Hinter jedem Wahlplakat stecken viele Überlegungen - zum Slogan, der Körperhaltung der Kandidaten, deren Kleiderwahl. All das hat Einfluss darauf, wie wir die Plakate wahrnehmen - und vielleicht auch darauf, welche Partei wir wählen. Wir haben gefragt: Welche Bedeutung haben Wahlplakate, was macht ein gutes Plakat aus und sind sie überhaupt noch zeitgemäß?
Psychologe: Wahlplakate haben immer noch große Bedeutung
Psychologe Dominic Hennig hat seine Räumlichkeiten in der Karlsruher Innenstadt. Unweit von dort hängen viele Plakate, manchmal gleich mehrere pro Laternenpfosten. Der Psychologe ist der Meinung, dass Wahlplakate auch heute noch eine große Bedeutung haben - gerade jetzt vor der Bundestagswahl 2025.
Wahlplakate haben eine große Bedeutung in der Wählermobilisierung, aber auch in der Bekanntmachung und Wiedererkennung von Personen. Außerdem transportieren sie Emotionen.

QR-Codes auf Wahlplakaten: Sie bilden Brücken ins Digitale
Neu in diesem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025: Wahlplakate, die ins Netz verweisen. Etwa mit einem QR-Code, mit dem man sich noch näher über die Partei und den Kandidaten oder die Kandidatin informieren kann. Beispielsweise bietet die SPD hinter dem QR-Code unter anderem eine Videobotschaft von Bundeskanzler Olaf Scholz. Dominic Hennig sieht darin eine Verbindung der Ebenen: "Wahlplakate erfüllen so ganz wichtige Funktionen im Wahlkampf. Sie bilden Brücken zu anderen Medien."
Wahlplakate wirken unterbewusst, Stereotype sind gewollt
Für Dominic Hennig ist klar: Wahlplakate machen mit uns unterbewusst viel mehr, als man denkt.
Es gibt eine Theorie, die besagt: Je häufiger wir ein Objekt oder eine Person sehen, umso sympathischer wird das für uns.
Männer und Frauen werden auf Wahlplakaten unterschiedlich dargestellt. "Die Darstellung entspricht generell in der Gesellschaft verankerten Stereotypen. Der Mann wird mit Maskulinität, mit Dominanz und Autorität assoziiert und Weiblichkeit eher mit Empathie und Fürsorge", sagt Psychologe Dominic Hennig. Das Wichtige an den Plakaten sei, dass diese Stereotype weitestgehend erfüllt würden, weil sonst das Risiko bestehe, dass die Kandidatinnen und Kandidaten nicht als authentisch wahrgenommen würden. Und das stelle den Hauptfaktor für Glaubwürdigkeit dar. Dabei spiele auch die Farbwahl eine wichtige Rolle: Blau würde mit Sicherheit assoziiert, Schwarz wirke eher aggressiv, Rot energiegeladen und Grün nachhaltig.
Plakate wollen Aufmerksamkeit trotz Reizüberflutung
Heute leben wir in einer Welt umgeben von einer Vielzahl an Informationen. Laut Hennig haben wir nicht mehr genug Kapazitäten und Ressourcen, um uns umfassend mit Wahlplakaten zu beschäftigen. Heißt: Wahlplakate müssen die Zeit der Aufmerksamkeit nutzen. Das geht nur, wenn man ganz schnell ihre Kernbotschaft erfasst.
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Das bedeutet, dass Wahlplakate heute sehr schlicht gestaltet werden. Die Einfachheit spielt hier eine große Rolle. "Gesichter sind wichtig, weil Menschen Gesichter mögen und die dann eben die Aufmerksamkeit auf sich ziehen", so Hennig. Gleichzeitig bleibt weniger Zeit für tiefgehende Inhalte: "Das heißt, die Inhalte und Slogans bleiben eher vage und oberflächlich, gerade im Vergleich zu historischen Wahlplakaten, die deutlich mehr inhaltliche Tiefe offenbarten."

"Früher war der Auftrag eines Wahlplakats auch ein Bildungsauftrag", sagt Hennig. "Die politische Bildung stand hier im Vordergrund, und es musste viel Inhalt transportiert werden." Heute liege der Fokus mehr darauf, dass Aufmerksamkeit geschenkt wird und sich Personen überhaupt mit der Politik auseinandersetzen. Laut Hennig würde viel mit positiven Schlagworten gearbeitet, positive Emotionen sollen erzeugt werden.
Wie sieht das ideale Wahlplakat aus?
Psychologe Hennig überlegt kurz, sagt dann: "Es geht um Glaubwürdigkeit und Authentizität. Das Wichtigste ist, dass die Person, die da abgebildet ist, die Werte der Partei spiegelt, beispielsweise durch die Kleidung, durch die Farben, durch die Körperhaltung, durch die Mimik."
