Als eine der ältesten Technischen Universitäten Deutschlands feiert das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in diesem Jahr sein 200-jähriges Jubiläum. Zum Festakt am Donnerstagabend waren rund 2.000 Gäste in der Karlsruher Schwarzwaldhalle - darunter auch Bundesbildungsminister Cem Özdemir und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
200 Jahre KIT - eine kurze zeitliche Einordnung
Entstanden ist das heutige KIT zwar erst im Jahr 2009 aus einem Zusammenschluss der Forschungszentrum Karlsruhe GmbH und der Universität Karlsruhe, seine Geschichte begann aber bereits am 7. Oktober 1825 mit der Unterschrift des Großherzog Ludwig I. von Baden. Die Gründung der "Polytechnischen Schule" in Karlsruhe war beschlossen und auf den Weg gebracht.
80 Jahre später wurde die "Polytechnische Schule" immer mehr zur Universität und durfte die Bezeichnung "Technische Hochschule" tragen. Dieser Schriftzug steht noch heute in Goldbuchstaben über dem Haupteingang an der Kaiserstraße.

181 Jahre nach Gründung wurde das heutige KIT auf den Weg gebracht - zu einem der größten europäischen Forschungseinrichtungen durch den Zusammenschluss der Universität Karlsruhe und des ehemaligen Forschungszentrums in Karlsruhe. Für diese Idee gab es 2006 den Zuschlag als Exzellenzuniversität. 2009 wurde die Verschmelzung zum KIT schließlich vollzogen. Heute sind Großforschungsanstalt und Universität unter einem Dach.
Menschen, Erfindungen und Forschung aus 200 Jahre KIT
Ziel sei es gewesen von Anfang an Fachkräfte für das Wirtschaftswachstum des Landes Baden auszubilden. "Mit großem Erfolg", erklärt Felix Mescoli, der die Geschichte des KIT erforscht hat:
Im Laufe des 19. Jahrhunderts haben sich die Ingenieure, die zunächst als ein bisschen bessere Mechaniker angesehen wurden, immer weiter emanzipiert und das Fach hat sich auch immer weiter verwissenschaftlicht.
So wurde das Polytechnikum nach und nach einer Universität immer ähnlicher und entwickelte sich schließlich zu einer Technischen Hochschule. Diese brachte große Forschungen und Entdeckungen hervor - einige Beispiele:
1886: Heinrich Hertz und die elektromagnetischen Wellen
Die Jahre 1886 bis 1888 sind bis heute entscheidend für die mobile Kommunikation mit Handys, für Fernsehen und Radio: Im Herbst 1886 entdeckte der Physiker Heinrich Hertz die elektromagnetischen Wellen - die Grundlage für die Funktechnik. Hertz wurde zum Begründer der Hochfrequenz- und der Funktechnik. Die Maßeinheit der Frequenz, das Hertz (Hz), ist nach ihm benannt.

1887: Erste Frauen dürfen an die Hochschule - als Gasthörerinnen
Laut Chronik des KIT ließ der Karlsruher Stadtrat im Jahr 1887 zum ersten Mal Frauen an der Hochschule zu - zunächst als Gasthörerinnen und mit Ausnahmegenehmigung des Ministeriums.
Im Rahmen eines Seminars mit dem Forschungsschwerpunkt "Frauenstudium in Karlsruhe" entstand ein Beitrag für HIDDEN HISTORY zu einer der ersten immatrikulierten Studentinnen an der Technischen Hochschule Karlsruhe, Elsbeth Schellens:
1946: Studieren in Karlsruhe nach dem Krieg nur gegen Arbeitsstunden
Der Campus der Universität Karlsruhe lag nach dem Krieg in Schutt und Asche. Die amerikanische Militärregierung erlaubte die Wiederaufnahme des Studienbetriebs - mit der Vorgabe: Wer studieren will, muss Arbeitsdienst leisten, 1.000 Stunden waren Pflicht.
1956: TU Karlsruhe wurde deutsches Atomzentrum
Im Jahr 1956 wurde entschieden: In Karlsruhe soll der erste atomare Forschungsreaktor der Bundesrepublik Deutschland entstehen. Der damalige Bundesminister für Atomfragen, Franz Josef Strauß (CSU), erklärte in einer Pressekonferenz: "Karlsruhe wird das deutsche Atomzentrum."
Unter der Leitung des Physikers Karl Wirtz begannen Forschende und Ingenieure an der Hochschule mit der Konstruktion des ersten selbstentwickelten deutschen Atomreaktors. Das Kernforschungszentrum Karlsruhe (heute KIT-Nord) wurde gegründet und betrieb mehrere Forschungsreaktoren - darunter den Forschungsreaktor 2 (FR 2), Deutschlands erster Eigenbaureaktor. Das Kernforschungszentrum Karlsruhe wurde später in Forschungszentrum Karlsruhe umbenannt.
1972: Erste Fakultät für Informatik in Deutschland
Anfang der 1970er Jahre waren Computer außerhalb der Fachwelt kaum zu sehen, der Beruf des Informatikers war noch nicht bekannt. Die Universität Karlsruhe (TH) gründete 1972 das Institut für Informatik und richtete ein entsprechendes Studienfach ein. Heute forscht man dort an robotischen Assistenzsystemen oder Verfahren der Künstlichen Intelligenz. Damals bedeutete Informatik noch, dass die Software auf Lochkarten gestanzt werden musste.
1984: Als die erste E-Mail in Karlsruhe ankam
Am 3. August 1984 begann in Deutschland das Zeitalter der digitalen Kommunikation: In einem Keller der Universität Karlsruhe kam die erste E-Mail auf einem deutschen Computer an. An Michael Rotert war die elektronische Post damals adressiert. Für ihn ein absolut aufregender Moment, den er aber für sich allein genießen musste, weil sonst niemand da war. Laut Statista soll sich die Anzahl der täglich versendeten und empfangenen E-Mails kontinuierlich steigern und sich im Jahr 2028 auf 424,2 Milliarden Mails pro Tag belaufen.
Elektronische Post ans KIT Sensation vom 3. August 1984: Die erste E-Mail kommt in Karlsruhe an
Heute gehört sie hundertfach zur alltäglichen Arbeit, doch vor 40 Jahren waren die Mitarbeiter am KIT in Aufruhr: Am 3. August kommt die erste E-Mail Deutschlands in Karlsruhe an.
2006: KATRIN kommt
In Sachen Supercomputer spielt das KIT in der Liga der schnellsten Rechner. Immer wieder macht auch Grundlagenforschung aus Karlsruhe Schlagzeilen. So zum Beispiel mit der Entwicklung von KATRIN, dem Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment, der genauesten Waage der Welt. Mit KATRIN wird bestimmt, welche Masse die Neutrinos haben - die häufigsten und leichtesten Teilchens des Universums.

Da geht es darum, die Neutrino Masse festzustellen. Neutrinos werden auch Geisterteilchen genannt, weil sie eine so geringe Masse haben, dass man sie kaum feststellen kann. Daher wurde hier eine Riesenapparatur aufgestellt, um diese Neutrinomasse weiter einzugrenzen.
SWR Science Talk Faszinierende Experimente mit Neutrinos – Die Grenzen des Messbaren
Neutrinos besitzen eine geringe, kaum messbare Masse. Wie groß diese genau ist, das will Kathrin Valerius mit ihrem Forscherteam im "Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment" klären.
2014: Energy Lab 2.0 - Karlsruhe
Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Die Industrie weiß: Sie muss sich umbauen. Unter dem Namen "Energy Lab 2.0" entstand am KIT im Jahr 2014 Europas größte Forschungsinfrastruktur für Erneuerbare Energien - ein Reallabor für die Energiewende.
2014: Das KIT schafft es ins Weltall
Im Mai 2014 reiste eine 100 Gramm leichte Seidenfahne des KIT zusammen mit Astronaut Alexander Gerst zur Internationalen Raumstation ISS. Gemeinsam mit Gerst umkreiste die Fahne die Erde in einer Höhe von 405 Kilometern - mit einer Geschwindigkeit von 27.600 Kilometern pro Stunde. 2019 brachte Gerst sie zurück nach Karlsruhe. Heute hängt die Fahne aus dem All in der Bibliothek am Campus Süd des KIT.

200 Jahre KIT: Ein Blick zurück und nach vorne - das wünschen sich Studierende für die Zukunft.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 1825 bis 2025 – Die ersten 200 Jahre