkt angespannt wie nie
So schlimm wie in diesem Jahr sei es noch nie gewesen, sagen die Verantwortlichen der Arbeitsagentur Karlsruhe. Auf der einen Seite gibt es sehr viele unbesetzte Ausbildungsplätze. Auf der anderen Seite seien sehr viele Jugendliche sehr lange unentschlossen. Es sei auch eine Folge der Corona-Pandemie, sagt Berufsberaterin Ute Müller-Kollmar.
Eingespielte Prozesse seien unterbrochen worden. Schülerinnen und Schüler hätten nicht oder nur spät Kontakt mit Firmen aufgenommen und hätten sich zu spät über mögliche Berufe informiert.
Häufig passiert es, dass sie ihre Entscheidung vor sich her schieben. Und plötzlich ist der Schulabschluss da!
Ausbildung gesucht? Gute Chancen für Spätentschlossene
Mittelfristig müsse alles getan werden, damit Schülerinnen und Schüler früher wissen, für welche Ausbildung sie sich interessieren, betont der Leiter der Karlsruher Berufsberatung Waldemar Jonait. Und auch für dieses Jahr sei es nicht zu spät. Wer jetzt noch einen Ausbildungsplatz sucht, habe gute Chancen und habe dabei sogar die Wahl, so die Berufsberater.