Die Stadt Karlsruhe steckt tief in den roten Zahlen. Im aktuellen Haushalt für das Jahr 2025 klafft ein Millionenloch. Der Gemeinderat soll am 24. Juni neuen Sparmaßnahmen zustimmen. Die Streichliste umfasst rund 15 Millionen Euro. Damit könnte die seit Februar geltende Haushaltssperre aufgehoben werden.
Darum geht's:
- Streichliste: Stadt will Eingreifen des Regierungspräsidiums verhindern
- Karlsruhe spart beim Personal - Hebammenzuschuss auf Streichliste
- Kita-Geschwister-Rabatt in Millionenhöhe wird zur Nagelprobe
- Geldverschwendung? - Kritik im Gemeinderat wird lauter
- Keine Notlösungen - Stadträte fordern mehr Strategie
- Weg aus der Krise: Prioritäten setzen und Einnahmen steigern
Streichliste: Stadt will Eingreifen des Regierungspräsidiums verhindern
50 Millionen Euro größer als erwartet ist das Minus der Stadt Karlsruhe für das laufende Jahr. Wenn dieses zusätzliche Defizit durch weitere Sparmaßnahmen gedeckt wird, kann die Stadt einen Nachtragshaushalt und letztendlich das Eingreifen des Regierungspräsidiums Karlsruhe als zuständige Aufsichtsbehörde abwenden.
Die Behörde hatte zuletzt der ebenfalls stark angeschlagenen Stadt Baden-Baden strenge Auflagen gemacht und unter anderem die Aufnahme neuer Kredite verweigert.
Minus im Haushalt 2025 verdoppelt Immer tiefer in die Krise: Stadt Karlsruhe erlässt Haushaltssperre
Die Stadt Karlsruhe verhängt angesichts ihrer schweren Finanzkrise eine Haushaltssperre. Das Minus im Haushalt für 2025 hat sich auf 95 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Karlsruhe spart beim Personal - Hebammenzuschuss auf Streichliste
35 Millionen der offenen Summe sollen in Karlsruhe aus Rücklagen städtischer Tochtergesellschaften kommen. Die restlichen 15 Millionen Euro setzen sich aus Einsparungen in der Verwaltung und aus anderen Kürzungen zusammen.
Nach SWR-Informationen kommen mindestens 10 Millionen Euro durch Sparmaßnahmen bei Verwaltung und Personal. Offene Stellen sollen demnach nicht besetzt oder Kosten im Zusammenhang mit Beförderungen reduziert werden. Kündigungen sind nicht geplant. Für die kommende Sitzung des Gemeinderats steht außerdem der städtische Zuschuss für den Hebammenverband Karlsruhe auf der Streichliste.
Reaktionen aus dem Gemeinderat Haushaltssperre in Karlsruhe - Wer ist verantwortlich?
Die Finanzsituation der Stadt Karlsruhe ist dramatisch. Das Defizit im Jahr 2025 hat sich mehr als verdoppelt. Für viele Stadträte ist die Sperre ein Weckruf. Streit ist vorprogrammiert.
Kita-Geschwister-Rabatt in Millionenhöhe wird zur Nagelprobe
Der Kita-Geschwister-Rabatt wird für die Stadträte zu einer Nagelprobe in der Krise. Wenn Geschwisterkinder in Karlsruhe dieselbe Kita besuchen, müssen Eltern bislang nur für ein Kind zahlen. Die bislang geplante sofortige Streichung des Rabatts würde allein dieses Jahr eine Zwei-Millionen-Euro-Einsparung bringen. Das Geld wird einerseits dringend benötigt. Andererseits kann sich angesichts des öffentlichen Protests kaum ein Stadtrat zur Streichung durchringen.
Denkbar wäre, dass der Geschwister-Rabatt in diesem Jahr erhalten bleibt und danach schrittweise gestrichen wird. Wo die jetzt für die Aufhebung der Haushaltssperre dringend benötigten zwei Millionen herkommen - das wird die Stadtverwaltung schon richten, indem sie anderswo Geld zusammenkratzt, hoffen einige Stadträte.
Stadt plant Sparmaßnahmen 800 Menschen bei Demo: Kita-Geschwister-Rabatt in Karlsruhe könnte wegfallen
Die Stadt Karlsruhe denkt darüber nach den Geschwister-Rabatt in Kitas zu streichen. Die Entscheidung im Gemeinderat wurde vertagt. Rund 800 Menschen haben trotzdem demonstriert.
Geldverschwendung? - Kritik im Gemeinderat wird lauter
Trotz aller Fragezeichen glauben die meisten Stadträte daran, dass die Sache zumindest kurzfristig gut ausgeht. Karlsruhe bliebe mit dem 15-Millionen-Sparpaket erst mal handlungsfähig.
Dabei beginnt es im Hintergrund zu brodeln. Die CDU-Fraktion warf der Stadt zuletzt Geldverschwendung vor. In den vergangenen Jahren seien viele Stellen in der Verwaltung für Aufgaben geschaffen worden, die keine Pflichtaufgaben sind, so CDU-Stadtrat Tobias Bunk gegenüber dem SWR. Das könne man sich nicht mehr leisten. Es gebe auch zu viele Gremien und Ausschüsse, so Bunk. Außerdem sei das Bauen in Karlsruhe zu teuer.
Karlsruhe verbrennt Geld en masse!
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Detlef Hofmann kritisierte in einer Sitzung des Sportausschusses im Mai deutlich die vermeintliche Geldverschwendung beim Bau von Sporthallen. Die Kosten seien zu hoch, der Nutzen im Vergleich zu Hallen in anderen Städten viel zu gering. Auch aus der SPD-Fraktion heißt es jetzt, dass künftig teure Planungen wie diese kritischer hinterfragt werden müssten.
Keine Notlösungen - Stadträte fordern mehr Strategie
Andere vermissen eine Gesamtstrategie für den Umgang mit der Karlsruher Finanzkrise. Friedemann Kalmbach, Stadtrat von FÜR Karlsruhe, spricht von Flickschusterei. Er habe in einem Brief an Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) eine zielgerichtete Strategie eingefordert. Vor allem in der anstehenden noch schärferen Spardiskussion für den Doppelhaushalt 2026/27 sei das Rasenmäherprinzip keine Lösung. Hier müssen jährlich mindestens 80 Millionen Euro eingespart werden.
Wir fahren auf Sicht.
Auch der Co-Vorsitzende der Grünen im Karlsruher Gemeinderat, Aljoscha Löffler, spricht gegenüber dem SWR von einer fehlenden langfristigen Perspektive. Der gesamte Gemeinderat sei jetzt gefordert.
Weg aus der Krise: Prioritäten setzen und Einnahmen steigern
Es gehe künftig darum, beim Geldausgeben Prioritäten zu setzen und nicht automatisch bei allen Projekten städtische Gelder draufzusatteln, so Löffler. Auch Yvette Melchien, Fraktionsvorsitzende der SPD, will künftig stärker Schwerpunkte setzen. Es gebe bei der Haushaltsplanung hausgemachte Probleme, für die der Gemeinderat mitverantwortlich sei.
Uns ist allen bewusst, dass wir aus den hohen Standards rausmüssen!
Alle Parteien müssten sich bei Forderungen künftig am Riemen reißen, betont auch Petra Lorenz von den Freien Wählern. Sie und Teile der CDU schlagen vor, in der Finanzkrise nicht nur ans Überleben zu denken, sondern auch neue Spielräume für Investitionen zu schaffen. Höhere Gewerbesteuereinnahmen durch bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen wären eine Möglichkeit.
Die Zuversicht im Gemeinderat ist groß, dass das 15-Millionen-Paket in der Sitzung am 24. Juni beschlossen wird. Dabei wäre das nur ein kleiner Befreiungsschlag vor der großen Debatte für den anstehenden Doppelhaushalt. Aber es wäre ein wichtiges Zeichen: Waren es im Vorfeld nur warme Worte oder schaffen die Stadträte tatsächlich den Schulterschluss in der Krise?