Luftbild der vielen Klärbecken im Karlsruher Klärwerk (Foto: Pressestelle, Stadt Karlsruhe)

Vorhersage in der Pandemie

Wie das Karlsruher Abwasser-Orakel die Corona-Zahlen vorhersagen kann

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AUTOR/IN
Jürgen Essig

Aus dem Abwasser kann man das Corona-Infektionsgeschehen bis zu zwei Wochen vorhersagen. Der Karlsruher Krisenstab nutzt diese Vorhersagen für seine Entscheidungen.

Wie entwickelt sich das Corona-Geschehen? Das interessiert nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die politischen Entscheidungsträger. Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) zum Beispiel sitzt im Krisenstab des Stadt- und Landkreises Karlsruhe und er zitiert immer wieder das Karlsruher Abwasser-Orakel.

Abwasser wird auf Inhaltsstoffe überwacht

Anhand des Abwassers in der Karlsruher Kläranlage kann man nämlich das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung bis zu zehn Tage zuverlässig vorhersagen. Denn auch symptomlose Corona-Infizierte, die gar nicht wissen, dass sie sich infiziert haben, scheiden Viren aus.

Im Karlsruher Klärwerk, dem zweitgrößten in Baden-Württemberg, wird das Abwasser von rund 500.000 Menschen gereinigt, bevor es in den Rhein fließt. Es wird rund um die Uhr auf Inhaltsstoffe überwacht, so Martin Kissel, Leiter des Karlsruher Tiefbauamtes.

Abwasser enthält nur Bruchstücke des Coronavirus

Seit vergangenem Jahr finden sich hier auch Teile des Coronavirus. Das zerfällt, wenn es vom menschlichen Körper ausgeschieden wird und die Bruchstücke landen dann im Abwasser. In den Proben lassen sich diese Bruchstücke sehr genau erfassen und bestimmen, sagt Andreas Thiem vom Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe.

Sogar die verschiedenen Mutanten können hier genau erfasst werden. Die Omikron-Variante wurde bisher allerdings noch nicht entdeckt. "Wenn sich nur 20 Menschen in Karlsruhe infizieren, würden wir das im Abwasser sehen", so Andreas Tiehm.

In diesen Klärbecken finden sich Bruchstücke des Coronavirus im Klärwerk Karlsruhe  (Foto: SWR)
In diesen Klärbecken finden sich Bruchstücke des Corona-Virus im Klärwerk Karlsruhe

Corona-Zahlen im Abwasser gehen wieder zurück

Auf seinem Monitor zeigt Andreas Thiem die aktuelle Entwicklung in Karlsruhe und die macht Hoffnung. "Nach dem massiven Anstieg der vergangenen Wochen gehen die Zahlen nun wieder seit einigen Tagen zurück", erklärt Tiehm. Dabei folgt die Kurve der aktuellen Infektionszahlen des Robert-Koch-Instituts der des Abwasser-Orakels ziemlich genau.

Übrigens ist das Abwasser nicht infektiös, denn es enthält keine lebenden Viren, sondern eben nur seine Bruchstücke. Das Corona-Abwasser-Orakel hilft also bei den Vorhersagen und das wird auch nach der Pandemie wichtig sein, sagt Andreas Tiehm. Denn wenn die Pandemie vorbei sein wird, dann lassen sich kaum noch Menschen testen. Einen eventuellen neuen Ausbruch könnte man dann aber sehr schnell im Abwasser nachweisen.

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