Die Unsicherheiten rund um die Impfung von Kindern sind groß. Das könnte auch an der späten Empfehlung der Ständigen Impfkommission liegen. Gleichzeitig hat das Unternehmen Biontech einen Impfstoff für Kinder unter zwölf angekündigt, der schon in wenigen Wochen auf den Markt kommen soll. Im Landratsamt des Enzkreises haben sich am Freitag mehrere Kinderärzte zu dem Thema geäußert. SWR-Reporter Peter Lauber hat mir Ihnen gesprochen.
Was sagen die Ärzte denn: Sollten sich Jugendliche gegen das Corona-Virus impfen lassen?
Klares Ja – da sind sich die meisten Kinderärzte einig. Der Leiter des Kinderzentrums Maulbronn meinte gar, es sei elementar wichtig, Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren impfen zu lassen. Schon deshalb, weil in diesem Alter soziale Kontakte für die Entwicklung der Jugendlichen extrem wichtig seien. Schon jetzt sei eine starke Zunahme an psychischen Störungen aber auch Fälle von Internetsucht festzustellen. Genau wie bei Erwachsenen schütze eine Impfung sehr zuverlässig vor schweren Erkrankungen und Todesfällen.
Bei der Gelegenheit brachen die Ärzte auch eine Lanze für die von mancher Seite kritisierte Ständige Impfkommission (Stiko), die sich ja zunächst zurückgehalten hatte mit einer Impfempfehlung. Aber gerade weil die Kommission sehr pingelig ist und es sehr genau nimmt, gerade weil man erst sämtliche Daten und Fakten haben wollte und sich nicht von der Politik unter Druck setzen ließ, seien deren Empfehlungen sehr zuverlässig, heißt es. Bei unter 16-Jährigen, habe es zwar in der Tat Fälle von Herzentzündungen gegeben, allerdings extrem selten – und das Risiko sei deutlich kleiner als das Risiko einer Long-Covid-Erkrankung.
Das Unternehmen Biontech hat jetzt einen Impfstoff für Kinder unter zwölf angekündigt – wie haben sich die Experten aus dem Enzkreis dazu geäußert?
Dazu gibt es von den Ärzten noch keine Aussage. Das seien ungelegte Eier, da gebe es noch überhaupt keine Zahlen und Daten. Impfungen für Kinder unter zwölf stehen aber auch gar nicht so sehr im Fokus der Kinderärzte. Die Kleinen seien in dieser Pandemie nicht das große Problem, weder als Empfänger noch als Verbreiter des Virus und auch Erkrankungen seien extrem selten. Dennoch gibt es sie – bundesweit sind schon etwa 400 Fälle von Klinikeinweisungen bekannt.
"Es ist ein Skandal, dass wir so viele Ungeimpfte haben. Wir spielen mit dem Feuer. Wir gefährden unser gesamtes Gesundheitssystem."
Einig sind sich die Mediziner deshalb in einem Punkt: der beste Schutz für Kinder und Jugendliche seien geschützte Erwachsene. Es sei ein Skandal, dass wir noch zig Millionen ungeimpfte Erwachsene hätten, meinte etwa Professor Rainer Blank, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des Kinderzentrum Maulbronn, Zitat: "Wir spielen mit dem Feuer und gefährden unser gesamtes Gesundheitssystem." Und das nur infolge einer wilden Panikmache gegen die Impfung, die nachweislich einen hohen Schutz vor schweren und lebensgefährlichen Erkrankungen biete – und die vor allem eben auch die eigenen Kinder schütze, so Rainer Blank.
Am Montag beginnt die Schule. Läuft da alles rund – oder was sagen die Ärzte zu den Rahmenbedingungen rund um den Schulstart im Enzkreis?
Allgemein wird begrüßt, dass es keine Quarantäne mehr für die ganzen Klassen gibt – auch von Seiten des Gesundheitsamtes. Das Testen sei weiter unbedingt nötig, aber das habe sich eingespielt bei den Kindern und sei auch kein Problem. Unverständnis gibt es dagegen für die Ankündigung, die Impfzentren bald zu schließen. Gerade für die Jungen sei dieses Angebot weiter immens wichtig, die Kinderärzte seien schon jetzt überlastet, meinte etwa ein Facharzt aus Mühlacker. Kinderärzte fehlten an allen Ecken und Enden und er wüsste auch nicht, wie er zusätzlich auch noch die vielen Impfungen mit dem ganzen bürokratischen Aufwand dahinter stemmen sollte. Nur noch mit mobilen Impfteams zu arbeiten, das werde nicht ausreichen, sind sich die Ärzte einig. Wenigstens einen eingeschränkten Betrieb sollte es weiterhin geben.
„Soziale Kontakte sind in diesem Alter immens wichtig. Es wäre eine Katastrophe, wenn wir im Winter die Schulen wieder schließen müssten“.

Folgende Ärztinnen und Ärzte nahmen an der Gesprächsrunde des Enzkreises teil:
- Dr. Wolfgang Diebold, Kinder- und Jugendarzt mit Praxis in Straubenhardt
- Dr. Uli Friesinger, Kinder- und Jugendarzt mit Praxis in Mühlacker
- Prof. Dr. Rainer Blank, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer Kinderzentrum Maulbronn, Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie
- Dr. Brigitte Joggerst, Leiterin des Gesundheitsamtes
- Dr. Isabel Maubach, Leitung Kinder- und Jugendärztlicher Dienst Gesundheitsamt