Eine der neuen Haltestellen der Karlsruher Kombilösung (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Uli Deck)

Jahrhundertprojekt geht zu Ende

Von A wie Aussteiger bis Z wie Zukunft: Skurrile Fakten über die Karlsruher Kombilösung

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Dorothee Seinsoth

Die Fakten sind klar: Am 11.12. wird der Karlsruher Straßenbahntunnel eröffnet, ab dann fährt die U-Bahn durch Karlsruhe. Aber gibt's auch Infos die keiner kennt? Ja - in unserem Kombilösungs-ABC.

A wie Aussteiger

Noch bevor es mit dem Bau des Straßenbahn-Tunnels so richtig losgegangen ist, kam eine absolute "Hiobsbotschaft": Der Tunnelbauer Alpine ist pleite. Es drohen eine monatelange Verzögerung und ein Stilllegen der Baustelle. Doch am Ende kommt alles anders: Bemo Tunneling, eine Tochtergesellschaft von Alpine wird verkauft und kann den Bau des Tunnel letztendlich übernehmen.

B wie Barbara

Die heilige Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, hat ihre Aufgabe ziemlich gut gemacht. Abgesehen von ein paar Prellungen oder kleineren Verletzungen, wie gebrochene Zehen oder Finger, gab es beim Tunnelbau keine schlimmen Unfälle.

Die Tunnelpatin Gerlinde Hämmerle beim Start der Tunnelbohrmaschine Giulia (Foto: SWR)
Die Tunnelpatin Gerlinde Hämmerle beim Start der Tunnelbohrmaschine Giulia

C wie Chaos

Die Baustellen und das Verkehrschaos prägten Karlsruhe die letzten Jahre. Auch Ortskundige standen mit ihrem Fahrrad oder Auto plötzlich vor Baustellen, Umleitungen oder Sackgassen, die am Tag vorher noch nicht da waren. Aber vor allem die Menschen, die sich in Karlsruhe nicht auskannten und sich auf ihr Navi verlassen haben, haben oft geflucht. Riesenumleitungen waren keine Seltenheit und ab und zu ist man auch einfach nicht dort hingekommen, wo man hin wollte.

D wie Durchbruch

Fast ein Jahr lang war die Tunnelbohrmaschine Giulia unter der Karlsruher Erde aktiv. Am 7. September 2015 war es dann soweit: der Tunneldurchbruch war geschafft.

Karlsruher Kombilösung: 7.9.2015: Die Tunnelbohrmaschine beim Durchbruch  (Foto: Pressestelle, Kasig/Achim Winkel)
Ein besonderer Augenblick: Die Tunnelbohrmaschine der Karlsruher Kombilösung kommt an ihrem Ziel an und durchbricht die Wand.

E wie Ewigkeit

Fragt man die Karlsruher, seit wann an der Kombilösung geplant, gebaut und gebuddelt wird, werden die meisten wahrscheinlich sagen: "Boah, schon ewig". Faktisch wird aber seit 2003 konkret geplant, seit 2010 gebaut und seit 2015 gebuddelt.

F wie Fahrradtour

2018 gab es für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer die einmalige Möglichkeit, mit dem Rad durch den Straßenbahntunnel zu fahren - bevor die Gleise gelegt wurden. Mehr als 2.000 radelten durch den Tunnel. Insgesamt waren es mehrere 10.000 Menschen, die an Tunnelbesichtigungen oder Tagen der offenen Baustelle teilnahmen.

2018: Fahrradfahrer radeln durch den noch schienenlosen Straßenbahntunnel der Karlsruher Kombilösung (Foto: SWR)
Diese Chance gab es nur einmal: mit dem Fahrrad durch den Rohbau des Tunnels zu radeln. Als die Gleise später lagen, ging das nicht mehr.

G wie Giulia

Giulia hieß die die 80 Meter lange und 1.300 Tonnen schwere Tunnelvortriebsmaschine, die den Karlsruher Straßenbahntunnel gegraben hat. Dabei grub sie nicht nur, sondern setzte auch noch gleichzeitig Betonteile zur Tunnelröhre zusammen. Vier Monate nach dem Start musste Giulia allerdings eine 2,5-monatige Zwangspause einlegen. Der Grund: ein Erdrutsch. Nur wenige Wochen später fuhr sich Giulia fest, konnte aber kurze Zeit danach wieder weiterfahren.

Die Karlsruher Tunnelbohrmaschine Giulia kurz vor ihrem Einsatz (Foto: SWR)
Die Karlsruher Tunnelbohrmaschine Giulia kurz vor ihrem Einsatz

H wie Haltestellen

Bei den Haltestellen war es den Designerinnen und Designern wichtig, dass sie groß und hell sind, damit sich auch Menschen mit Platzangst wohlfühlen. Zwischendrin gibt's ein bisschen Lichtkunst. Für ein besseres Sicherheitsgefühl hat man darauf geachtet, dass es möglichst wenige dunkle Ecken gibt. Außerdem hängen in den Haltestellen insgesamt 178 Überwachungskameras.

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In zwei Wochen wird die Karlsruher Kombilösung offiziell eingeweiht. Nach zwölf Jahren Bauzeit geht der Straßenbahntunnel unter der Kaiserstraße in Betrieb. Bis dahin müssen die letzten Arbeiten erledigt sein.

I wie Innenstadt

Eine attraktivere Karlsruher Innenstadt, das war das vorangige Ziel der Kombilösung. Man wollte die Straßenbahnen aus der Fußgängerzone raus haben, und das wird demnächst auch passieren. Zunächst werden die Oberleitungen stromlos geschaltet und dann nächstes Jahr abgebaut, in etwa zwei Jahren sollen die Gleise entfernt werden. In dem Zuge bekommt die Kaiserstraße nicht nur einen neuen Bodenbelag, sondern auch die Gas-, Strom- und Wasserleitungen darunter werden erneuert. Bevor die Kaiserstraße also so richtig schön wird, wird es nochmal ein paar Baustellen geben.

J wie Jahrhundertprojekt

Die einen nennen es Jahrhundertprojekt, die anderen Milliardengrab. Fakt ist: solch ein Riesenprojekt gab es in Karlsruhe noch nie. Der Tunnel ist zwar am Ende mit 2,5 Kilometern nicht wirklich lang, kann sich aber technisch und verkehrsplanerisch mit dem Gotthard- und dem Lötschbergtunnel messen.

K wie Kombi-Karle

Der Maulwurf mit Bauhelm, genannt Kombi-Karle, war lange das Maskottchen der Kombilösung. In den letzten Jahren zog er sich aber aus der Öffentlichkeit zurück. Aber wer weiß, vielleicht spielt er bei der Eröffnung der Kombilösung doch nochmal eine Rolle?

L wie Lüpertz

Der Karlsruher Künstler Markus Lüpertz gestaltet 14 Tonreliefs für die Haltestellen der Kombilösung. Sie sollen die Schöpfungsgeschichte darstellen. Doch die Kunstwerke werden nicht rechtzeitig zur Eröffnung fertig.

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M wie Millionen

Oder sind es mittlerweile Milliarden? Ja, das ganze Projekt hat im Endeffekt 1,5 Milliarden Euro gekostet. 60 Prozent der Kosten übernimmt der Bund, 20 Prozent das Land Baden-Württemberg und den Rest übernimmt die Karlsruher Schienen-Infrastruktur Gesellschaft (KASIG).

N wie Nerven

Vor allem die Menschen, die in der Nähe der Baustellen wohnen oder arbeiten, wird das Projekt am Ende einige Nerven gekostet haben. Eine kleine Entschädigung gab es in finanzieller Form. Über die gesamte Bauzeit hinweg wurden an alle Anlieger der Kaiserstraße und der Kriegsstraße insgesamt 13 Millionen Euro Entschädigung gezahlt.

O wie Oha

Überraschungen gibt es bei jedem größeren Bauprojekt, so auch bei diesem. 2010 wurde zum Beispiel im Boden beim Karstadt eine Mauer gefunden, von der man nicht wusste, woher sie kam. Letztendlich handelte es sich um ein schräg nach vorne gebautes historisches Fundament des alten Karstadt-Gebäudes. Das Ganze führte zu einer sechsmonatigen Vezögerung. Natürlich gehören auch die beiden Stillstände der Tunnelbohrmaschine zu den Kombilösungs-Pannen. Und 2020 gab es einen Wasserrohrbruch, bei dem 200.000 Liter Wasser in den Tunnel strömten. Das hatte zur Folge, dass der Straßenbahntunnel erst im Dezember statt wie geplant im Juni fertig wird. Die Corona-Krise hatte keine großen Auswirkungen, aber der Mangel an Chips und Baumaterial führte dazu, dass der Autotunnel erst im März 2022 fertig wird.

P wie Pyramide

Die Pyramide auf dem Karlsruher Marktplatz ist eines der Wahrzeichen der Stadt und musste während der Bauarbeiten um jeden Preis geschützt werden. Dazu war sie zum einen fünf Jahre lang unter einem Holzverschlag versteckt und zum anderen wurden vor Beginn der Bauarbeiten aufwändige Vermessungsarbeiten durchgeführt. Damit wollte man sichergehen, dass Schwingungen und Erschütterungen beim Bau des Tunnels keine Schäden an der Pyramide anrichten.

Q wie Quelle

Leider fand man bei den Bauarbeiten keine Ölquelle. Damit wäre die Finanzierung des Projekts wahrscheinlich ein Klacks gewesen.

R wie Rohrbruch

Siehe O wie Oha.

S wie Schwimmbad

Im Sommer 2013 stand mitten in der Karlsruher Fußgängerzone ein Pool. Wer wollte, konnte reinspringen und sich abkühlen. Das war möglich, weil die Kaiserstraße wegen der Bauarbeiten für die Kombilösung für den Straßenbahnverkehr gesperrt war.

2013: Auf der für die Straßenbahnen gesperrten Kaiserstraße wurde im Sommer 2013 ein Pool aufgestellt.  (Foto: dpa Bildfunk, Uli Deck)
Während die Karlsruher Kaiserstraße im Sommer 2013 wegen der Kombilösungsbauarbeiten für den Straßenbahnverkehr gesperrt wurde, hat die Stadt diese Phase für eine Abkühlung genutzt und einen öffentlichen Pool aufgebaut.

T wie Technik

Auch wenn der eigentliche Straßenbahntunnel nicht lang ist, steckt unfassbar viel Technik und Arbeitsmaterial darin. Allein im Straßenbahntunnel liegen circa 900 Kilometer Kabel, im Autotunnel sind es noch einmal 300 Kilometer. Auch die verbauten Gleise summieren sich auf insgesamt 7,3 Kilometer. Rechnet man aber pro Gleis zwei Schienen, sind es 14,6 Kilometer.

U wie Umleitungen

Siehe N wie Nerven.

V wie verbohrt

Glücklicherweise hat sich die Tunnelbohrmaschine Giulia nicht verfahren. Wobei - ein Tunnel bis zum Hauptbahnhof wäre doch auch nicht schlecht? In frühesten Planungen der Kombilösung gab es diese Idee sogar mal: ein Tunnel unter dem Zoo hindurch bis in den Hauptbahnhof hinein. Die Idee wurde allerdings doch wieder verworfen.

W wie Warum

Warum kam man auf die Idee, solch ein Projekt umzusetzen? Eine Straßenbahn zu untertunneln? In der ganzen Stadt Löcher zu graben und Haltestellen daraus zu bauen? Ganz einfach: weil es hinterher schöner werden sollte. Ob das so geklappt hat, wird sich erst in ein paar Jahren herausstellen. Klar ist aber, dass in der Fußgängerzone künftig keine Bahnen mehr fahren werden, und das ist für Karlsruhe schon mal ein enormer Vorteil.

X wie x-mal

X-mal wurden nicht nur die Kosten erhöht, sondern auch die Bauzeit verlängert. Wir erinnern uns: Am Anfang plante man mit 530 Millionen Euro für Straßenbahn- und Autotunnel, mittlerweile sind wir bei knapp 1,5 Milliarden Euro. Auch die Fertigstellung hat sich ein paar Mal nach hinten verschoben. Ursprünglich sollte der Straßenbahntunnel 2016 schon fertig sein.

Y wie Yoga

Hat jetzt direkt nichts mit dem Tunnel zu tun, uns ist aber kein besseres Wort mit y eingefallen.

Z wie Zukunft

Jetzt, wo das Karlsruher Megaprojekt beendet ist, stellt sich natürlich die Frage: Was kommt als Nächstes? Was könnte man nun untertunneln? Das Wildparkstadion? Den Zoo? Die Günther-Klotz-Anlage? Wir überlegen mal noch...

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Dorothee Seinsoth