Viele Kommunen müssen gerade sparen, so auch Knittlingen im Enzkreis. Laut Bürgermeister Alexander Kozel (Grüne) gibt es aktuell ein jährliches Defizit von 2 Millionen Euro. Hauptursachen seien steigende Personalausgaben, ein erheblicher Sanierungsstau und eine deutlich gestiegene Kreisumlage.
Der aktuelle Haushaltsplan wurde vom Landratsamt abgelehnt. Deswegen wird in Knittlingen diskutiert, wie gespart werden könnte. Zur Debatte steht die mögliche Schließung des Faust-Museums oder einer Grundschule. Außerdem wird überlegt, die Jugendarbeit zu kürzen.
Es geht nicht nur ums Museum und Grundschule, sondern auch [...] dass wir über zehn Prozent hier im Rathaus an Stellen abbauen werden. Also es ist wirklich in allen Bereichen.
Mindestens eine Million Euro soll eingespart werden. Am Dienstag sind die möglichen Maßnahmen Thema im Gemeinderat. An den Plänen gibt es Kritik.

Fauststadt Knittlingen ohne Faustmuseum?
Vermutlich ist Knittlingen der Geburtsort des berühmten Wandermagiers Johann Georg Faust, der später die Vorlage für die Tragödie "Faust" von Johann Wolfgang von Goethe wurde. Seit Kurzem nennt sich die Stadt offiziell "Fauststadt". Der historische Faust, der an einem Pakt mit dem Teufel gestorben sein soll, ist im Faustmuseum genauso Thema wie der literarische Faust.

Das Faustmuseum ist in einem alten Fachwerkhaus in Knittlingen untergebracht. In der Form gibt es die Ausstellung seit 2002. Zusätzlich gibt es noch ein Archiv in der Stadt, in dem alles zum Thema Faust lagert. Sammlung und Museum sind nach Experten-Meinung einzigartig.
Forum Goethe light – Was bringt „Faust“ in leichter Sprache?
Marie-Dominique Wetzel diskutiert mit
Prof. Bettina Bock, Sprachwissenschaftlerin und Expertin für Leichte Sprache, Universität Köln
Daniel Cremer, Regisseur und Übersetzer der „Faust“-Fassung in „Leichter Sprache“
Prof. Jochen Hörisch, Literatur- und Medienwissenschaftler, Universität Mannheim
Und trotzdem könnte das Museum dem Spardruck zum Opfer fallen, so zumindest ein Vorschlag von Bürgermeister Alexander Kozel. In einem Facebook-Post des Bürgermeisters heißt es, dass dadurch Einsparungen in der Höhe von 230.000 Euro jährlich möglich wären. Kritik an diesem Vorhaben gibt es nicht nur in Knittlingen selbst, sondern auch von kulturellen Einrichtungen von außerhalb.
Wenn wir solche Initialorte der Kultur [...] verlieren, dann verlieren wir auch die Kultur und die Menschen im ländlichen Raum.
Knittlingen: Muss auch Grundschule schließen?
Nicht nur das Faustmuseum, sondern auch die Grundschule im Ortsteil Knittlingen-Freudenstein könnte ab September 2026 geschlossen werden. Obwohl dort die Nachfrage sogar steige, heißt es von Seiten der Schulleitung und des Elternbeirats gegenüber dem SWR. Außerdem habe in unmittelbarer Nachbarschaft vor Kurzem erst ein neuer Kindergarten aufgemacht und ein weiterer wurde gerade erst erweitert.

Insgesamt seien mit der Schließung der Grundschule aber Einsparungen von über 250.000 Euro jährlich möglich, so Bürgermeister Alexander Kozel in seinem Post. Wenn die Schule geschlossen sei, sollen die über 40 Schülerinnen und Schüler dann mit Bussen nach Knittlingen fahren und dort in die Schule gehen.

Protest kommt dagegen von den Eltern vor Ort. Sie sehen in der Sparmaßnahme einen Einschnitt in der Bildung und damit in der Zukunft von Kindern und Jugendlichen.
Dann sparen wir jetzt an unserer Zukunft und eigentlich muss man am Anfang investieren, damit man am Ende was herauskriegt und nicht am Anfang sparen, damit man am Ende nichts mehr hat.

Jugendarbeit möglicherweise auch betroffen
Nicht nur die Grundschülerinnen und -schüler in Freudenstein wären von den Sparplänen betroffen. Die städtische Jugendarbeit könnte schon ab Mitte des Jahres geschlossen werden. Auch darüber herrscht bei dem Elternbeirat in Freudenstein Unverständnis. Generell würden Einsparungen an der nächsten Generation auf lange Sicht kein Geld einsparen, sondern hätten unvorhersehbare Mehrkosten für den ganzen Ort zur Folge, heißt es von Eltern in Knittlingen-Freudenstein.
Einzige Alternative: mehr Steuern?
Ob die Sparmaßnahmen die einzige Rettung sind, das bezweifeln viele. Laut Bürgermeister Kozel wäre eine Alternative, die Grund- und Gewerbesteuer deutlich zu erhöhen. Anders sieht es Gemeinderat Timo Steinhilper von der SPD. Er sieht durch Mehreinnahmen und Ausgabenkürzungen genug Möglichkeiten, um zumindest eine Schließung des Museums zu verhindern.
Am Dienstagabend berät der Gemeinderat über die Sparmaßnahmen, Beschlüsse werden nicht gefasst. Die endgültige Entscheidung könnte im September per Bürgerentscheid fallen. Ob es dazu kommt, steht aber noch nicht fest.