Klingel verschickte noch immer den klassischen Katalog. (Foto: SWR, Peter Lauber)

Dem Online-Boom zum Trotz:

Auch Pforzheimer Versandhäuser setzen weiter auf Katalog

Stand
AUTOR/IN
Peter Lauber
Ein Bild von Peter Lauber (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Jetzt im Frühjahr flattern sie wieder in Millionen von Haushalte: die Kataloge der Versandhäuser. Auch im Online-Zeitalter scheint der gute alte Katalog nicht totzukriegen, wie zum Beispiel auch die Pforzheimer Versandhäuser beweisen.

Neue Schuhe, Lesestoff für den Urlaub, das Perlen-Collier für die Liebste – was auch das Konsumenten-Herz begehrt: Mit einem Klick ist es bestellt und schon morgen wird’s geliefert. Das Internet macht’s möglich. Früher lief das noch ein bisschen anders – da kam zweimal im Jahr der neueste Versandhauskatalog ins Haus geflattert. Und irgendwann wurde ein Bestellformular in den Briefkasten gesteckt.

Der Katalog für alles ist am Aussterben

Doch was heißt früher: Der gute alte Warenkatalog lebt noch immer, wenn er auch nicht mehr so viel Gewicht hat wie früher – im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Die meisten Kataloge, die heute noch versendet werden, sind Spezialkataloge - für Kleidung etwa, für Schmuck oder Elektronik. Den ganz dicken Wälzer von einst gibt dagegen kaum noch. Zuletzt hatte der Hamburger Versandriese Otto den Versand seines Vollsortimentkatalogs eingestellt.

Kataloge luden zum Träumen ein

In Pforzheim, wo gleich drei namhafte Versandhäuser ansässig sind, erinnern sich viele noch an Zeiten, in denen die Ankunft des neuen Neckermann-, Quelle- oder Bader-Katalogs stets ein kleines Familienereignis war. Es waren die Zeiten, in denen die Kataloge noch dicke Wälzer mit weit über 1000 Seiten waren und in denen man einfach alles fand: Armbanduhren und Spülmaschinen genauso wie Reizwäsche, Motorräder oder Musiktruhen.

"Zweimal im Jahr hat man sich gefreut als Kind. Das war immer was Besonderes für mich, weil so viele Spielsachen drin waren.“

Kommt – wie jetzt im Frühjahr wieder - die große bunte Warenwelt ins Haus geflattert, gibt es für viele kein Halten mehr. Dann wird nach Herzenslust bestellt. So viel der Geldbeutel eben zulässt - und manchmal auch mehr.

Zwar haben sich viele Verbraucher längst vom Katalog verabschiedet und kaufen nur noch online ein. Doch das einst so beliebte Familienritual Durchblättern, Diskutieren, Bestellen – in vielen Familien existiert es bis heute.

"Wenn jetzt Galeria zumacht, hat man nicht mehr viele Möglichkeiten. Dann ist man froh, wenn man den Katalog hat.“

Vor allem ältere Kunden haben Spaß am Durchblättern

Auch die drei Pforzheimer Versandhäuser Bader, Wenz und Klingel versenden ihre bunte Warenwelt noch immer auch in Papierform – wenn auch längst nicht mehr in den Auflagen von früher. Der aktuelle Frühjahrskatalog umfasst gut 400 Seiten und wird an rund eine Million Haushalte verschickt, sagt Geschäftsführer Sven Axel Groos. Das Gros der Klingel-Kunden sei über 55 Jahre alt und blättere immer noch lieber einen Katalog durch als im Internet zu bestellen.

"Die älteren Kunden wollen noch immer einen Katalog haben. Sie lieben das und blättern einfach gerne.“

Letzter Katalog von Otto (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Der Otto-Katalog wurde 2018 eingestellt

Deswegen prophezeit Groos dem klassischen Katalog noch ein langes Leben. Zwar wachse auch beim Versandhaus Klingel, das in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert, das Online-Geschäft. Dies mache inzwischen 50 Prozent aus. Dennoch werde es auch den Katalog noch sehr lange geben, ist Groos überzeugt.

"Die Rolle des Katalogs wird sich verändern. Er wird mehr Inspiration sein, um dann online zu bestellen.“

Allerdings werde er an Bedeutung verlieren, die Auflage und Häufigkeit des Erscheinens würden sicher weiter abnehmen. Doch eines sei sicher, meint der Versandhaus-Chef: „Wir werden auch die nächsten Jahre noch Papier brauchen.“

Pforzheim

Alle Beschäftige werden entlassen Versandhaus Klingel aus Pforzheim stellt Betrieb ein

Im Mai hatte die Klingel-Gruppe ihre Zahlungsunfähigkeit verkündet. Nun soll der Versandhandel eingestellt werden. Alle rund 1.300 Beschäftige werden ihren Arbeitsplatz verlieren.

SWR4 BW am Nachmittag SWR4 Baden-Württemberg