Bank mit Schlafsack in verschneiter Umgebung (Foto: IMAGO, Stefan Zeitz)

Ehrenamtliche und Caritas helfen

Obdachlose haben es in Pforzheim im Corona-Winter schwer

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Mathias Zurawski
Johannes Stier

Nässe und Kälte sind für Obdachlose im Winter eine große Herausforderung. In Pforzheim gibt es laut Caritas kein ausreichendes Betreuungsangebot.

Wenn es draußen ungemütlich wird, machen wir es uns im Haus gemütlich. Obdachlose kämpfen draußen hingegen ums Überleben. Dazu kommt, dass viele keine Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und nur notdürftig ärztlich versorgt werden. Das zehrt an der Kraft und somit auch am Lebensmut, beobachtet Michael Stoll.

Steuerberater hilft ehrenamtlich Obdachlosen

Michael Stoll ist ein ehrenamtlicher Helfer aus Pforzheim und kümmert sich um die Belange von Obdachlosen. Er hält regelmäßig Kontakt zu ihnen, um ihnen eine Perspektive zu bieten.

Michael Stoll hilft ehrenamtlich Obdachlosen in Pforzheim  (Foto: SWR, Foto: Mathias Zurawski)
Michael Stoll hilft ehrenamtlich Obdachlosen in Pforzheim

"Es handelt sich schon längst um keine Einzelschicksale mehr."

Von Beruf ist Michael Stoll Steuerberater. Er kümmert sich aus sozialem Pflichtgefühl in seiner Freizeit ehrenamtlich um Menschen, die auf der Straße leben. Zusammen mit Frank Johannes Lemke, dem Direktor der Caritas in Pforzheim, will Stoll jedem Obdachlosen ermöglichen, einen Ansprechpartner zu haben. Stoll selbst begleitet derzeit fünf Obdachlose.

"Mein Lebensinhalt ist eigentlich anderen zu helfen"

Ehrenamtliche vermitteln Hilfsangebote für Obdachlose in Pforzheim

Einer von ihnen ist Martin Gözsi. Seit 15 Jahren ist er obdachlos. Momentan wohnt der 38-Jährige bei seiner Freundin in einer Wohnung. Martin Stoll hilft ihm, so wie den anderen bedürftigen Obdachlosen. Er weiß, wo sie ihre Schlafplätze haben, bringt Lebensmittel und Kleidung vorbei, stellt Kontakte zu Ärzten oder Sozialarbeitern her.

"Ich war erstmal erschrocken. Man hat es nicht jeden Tag, dass jemand vorbeikommt und sagt, ich möchte dir helfen."

Fast 400 Menschen sind in Pforzheim obdachlos, die genaue Zahl ist nicht bekannt. Immer mehr weibliche Bedürftige sind dabei. Notunterkünfte sind häufig noch nicht auf die Belange von obdachlosen Frauen eingestellt. Das ist dringend nötig, denn Frauen werden in gemischten Unterkünften schnell zu Opfern sexueller Gewalt.

"Dass man uns Obdachlose noch nicht mal unter der eigenen Brücke schlafen lässt, dass wir dafür sogar noch Geldstrafe zahlen müssen, das finde ich nicht in Ordnung."

Caritas fordert neues Konzept für Obdachlosenbetreuung

Ehrenamtliche Helfer wie Michael Stoll bauen Brücken zwischen bestehenden Hilfsangeboten und den betroffenen Menschen, betont der Direktor des Caritasverbands Pforzheim, Frank Johannes Lemke.

Die Caritas setzt verstärkt auf Ehrenamtliche und kritisiert zugleich die Stadt. Die habe es versäumt, ein neues, tragfähiges Konzept für die Betreuung aufzubauen. Anstatt Obdachlose mit Hilfe von Wohnungen und Wohngemeinschaften mit Betreuung zurück ins normale Leben zu führen, habe die Stadt 120 Betroffene in eine Unterkunft am Stadtrand "ausgegliedert".

"Der Skandal in Pforzheim ist, dass schon vor zehn Jahren ein neues Konzept zur Betreuung von Obdachlosen beschlossen wurde. Umgesetzt wurde es nicht."

Martin Gözsi will mit Unterstützung seines ehrenamtlichen Betreuers Michael Stoll Schritt für Schritt zurück ins normale Leben. Derzeit werden gemeinsam offene Fragen mit Behörden geklärt und die Papiere in Ordnung gebracht, erzählt der 38-Jährige. Und dann wolle er endlich eine Arbeit finden. Erste Kontakte gebe es schon.

Leben Endlich ein Zuhause - Lebensplätze für obdachlose Frauen

Die ehemals obdachlosen Frauen im Haus “Lebensplätze” sind misstrauisch und viele lehnen Hilfe ab, obwohl sie sie bräuchten. Mit viel Geduld bemühen sich die MitarbeiterInnen um das Vertrauen der alten Damen.  Von Jutta Herms

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