In Linkenheim-Hochstetten im Kreis Karlsruhe steht auf dem Parkplatz neben einem Baggersee eine alte Eiche. Sie ist zerfressen, aber schützenswert. Nicht wegen des Baumes an sich, sondern wegen seiner Bewohner. Sogenannte Heldbockkäfer haben sich dort eingenistet und die sind vom Aussterben bedroht. Eigentlich ein Grund zur Freude, doch für die Gemeinde bedeutet das viel Aufwand und Kosten.

Trotz Heldbockkäfer: Fällen oder nicht fällen?
Denn der Baum darf wegen des Artenschutzes nicht einfach gefällt werden. Der Parkplatz gilt als einer der wenigen Lebensräume, die es für den stark gefährdeten Heldbockkäfer überhaupt noch gibt. Weil der Käfer die alte Eiche aber als Brutstätte für seinen Nachwuchs braucht, entstehen in dem Baum immer mehr fingerdicke Röhren. Der Baumsachverständige Ralf Kastner muss die Eiche regelmäßig vermessen. Das heißt, eigentlich vermisst er, wie hohl der Baum schon ist. Auf dem Parkplatz könnte er im schlimmsten Fall ein Sicherheitsrisiko darstellen.
Denn: Je hohler der Baum, desto wahrscheinlicher stürzt er um. Und wenn er umzufallen droht, dann müsste er entweder aufwendig gestützt werden oder der Parkplatz um die Eiche müsste großflächig abgesperrt werden. Für die Ausflügler am Baggersee Streitköpfle und auch für die Gemeindekasse wäre das ein Verlust. Denn mit dem Parkplatz verdient sie Geld. Und weniger Parkfläche hieße weniger Einnahmen.

"Gefahr im Verzug", sagt Peter Pramann, der Beauftragte für Umwelt in der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten- aber eben erst im Verzug. Noch steht er nämlich überraschend fest, der Baum, trotz des Heldbock-Käfers. Noch hat die Eiche genügend festes Holz. Außerdem konnte der Baumsachverständige bisher keinen Schimmel feststellen.
Wenn solche großen Bohrlöcher im Baum sind, dann kommt die Luft mit den Pilzsporen da rein. Der Baum ist seit Jahren befallen, dass sich da immer noch kein aggressiver Pilz zeigt, hat mich verwundert.
Der Heldbock-Käfer kostet Geld
Sowohl Ralf Kastner wie auch Peter Pramann, Beauftragter für Umweltfragen in Linkenheim-Hochstetten, betonen: Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Baum abstirbt oder gefällt werden muss. Bis dahin koste der Heldbockkäfer Geld. Eine Baumstütze schlüge mit rund 20.000 Euro zu Buche, schätzt Peter Pramann. Außerdem müssten auch die regelmäßigen Messungen bezahlt werden. Gleiches gelte für alle weiteren 30 Bäume, die auf dem Parkplatz am Baggersee Streitköpfle stehen. Bislang sind zehn weitere Eichen befallen.

Selbst, wenn die Gemeinde eine Sondergenehmigung zum Fällen bekäme, müssten umgesägten die Baumstämme in der Nähe des Parkplatzes abgelegt werden. Damit aus den Larven der vom Aussterben bedrohten Art die Käfer schlüpfen und die anderen Bäume in der Nachbarschaft besiedeln könnten. Dann würde das Stutzen und Stützen wieder von vorne anfangen, befürchten die Experten.
Eine Sysiphos-Arbeit findet Peter Pramann von der Gemeinde. Für die Heldbock-Käfer ist sein Engagement aber überlebenswichtig. Denn sie bleiben ihren Bäumen treu und breiten sich kaum aus. Würden die Bäume auf dem Parkplatz also gefällt, stürbe dort die seltene Käferart aus. Der Parkplatz in Linkenheim-Hochstetten ist einer der letzten Zufluchtsorte für Heldböcke.
Die Ortstreue ist es unter anderem, die es so schwer macht, den Käfer zu erhalten. In der Region um Karlsruhe hat der Heldbock nur noch wenige Habitate. Deutschlandweit sind die Tiere vom Aussterben bedroht und stehen deshalb auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten.
Die Käfer sind mit ihrem Wohnort nämlich wählerisch. Sie mögen Eichen, am besten alt, breit und sonnig sollten sie sein. Damit fallen die meisten Wälder schon einmal weg. Die Käfer bevorzugen freistehende Bäume und damit ist der Parkplatz in Linkenheim-Hochstetten ein echtes Paradies.

Artenschutz oder Versicherungsschutz?
Bleibt die Frage: Wer hat auf dem Parkplatz letztendlich Vorrang, die Besucher des Baggersees oder die Heldbockkäfer? "Kann man den Artenschutz in der Art und Weise weiter betreiben, wie er momentan praktiziert wird?", fragt sich Peter Pramann. Denn die Käfer bereiten die Bäume auch für andere bedrohte Arten vor.
Eins steht fest: der Umgang mit den Bäumen auf dem Baggerseeparkplatz in Linkenheim-Hochstetten könnte ein Präzendenzfall für andere Gemeinden mit ähnlichen Problemen werden.
